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Der grosse Horizont

Der grosse Horizont

Titel: Der grosse Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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eingeschlossen war. In ihrem Zentrum war eine Krabbe gemalt und darum stand FISHERMANS WHARF. Es begann langsam zu regnen, und Haid schaute sich nach einem Lokal um. Er ging die Hafenpromenade entlang, und die hölzernen Leitungsmasten, die die ganze Promenade entlang die elektrischen Drähte führten, sahen sinnlos und traurig aus. Vor einem kreisrunden Restaurant parkten ein Bus und eine große Anzahl von teuren Personenwagen. Er wollte nicht mehr bis zum Meer gehen, aus dem er nur in einiger Entfernung das Gewimmel der leeren Masten vertäuter Segelschiffe sah. Ein aus Holz geschnitzter Kapitän machte Reklame für einen Andenkenladen. Haid fand ein kleines Speiselokal, aß Roastbeef und trank eine Flasche Bier. Während er aß, begann es stärker zu regnen, und er kam auf den Gedanken, Carson anzurufen. Nach einigem Suchen fand er einen Wandapparat, vor dem auf einem Stück Holz ein Telefonbuch in einem Plastikeinband lag. Er wählte die Nummer, jedoch niemand meldete sich. Er hörte das eintönige Signal, und ihm fielen die drei Neger ein. Der Korridor war leer. Haid legte den Hörer auf und bezahlte. Eine Weile schlenderte er lustlos unter den Leinendächern der Andenkenläden, in der Hoffnung, ein vorbeifahrendes Taxi zum Anhalten zu bewegen, aber keines der Taxis blieb stehen. Schließlich ging er zum Broadway zurück, stellte sich einmal in einem Automatensalon unter und schaute zu, ohne zu spielen. Draußen fuhren die Straßenbahnen vorbei, wendeten, warteten eine Weile und fuhren wieder an. Haid stieg ein und fuhr ein Stück, und plötzlich ließ der Regen nach, und er sprang aus dem fahrenden Wagen auf die Straße. An der nächsten Station warteten gelbe Kinder. Eines der Kinder spielte mit einem Basketball im Regen auf dem Gehsteig. Haid fand Spivey’s Swiss Chalet und setzte sich im Mantel auf einen Hocker. Ein anderer Barkeeper machte Dienst. Haid trank wieder Gin mit Orangensaft und schaute zwei Gästen zu, die um Drinks würfelten. Dann stand er eine Weile auf dem Broadway und sah zu, wie es dämmrig wurde. Die Leuchtschilder nahmen immer intensivere Farben an, eine kleine Chinesin ging vorbei, mit einem gelben Schirm in der Hand, und Haid sah ihr nach, wie sie unter den Reklamen für ELECTRIC KITCHENS, Italian Food und Lee Poy Watch Repair immer kleiner wurde. Die Autos hatten die Scheinwerfer eingeschaltet, und die Scheinwerfer und die Stopplichter hinterließen Spuren auf dem naßglänzenden Asphalt, die sich gleich darauf in Nichts auflösten. Ein orangeroter School-Bus hielt vor der Ampel an und die orangene Leuchtreklame 99 ¢ BOTTOMLESS blinkte immer auffälliger und das farbige Licht spiegelte sich immer auffälliger in der nassen Straße und auf den nassen Dächern der vorüberflutenden Autos. Die Häuser am Broadway waren so niedrig, und die Straße war nicht übermäßig breit, so daß das Gewühl etwas Intimes ausstrahlte. Ihm gegenüber befand sich ein völlig dunkelblaues Haus mit einem weißen Schild, auf dem in Buchstaben, wie sie die New York Times in der Überschrift verwendet, stand: THE COMMITTEE, darüber waren vier weiße Beleuchtungskugeln montiert und darüber stand For Lease, Repetto Realty. Auf den Fensterscheiben klebten Zettel mit der Aufschrift: Opening April. Hinter dem blauen Haus sah Haid eine hölzerne Plakatwand, auf die eine Flasche Jim Beam gemalt war, dahinter konnte er die beiden Türme der Kirche sehen, die vor der Greenwich Street stand. Eine Hure mit Kopftuch und Regenmantel machte ein Zeichen zu ihm hinüber. Haid trat in die Bar zurück und telefonierte. Unter der Nummer, die auf dem Zettel stand, meldete sich niemand. Haid telefonierte mehrmals und einmal hatte er plötzlich die Empfindung, sich selbst zu sehen, vor dem länglichen Telefonkasten an der Wand, wie er mit seinem Finger die Wählscheibe über die Buchstaben und Ziffern drehte, als spiele er in einem Humphrey Bogart-Gangsterfilm. Später versuchte er mit einem Flipperautomaten zu spielen, aber der Automat funktionierte nicht. Beim nächsten Anruf meldete sich Carson. »Ist Mehring zu Hause?«, fragte Haid. »Nein, komm«, antwortete Carson.
     
     
24
     
     
    Als Haid vor dem Haus in der Greenwich Street stand, sah er, daß die Tür zu Mehrings Wohnung nur angelehnt war. Er gab der Tür einen Stoß und sie ging langsam auf. Nirgends brannte Licht. Haid betrat die Wohnung, blieb stehen und zündete sich eine Zigarette an. Nichts rührte sich. Er dachte an den Zettel, der ihm vom Portier

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