Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
kühlen Klimazonen erweist sich alles als günstig, was zur Erwärmung des Bodens beiträgt. Steine an der Oberfläche speichern die Wärme und strahlen sie nachts wieder ab. Dunklere Böden absorbieren die Sonnenstrahlung. In Deutschland sind die Rebzeilen so ausgerichtet, dass der Boden so lange wie nur irgend möglich dem wärmenden Sonnenschein ausgesetzt wird. Trockener Boden erwärmt sich rascher. Der wichtige Vorteil eines guten Wasserablaufs (etwa in den Kiesböden im Médoc) liegt darin, dass die Rebe gezwungen wird, tief zu wurzeln, um an Feuchtigkeit zu gelangen. Tief reichende Wurzeln aber befinden sich in einer stabilen Umgebung: Die Trauben werden nicht mehr automatisch aufgeschwemmt, wenn vor der Lese unvermittelt starke Regengüsse auftreten. Anderseits geht aus neueren Experimenten in Davis (Kalifornien) hervor, dass ein Boden, der kühler ist als die oberirdischen Teile der Rebe, einen günstigen Einfluss auf die Pigmentbildung ausübt und kräftiger gefärbten Rotwein entstehen lässt. Château Pétrus auf dem stark eisenhaltigen Lehm von Pomerol könnte als Beweis hierfür herangezogen werden. Auch St-Estèphe hat einen größeren Lehmanteil im Boden, und die dortigen Weine sind oft tiefer in der Farbe als andere Médoc-Weine.
In Kalifornien scheint Lehm zu größerer Stabilität bei Weißen beizutragen; sie oxidieren nicht so leicht und reifen besser aus. Der allzu schnelle Reifevorgang der Trauben in Kalifornien führt oft dazu, dass die Weine wenig Säure haben und deshalb oxidationsgefährdet sind. Kühler Lehmboden verlangsamt vermutlich den Reifeprozess, und das wäre genau das Gegenteil dessen, was in Deutschland wünschenswert ist.
Fazit: Der beste Boden ist derjenige, der die Trauben stetig zur Reife gelangen lässt: warmer Boden in kühlen Gegenden, einigermaßen kühler Boden in warmen Gegenden. Auch muss er tiefgründig sein, um die Wurzeln ständig Feuchtigkeit finden zu lassen, denn bei akuter Trockenheit schließt die Rebe die Poren, womit die Photosynthese unterbunden wird.
Lage und Mikroklima
Es ist eine Binsenweisheit, dass Wein von Hanglagen besser ist.
Der einfache Grund dafür ist die stärkere Sonneneinstrahlung auf eine in Richtung zur Sonne geneigte Fläche, sodass sich der Boden stärker erwärmt und auch kalte Luft besser abgeführt wird. Ein Südhang (in der nördlichen Hemisphäre) kann fast immer als ideale Lage angesehen werden. In Gegenden mit starken Herbstnebeln am Morgen ist ein Westhang noch besser, weil die Sonne normalerweise erst am Nachmittag den Nebel richtig durchbricht. Der Rheingau ist hierfür ein Beispiel. In Burgund und im Elsass dagegen genießen Osthänge den Vorteil, dass die Sonne den Vormittag über den Boden erwärmt, der dann die Wärme speichert, während gegen Nachmittag der Einstrahlungswinkel der Sonne flacher wird. Das Elsass wird zusätzlich durch ein sonnenreiches Lokalklima begünstigt, da die Vogesen den Regen abhalten.
Viele der besten Anbaugebiete der Alten Welt, etwa in Deutschland, im Rhône-Tal und im Douro-Tal, sind an steilen Hängen terrassenförmig ausgebildet, um die Vorteile der Hanglage mit zusätzlicher Tiefe des Bodens zu vereinen. Da diese Terrassen mit Maschinen schlecht zu bearbeiten sind, kommen sie weitgehend aus der Mode. In Deutschland wurden im Zuge der Flurbereinigung gewaltige Erdbewegungsarbeiten durchgeführt, um befahrbare Anlagen zu schaffen. Im Douro-Tal ist man ebenfalls dabei, die einst schmalen, flachen Terrassen in breite und sanft geneigte zu verwandeln. Experimente mit »vertikaler Bepflanzung« an den steilen Hängen des Douro waren wenig überzeugend. Starker Regen neigt dazu, die im Boden gelösten Nährstoffe in Richtung Talboden auszuwaschen. Flache Talsohlen bergen die größten Risiken, weil sie in Frühlingsnächten von kalten Luftströmen geradezu überflutet werden können (siehe Frostschutz).
Bemerkenswerterweise haben in Burgund die Grand-Cru-Lagen weniger häufig Frostschäden zu erleiden als die der Premiers Crus, vermutlich weil die Winzer dort die kalten Stellen aus Erfahrung kennen und den sichereren Lagen von vornherein den Vorzug geben. Seltsamerweise gilt dasselbe auch für Hagelschäden. In der langen Zeit zwischen dem Aufspringen der Knospen und der Weinlese kann schon eine winzige Veränderung große Folgen haben. Im Rheingau gilt der Wind als großer Widersacher, weil er angestaute Wärme aus den Rebzeilen bläst – weshalb man diese dort quer zur Hauptwindrichtung aus
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