Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
überreif sind, arbeitet die Maschine so schnell, dass eine ganze Weinbergfläche zum idealen Reifezeitpunkt abgeerntet werden kann. In Kalifornien liegt die Ernteleistung bei 150 Tonnen beziehungsweise 16Hektar pro Tag. Freilich gibt es auch Nachteile: So braucht man robuste Spaliere; eine Mengeneinbuße von etwa zehn Prozent muss einkalkuliert werden und es besteht ein gewisses Risiko, dass Blätter und Insekten in die Kelter gelangen.
Botrytis
Mit dem Schimmelpilz Botrytis cinerea wird im Allgemeinen nur noch seine wohltätige Eigenschaft verbunden, dass er nämlich als »Edelfäule« die großen süßen Weine dieser Welt hervorzubringen vermag. Sein negatives Erscheinungsbild, wenn er zur unrechten Zeit unter der weniger romantischen Bezeichnung »Graufäule« im Weinberg auftritt, gerät darüber völlig in den Hintergrund. In vielen Gegenden (vor allem in Deutschland) ist das verbreitete Auftreten dieses Pilzes die gefährlichste Krankheit, die der Winzer zu bekämpfen hat. Je fruchtbarer der Weinberg und je üppiger der Wuchs der Rebe, umso mehr besteht die Gefahr, dass der Pilz die unreifen oder die besonders empfindlichen halbreifen Trauben befällt und schädigende Fäulnis verursacht. Zuerst greift er Trauben an, die von Insekten oder vom »Sauerwurm« angestochen sind; diese Schadinsekten unter Kontrolle zu halten, ist deshalb eine der vorrangigsten Bekämpfungsmaßnahmen. Erst wenn der Zuckergehalt in den Trauben etwa 70 Grad Oechsle erreicht hat und damit so hoch liegt, dass ein Wein von rund neun Prozent natürlichem Alkoholgehalt entstehen kann, wird die unedle zur edlen Fäule. Näheres über die Edelfäule auf > (Château d’Yquem).
Zucker- und Säuregehalt
Die wichtige Entscheidung, wann die Trauben gelesen werden sollen, richtet sich nach der Messung des Zucker- und Säuregehalts. Während des Reifens steigt der Zuckergehalt und der Säuregehalt nimmt ab. Für jede Art Wein gibt es deshalb einen Zeitpunkt, an dem das Verhältnis gerade richtig ist.
Véraison nennen die Franzosen den Zeitpunkt der einsetzenden Reife, wenn die Traube, die bisher durch Zellteilung langsam gewachsen war und noch hart und hellgrün ist, nun durch Vergrößerung der einzelnen Zellen wächst. Von diesem Zeitpunkt an beginnen rote Beeren Farbe anzunehmen. Der Zuckergehalt wird heute meistens mit einem Handrefraktometer gemessen, wobei ein Tropfen Saft zwischen zwei Prismen positioniert wird. Das durchfallende Licht wird je nach Zuckergehalt in unterschiedlichem Winkel abgelenkt und der gemessene Wert auf einer in Oechsle-, Brix- oder Baumégraden geeichten Skala direkt abgelesen.
Bei warmer Witterung kann der Zuckergehalt jeden Tag bis zu 1,7 Grad Oechsle wachsen, während der Säuregehalt entsprechend sinkt. »Reife« Trauben haben zwischen 74 und 106 Grad Oechsle, also einen potenziellen Alkoholgehalt von 9,3 bis 14Volumenprozent. Beim Säuregehalt gelten je nach Wein unterschiedliche Werte als ideal. In Deutschland wird ein Säuregehalt von 0,9 Prozent bei einem Wein von 11,3 Prozent potenziellem Alkoholgehalt (90 Grad Oechsle) für durchaus wünschenswert gehalten. In Frankreich und Kalifornien liegt der empfohlene Säuregehalt bei Trauben mit dem gleichen Zuckergehalt mit 0,7 Prozent noch etwas tiefer. In warmen Regionen besteht die Gefahr eines zu schnell ansteigenden Zuckergehalts, was dazu nötigt, die Trauben zu ernten, bevor sie voll ausgereift sind; ein strenges, »grünes«, tanninherbes Aroma ist die Folge. Unter solchen Klimabedingungen kommt es auf eine »phenolische« Reife an (die Reife der Kerne und Gerbsäuren), bevor der Zuckergehalt der Trauben so stark angestiegen ist, dass daraus ein brandiger, hochalkoholischer Wein entstehen würde.
Dritter Parameter ist der pH-Wert des Traubensafts. Er gibt das Maß für die Stärke der Säure an. Je kleiner der Wert, desto mehr Säure weist der Saft auf. Ein normaler pH-Wert liegt beim Wein zwischen 2,8 und 3,8. Niedrige pH-Werte erhöhen die Stabilität und sorgen (bei Rotwein) für gute Farbe. Weil heute das Lesen überreifer Trauben im Trend liegt, entstehen oft Rote mit einem pH-Wert von 4,0, was die Stabilität und Langlebigkeit des Getränks gefährdet, etwa bei kalifornischen Gewächsen. In Australien wird einfach aufgesäuert. Die einfachste Lösung allerdings ist das Lesen nicht bei exzessiver, sondern bei optimaler Reife.
Transport des Leseguts
Ein guter Erzeuger nimmt Trauben nicht an, die auf dem Transport beschädigt wurden oder
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