Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
werden. Seit Mitte der 1970 er ist das Niveau ständig gesunken, obwohl der Betrieb auf einige der besten Lagen im Anbaugebiet zurückgreifen kann. Leiter Dieter Greiner, seit 2000 im Amt, weiß genau, was getan werden muss, um der Domäne wieder zu ihrem früheren Glanz zu verhelfen. Ob die Politiker als seine Vorgesetzten ihm dabei freie Hand lassen, wird sich zeigen. Noch geraten die Weine mitunter schrecklich unbeständig. So findet man in ein und demselben Jahrgang sowohl mittelmäßige als auch überragende Erste Gewächse und edelsüße Essenzen.
Schloss Vollrads **–***
Oestrich-Winkel. www.schlossvollrads.com
Nur wenige haben mehr für die Förderung des Rheingaus und seiner Weine getan als Graf Erwein Matuschka-Greiffenclau, der letzte einer langen, mindestens ins Jahr 1100 zurückreichenden Linie von Herren auf dem prachtvollen Schloss oberhalb von Winkel. Die Weinberge wurden als Ortsteil und somit separate Einheit eingestuft und müssen daher keine Gemeinde- bzw. Einzellagenbezeichnung tragen.
Graf Maruschka hatte sich auf trockene Versionen mit minimaler Restsüße spezialisiert, widmete sich allerdings überwiegend der Verbandsarbeit und stand der Qualität seiner eigenen Erzeugnisse vielleicht gerade deshalb eher indifferent gegenüber. Zunehmende finanzielle Schwierigkeiten in den 1990 ern gipfelten schließlich 1997 im Suizid des Grafen. Das Gut ging in den Besitz seiner Bank über, doch nach Jahren der Ungewissheit, in denen eine Zerschlagung von Vollrads drohte, heuerte man den erfahrenen Dr. Rowald Hepp als Gutsverwalter an. Seit 1999 ist zwar ein deutlicher Qualitätsanstieg zu erkennen, das Potenzial ist aber noch nicht vollständig ausgeschöpft.
J. Wegeler **
Oestrich-Winkel. www.wegeler.com
In den 1990 er-Jahren ruhte sich diese umfangreiche, einst mit dem Koblenzer Handelshaus Deinhard verbundene Kellerei auf ihren einst erworbenen Lorbeeren aus. Dabei verfügt sie über herausragende Anteile am Oestricher Lenchen, dem Winkeler Hasensprung, dem Geisenheimer Rothenberg und dem Rüdesheimer Berg. Eine neue Leitung warf das Ruder herum, und so entstanden trotz des Hauptaugenmerks auf trockeneren Rieslingstilen ab etwa 2005 wieder grandiose edelsüße Abfüllungen.
Weingut Robert Weil ***–****
Kiedrich. www.weingut-robert-weil.com
Das historische Gut Weil gehört seit 1988 dem japanischen Getränkemulti Suntory, der enorme Investitionen in die Kellerei pumpte, die Rebfläche mehr als verdoppelte und die modernsten Kelleranlagen im ganzen Anbaugebiet installieren ließ. So wichtig das auch war, die entscheidende Arbeit hat Wilhelm Weil als Direktor geleistet: Ihm ist es gelungen, den Betrieb wieder an die Spitze zu führen. Seine Riesling Auslese, BA und TBA sowie der Eiswein aus dem Kiedricher Gräfenberg gehören zu den größten Exponenten ihres Stils in ganz Deutschland. Das Mostgewicht der mehrfach selektierten Trauben übersteigt das rechtliche Minimum bei Weitem und führt dazu, dass einige Weil-Weine trotz ihres Glanzes übertrieben wirken. Gleichwohl deutet die konstante Nachfrage ungeachtet der hohen Preise darauf hin, dass die Klientel damit zufrieden ist. Die trockenen Ausführungen sind zwar gut, erreichen aber nicht dieselben Höhen.
Domdechant Werner’sches Weingut **–***
Hochheim. www.domdechantwerner.com
Die Familie Werner erwarb das Herrenhaus in grandioser Lage über Rhein und Main 1870 vom Grafen York. Der Sohn des Käufers, Dr. Franz Werner, rettete als Domdechant von Mainz die Kathedrale vor der Zerstörung durch die Franzosen.
Die Familie besitzt und führt das Gut noch heute, heißt mittlerweile aber Michel. Sie bereitet ernsthafte, intensive Hochheimer aus einigen der besten Lagen. Sowohl die trockenen als auch die süßen Erzeugnisse unterzieht man einem Fassausbau, dem sie eindringlich und langlebig entsteigen.
Nahe
Die Nahe ist ein kleiner Nebenfluss des Rheins, der sich nördlich von Bingen zu ihm gesellt und dem Riesling an seinem Westufer einen idealen Lebensraum bietet. Die gelungensten Vertreter aus den 4120 Hektar Gesamtrebfläche können mit den Besten Deutschlands mithalten. Trotzdem ist das Anbaugebiet im In- und Ausland recht wenig bekannt. Da es zwischen der Mosel und dem Rheingau liegt, beschreibt man seine Weine gern als Mittelding zwischen Mosel und Rhein oder, etwas genauer, zwischen Saar und Rheingau. Das gilt in der Tat für die feinen Gewächse von der Mittelnahe mit ihrem Gewicht, ihrer Ausgewogenheit, ihrem Körper und ihrer
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