Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
Die wichtigste Region ist das Wallis mit 5113 Hektar Rebfläche, gefolgt vom Kanton Waadt (3838 Hektar), der deutschsprachigen Ostschweiz (2593 Hektar), der Gegend um Genf (1297 Hektar), dem italienischsprachigen Tessin (1065 Hektar) und den drei Seen mit Neuchâtel (Neuenburg), Bielersee, Vully und dem Jura (940 Hektar). In der deutschen Schweiz sind die Hauptkantone für den Weinbau Zürich (613 Hektar), Schaffhausen (473 Hektar), Graubünden (419 Hektar) und Aargau (393 Hektar).
Vor 150 Jahren lag der Schwerpunkt auf Rotwein; der beste kam aus Graubünden. Die vorzüglichsten Weißen entstanden am Nordufer des Genfer Sees zwischen Lausanne und Montreux im Kanton Waadt, auf dessen steilen Südhängen die heimische Chasselas voll ausreift. Weiter die Rhône aufwärts in den Alpentälern des Wallis war der Rebbau meist ein Nebenerwerb. An den Hängen wuchsen Lokalreben, die sich im trockenen, sonnigen Alpenklima dank ihrer überwältigenden Süße und Kraft bewährt hatten.
Der moderne Weinbau begann Form anzunehmen, als die Chasselas das Rhône-Tal aufwärts wanderte, weil die sonnigen Hänge am Genfer See als Bauland erschlossen und damit die Rebflächen in der Waadt halbiert wurden, und als bestimmte Pinot-noir- und Gamay-Varianten von Frankreich über Genf ostwärts gelangten. Unterdessen begann der Müller-Thurgau, eine Ende des 19. Jahrhunderts vom Thurgauer Rebforscher Hermann Müller in Geisenheim gezüchtete Rebe, in der Schweiz heute oft auch Riesling-Sylvaner genannt, die östlichen Kantone zu erobern. 1945 etablierte sich im italienischsprachigen Tessin die Merlot aus Bordeaux als Hauptrebe, nachdem man den Wissenschaftler Alderige Fantuzzi nach der Reblausinvasion mit der Neubepflanzung der Weinberge beauftragt hatte. Obwohl die Gesamtanbaufläche in den letzten hundert Jahren geschrumpft ist, haben einige Gebiete wie die Ostschweiz, das Wallis, die Waadt und Genf zugelegt. Auch das mit roten Trauben bestockte Areal wächst und hat bereits 52 Prozent der Anbaufläche erobert. Nichtsdestotrotz bleibt die Schweiz mit ihren 14846 Hektar oder umgerechnet 0,2 Prozent Anteil an der weltweiten Produktion ein kleiner Fisch im globalen Weinmeer. Pinot noir nimmt mit 4450 Hektar mittlerweile 30 Prozent der Weinberge in Beschlag, gefolgt von Gamay (1584 Hektar), Merlot (1006 Hektar), den beiden einheimischen Züchtungen Gamaret (351 Hektar) und Garanoir (189 Hektar) sowie Syrah (177 Hektar). Wichtigste weiße Traube ist die Chasselas (4152 Hektar), dahinter rangieren Müller-Thurgau (502 Hektar), Chardonnay (314 Hektar), Sylvaner (235 Hektar) und Pinot gris (208 Hektar).
Was auf den oft wenig auskunftsfreudigen, aber umso dekorativeren Schweizer Weinetiketten angegeben werden muss, ist von den Behörden geregelt. Weißweine bestehen in der Regel aus Chasselas, sofern keine andere Rebsorte genannt wird. Rotweine werden überwiegend aus Pinot noir beziehungsweise Gamay gekeltert. Einige Etiketten aus der deutschsprachigen Schweiz enthalten Begriffe, die im Ausland nicht verständlich sind – aber das ist ohne Belang, denn sie gelangen eh nur selten über die Grenzen ihres Heimatkantons hinaus. Die Etiketten in der italienischen Schweiz sind Muster an Einfachheit, denn im Wesentlichen gibt es nur zwei Arten von Wein: Merlot und den seltenen Nostrano aus mehreren Rebsorten. Dem Erzeugernamen wird wenig Bedeutung beigemessen, er versteckt sich oft in kleiner Schrift am unteren Rand. Mehr Raum haben mitunter der Markenname (Les Murailles), der Gutsname (Château d’Allaman) oder die Gemeinde (St-Saphorin). Nicht immer ist die Unterscheidung einfach.
Anreicherung ist erlaubt und vor allem auf der unteren Qualitätsebene recht verbreitet, doch kann man davon ausgehen, dass Schweizer Wein trocken ist, sofern nicht ein Hinweis auf dem Etikett erscheint. In den französischsprachigen Kantonen wird mit mi-flétri oder flétri , wörtlich »geschrumpft«, im deutschsprachigen Teil mit »Spätlese« auf süßen Inhalt aufmerksam gemacht. Die Spätlesen beziehungsweise flétris haben in den letzten Jahren zugenommen und sind oft von außergewöhnlicher Qualität. Seit 1996 dürfen die reichsten Vertreter, wenn sie gewisse Kriterien wie ein Mindestmostgewicht von 130 Oechsle und Eichenausbau erfüllen, als Grains Nobles bezeichnet werden.
In der Schweiz wird bei jung zu trinkenden Weinen, also den meisten Chasselas-Abfüllungen, reger Gebrauch von Schraubverschlüssen anstelle von Korken gemacht.
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