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Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Titel: Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Johnson
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darin. Sie hinterlassen ein wunderbar sauberes und angenehmes Gefühl im Mund – Wasser könnte nicht belebender sein. Eine vollkommenere Harmonie zwischen Süße und Säure gibt es nicht. Nur dem Tokajer gelingt noch derselbe Zaubertrick.
    Madeira ist die größte Insel eines Archipels rund 650 Kilometer westlich der marokkanischen Küste. Im 15. Jahrhundert setzten die Portugiesen nach ihrer Landung auf der Insel die dichten Baumbestände in Brand. Das Feuer wütete jahrelang und die Asche ganzer Wälder düngte den ohnehin schon fruchtbaren vulkanischen Boden.
    Seine Blüte erlebte Madeira als portugiesische Kolonie. Heinrich der Seefahrer ließ die süße Malvasia-Traube aus Griechenland und Zuckerrohr aus Sizilien kultivieren. Nach der Entdeckung der Karibischen Inseln wurden Bananen zu einem wichtigen Anbauprodukt. Wie damals werden die Pflanzungen auch heute noch in gartenähnlicher Mischkultur auf steilen Terrassen angelegt, die sich bis auf die halbe Höhe des über 1800 Meter hohen Inselbergs hinaufziehen. Die Reben wachsen wie in Nordportugal an Pergolen, damit andere Nutzpflanzen darunter wachsen können. Dank seines warmen Klimas wurde Madeira wie Jerez und die Kanaren zu einer natürlichen Quelle von sack . Entscheidend für die weitere Geschichte des Madeira war ein 1665 erlassenes englisches Gesetz, das den Export von europäischen Weinen in britische Kolonien nur mehr von britischen Häfen aus und auf britischen Schiffen zuließ. Wahrscheinlich galt Madeira damals als Teil Afrikas und wurde zur Zwischenstation für Schiffe auf dem Weg nach Westen. Ende des 17. Jahrhunderts tranken die britischen Kolonisten in Amerika und in der Karibik nur noch Madeira.
    Der Wein verdarb nicht etwa auf der langen, heißen Reise über den Atlantik, sondern schien im Gegenteil davon zu profitieren. Als die Briten später ihre Fühler auch nach dem Fernen Osten ausstreckten, entdeckte man, dass ihm die Reise nach Indien noch viel besser bekam: Der auf See gereifte Madeira war so gut, dass man die Fässer bald als Ballast nach Indien und zurück transportierte, um den Liebhabern in Europa einen noch größeren Genuss zu bieten. Im 18. Jahrhundert wurde wie beim Port zur Süßung und Stabilisierung Branntwein zugesetzt.
    In Amerika wuchs sich die Begeisterung für Madeira zu einem wahren Kult aus. Im Süden pflegten sich die Herren zu einem einfachen Dinner zu treffen und anschließend einige Karaffen alter Weine zu »besprechen«. Man benannte sie nach den Trauben, aus denen sie bereitet, und den Schiffen, auf denen sie transportiert worden waren, ja, manchmal sogar nach den Familien, in deren Kellern sie gelegen hatten und schon zu einer Art Erbstück geworden waren. So mochte auf einen Bual ein Constitution und auf diesen ein Francis, ein Butler oder ein Burd folgen. Ein beliebter heller Verschnitt, den man bisweilen noch heute antrifft, hieß Rainwater, weil er im Geschmack offenbar an Regenwasser erinnerte. Nahezu dieselbe Wertschätzung erfuhren die Madeiras in England, wo sie bei den wenigen, die sie schon gekostet haben, nach wie vor hoch im Kurs stehen.
    Natürlich wurden die Mengen bald zu groß für Spazierfahrten in die Tropen. Ab 1790 bereitete vielleicht auch Napoleons Kriesgsflotte den Handelsschiffen Schwierigkeiten. Als Ersatz ging man dazu über, Madeira je nach Qualität mehrere Monate lang in Wärmetanks, estufas , zu behandeln. Die einfachsten Vertreter wurden am kürzesten, aber stärksten erhitzt, die besseren über längere Zeit bei gemäßigteren Temperaturen erwärmt und die besten drei bis fünf Jahre auf sonnenheißen Dachböden gelagert. Heute sind 45 Grad Celsius als Mindesttemperatur für die Erwärmung vorgeschrieben.
    Auf der Insel wurden vier Haupttrauben für Madeira und drei, vier weitere für andere Weinstile angebaut. Das Original basiert auf der Malvasia alias Malmsey, die den reichsten Wein liefert. Bual steht für einen weniger vollen, aber eleganteren und ebenso duftintensiven Wein. Die Verdelho erbringt weichere, viel trockenere Erzeugnisse mit leicht bitterem Abgang. Von der Sercial-Traube – identisch mit der Esgana Cão vom portugiesischen Festland – kommt ein feiner, leichter Tropfen mit ausgeprägter Säure. Die Tinta negra mole wurde für einen Roten namens tent angebaut. In geringeren Mengen kamen ferner Bastardo, Terrantez und Moscatel zum Einsatz.
    Madeira war auf dem Gipfel des Wohlstands, als eine doppelte Katastrophe über die Insel hereinbrach. In den 1850

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