Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
Engagement von Erzeugern wie Miguel Torres in großem Stil in moderne Kellerausstattungen investierte.
Die Qualitätsanbaugebiete mit insgesamt 117000Hektar befinden sich in drei Hauptregionen: Die erste ist Aconcagua mit Casablanca, die zweite das Große Längstal (Valle Central) und die dritte die Südregion (Regíon Del Sud). Aconcagua umfasst das in Ost-West-Richtung verlaufende Haupttal nördlich von Santiago, profitiert aber weniger vom Einfluss der Küste als das relativ neue Gebiet Casablanca, aus dem einige der besten Weine Chiles kommen. Das Valle Central ist von Norden nach Süden in die vier Anbaugebiete Maipo, Rapel, Curicó und Maule unterteilt. In ihnen sorgen die gleichnamigen, aus den Anden kommenden Flüsse für Wasserzufuhr. Die Bewässerung über Kanäle wird heute immer mehr durch die besser zu kontrollierende Tropfbewässerung ersetzt. Aufgrund ihrer beträchtlichen Ausdehnung lässt sich kaum mehr über diese Gebiete sagen, als dass Maipo und Rapel wärmer sind als die anderen beiden. Seit sich die chilenischen Anbauer intensiver mit ihrem Terroir befassen, werden zunehmend kleinere Bereiche abgegrenzt. Zwei der interessantesten sind Colchagua und Apalta innerhalb des Gebiets Rapel.
In den letzten Jahren wurden die Weinbauern bei der Auswahl neu zu erschließender Rebflächen wesentlich wagemutiger. Die kühlen Täler von San Antonio und Leyda westlich von Santiago in einigen Kilometern Entfernung vom Meer sind inzwischen zu einer Quelle ungewöhnlich geschliffener Erzeugnisse avanciert. Als vorteilhaftes Terrain für den Anbau von Chardonnay wiederum hat sich das ebenfalls küstennahe Limarí-Tal im Norden erwiesen.
Das Klima in Chile ist perfekt – fast zu perfekt, da die Reben selten kämpfen müssen. Die Niederschlagsmenge nimmt nach Süden zu, aber die Durchschnittstemperaturen in Maipo und Maule unterscheiden sich kaum. Die größten Schwankungen ergeben sich von Westen nach Osten abhängig von der Nähe zu den Anden beziehungsweise zum Küstengebirge, Unterschiede im Weinstil sind jedoch eher innerhalb der Täler festzustellen. Gebiete südlich von Maule, etwa Bío-Bío und Triaguén, machen vor allem mit Chardonnay auf sich aufmerksam, wenngleich starke Niederschläge die Ernte häufig beeinträchtigen.
Der Zustrom von Wissen, neuen Ideen und technischen Errungenschaften in das 4000 Kilometer lange Land ermöglichte dem chilenischen Weinbau die Mobilisierung von Ressourcen. Der Glaube, dass ein an internationalen Standards gemessener guter Tropfen nichts weiter braucht als Edelstahl und neue Eiche, wich dem Motto: »Erst der Weinberg, dann der Keller«. Deshalb stehen nun Themen wie Laubpflege, Bewässerung und Bodenkunde ganz oben auf der Tagesordnung. Statt Talböden mit allzu fruchtbarer Erde werden günstige Hanglagen bepflanzt. Die Winzer geben sich nicht mehr damit zufrieden, die großen Bodegas zu beliefern, sondern gehen ihren eigenen Weg.
Bei den Rotweinen erfreut sich Merlot inzwischen ebenso großer Beliebtheit wie süffiger Cabernet Sauvignon, von jeher Chiles erfolgreichster Exportartikel. In den 1990er-Jahren kam heraus, dass es sich bei einem Großteil der vermeintlichen Merlot-Reben um Carmenère handelt, die nun als chilenische Spezialität Berühmtheit erlangt hat (siehe Kasten > ). Einigen wenigen Erzeugern ist die Zähmung der Pinot noir gelungen. Malbec verfügt über großes Potenzial, doch werden Chiles Versionen kaum je an die aus Argentinien heranreichen. Bei den Weißen sind Chardonnay und Sauvignon blanc, vor allem aus Casablanca, die Spitzenreiter. Neben anderen Rebsorten erweisen sich Syrah und Viognier als vielversprechend.
Auf dem Inlandsmarkt werden allerdings immer noch 70 Prozent der Produktion als billige Kartonweine verkauft, deren Qualität niedrig ist. Um 2005 machten daher die meisten Kellereien Verluste. Viele gehörten riesigen landwirtschaftlichen Verbänden an oder waren im Besitz reicher Privatpersonen. Eine Konsolidierung scheint unvermeidlich. Mehr als je zuvor müssen sich die leistungsstärkeren Unternehmen auf den Export großer Mengen konzentrieren, denn mit einem Absatz von weniger als 100000 Kisten jährlich kann ein chilenischer Betrieb kaum überleben – darin unterscheidet sich der Weinbau in Chile von dem in anderen Ländern der Neuen Welt. Gleichzeitig ist eine erfreuliche Gegenbewegung zu beobachten, denn immer mehr sogenannte Boutiquegüter treten auf den Plan. So kritisch man ihnen gegenüberstehen mag: Sie bringen
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