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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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jetzt in einer großen Stadt, Eddie. Ein paar sehr rauhe Mitbürger haben sich in letzter Zeit hier niedergelassen. Der Fluch des Wachstums.«
    »Sie reden verdammt zu viel«, sagte Eddie Mars. Er entblößte seine Zähne und pfiff zweimal scharf. Draußen knallte eine Wagentür zu, und rennende Schritte kamen durch die Hecke. Mars schnappte wieder die Luger heraus und richtete sie auf meine Brust. »Machen Sie die Tür auf.«
    Am Griff wurde gerüttelt, und jemand rief. Ich rührte mich nicht. Die Mündung der Luger sah aus wie das Tunnelende von Second Street, aber ich rührte mich nicht. Nicht kugelfest zu sein, das war ein Gedanke, an den ich mich erst gewöhnen mußte.
    »Machen Sie selbst auf, Eddie. Wer, zum Teufel, sind Sie, daß Sie sich einbilden, mir Befehle geben zu können? Seien Sie nett, dann helfe ich Ihnen vielleicht.«
    Er kam steif auf die Füße und ging um den Schreibtisch herum und zur Tür hinüber. Er öffnete sie, ohne mich aus den Augen zu lassen. Zwei Männer stolperten ins Zimmer, sie fummelten emsig unter ihren Achseln. Der eine war offensichtlich Boxer, ein gutaussehender, blasser Junge mit einer kaputten Nase und einem Ohr wie ein Beefsteak. Der andere Mann war schlank, blond, behämmert, er hatte engstehende Augen ohne Farbe drin.
    Eddie Mars sagte: »Seht nach, ob dieser Vogel ein Eisen bei sich hat.«
    Der Blonde zog einen kurzläufigen Revolver heraus und hielt ihn im Anschlag. Der Boxer kam plattfüßig an meine Seite und befühlte sorgsam meine Taschen.
    »Keine Waffe«, sagte er mit schnarrender Stimme.
    »Sieh nach, wer er ist.«
    Der Boxer fuhr mit einer Hand in meine Brusttasche und zog meine Brieftasche heraus. Er klappte sie auf und studierte den Inhalt. »Heißt Philip Marlowe, Eddie. Wohnt in Hobert Arms in der Franklin. Privatlizenz, Sheriffstern und so. Ein Polyp.«
    Er steckte mir die Brieftasche wieder ein, schlug mir leicht ins Gesicht und wandte sich weg.
    »Haut ab«, sagte Eddie Mars.
    Die beiden Revolverhelden gingen hinaus und schlossen die Tür. Man hörte, wie sie wieder in den Wagen stiegen. Sie starteten den Motor und ließen ihn abermals im Leerlauf.
    »In Ordnung. Reden Sie«, sagte Eddie Mars. Die Spitzen seiner Augenbrauen bildeten scharfe Winkel auf seiner Stirn.
    »Ich bin nicht bereit, groß auszupacken. Geiger
    umzubringen, nur um sich sein Geschäft untern Nagel zu reißen, das wäre wirklich ein dämlicher Dreh, und ich bin nicht sicher, ob es sich so abgespielt hat, vorausgesetzt, daß er überhaupt tot ist. Aber eines ist mir klar. Wer immer seine Bücher hat, weiß, woś langgeht. Und klar ist mir auch, daß die blonde Dame dort unten im Laden aus irgendeinem Grund ganz entsetzlichen Bammel hat. Und ich habe auch so eine Ahnung, bei wem die Bücher sind.«
    »Bei wem?«
    »Das genau ist es, worüber ich nicht bereit bin auszupacken.
    Ich habe einen Klienten, wissen Sie.«
    Er zog seine Nase in Falten. »Das ...« Er brach schnell ab.
    »Ich dachte mir schon, daß Sie das Mädchen kennen«, sagte ich.
    »Wer hat die Bücher, Sportsfreund?«
    »Ich sage nichts, Eddie. Warum sollte ich?«
    Er legte die Luger auf den Schreibtisch und schlug mit der offenen Handfläche darauf. »Darum«, sagte er. »Und ich könnte auch für Sie dabei was rausspringen lassen.«
    »Das ist der wahre Sportsgeist. Lassen Sie die Kanone aus dem Spiel. Den Klang des Geldes höre ich allemal. Wieviel wollen Sie denn springen lassen?«
    »Was wollen Sie dafür tun?«
    »Was wollen Sie, daß ich dafür tun soll?«
    Er haute hart auf die Tischplatte. »Hören Sie, Sportsfreund.
    Ich frage Sie etwas, und Sie fragen zurück. So kommen wir nicht weiter. Ich will wissen, wo Geiger ist, aus ganz persönlichen Gründen. Mir hat sein Gewerbe nicht gefallen, und ich habe ihn nicht protegiert. Zufälligerweise gehört mir dieses Haus. Nicht, daß ich im Augenblick besonders scharf drauf wäre. Ich glaube gern, daß alles, was Sie von der ganzen Geschichte wissen, bei Ihnen unter Glas ist, denn sonst würden sich die Petermänner schon hordenweise in dieser Bruchbude hier die Füße platt treten. Sie haben überhaupt nichts zu verkaufen. Wenn ich es richtig sehe, brauchen Sie selbst ein bißchen Protektion. Also husten Sieś schon raus.«
    Er sah es ziemlich richtig, aber das brauchte er ja nicht zu wissen. Ich zündete eine Zigarette an und blies das Streichholz aus und schnippte es in Richtung Glasauge des Totempfahls.
    »Sie haben recht«, sagte ich. »Wenn mit Geiger wirklich was

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