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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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fragte ich und guckte interessiert. Er glitt in den Sessel hinter dem Schreibtisch und häkelte sich das maulbeerfarbene Telefon heran und wechselte die Luger in seine Linke. Er betrachtete das Telefon mit düsterem Stirnrunzeln, zusammengezogenen grauen Brauen und einer tiefen Furche in der wettergegerbten Haut über der Hakennase. »Ich finde, wir lassen mal das Gesetz ran«, sagte er. Ich ging hinüber und trat gegen den Teppich, der da lag, wo Geiger gelegen hatte.
    »Es ist altes Blut«, sagte ich. »Getrocknetes Blut.«
    »Trotzdem überlassen wirś der Polente.
    »Warum auch nicht?« sagte ich.
    Seine Augen wurden schmal. Die Tünche war herunter, übrig blieb ein gutgekleidetes, hartgesottenes Bürschchen mit einer Luger. Mein Diskussionsbeitrag gefiel ihm nicht.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie eigentlich, Sportsfreund?«
    »Marlowe ist mein Name. Von Beruf Spürhund.«
    »Nie gehört. Wer ist die Kleine?«
    »Klientin. Geiger hat ihr mit einer kleinen Erpressung einen Strick drehen wollen. Wir sind hergekommen, um mit ihm zu reden. Er war nicht da. Die Tür stand offen, also kamen wir herein, um zu warten. Oder habe ich Ihnen das schon erzählt?«
    »Bequem«, sagte er. »Daß die Tür offen stand. Wo Sie doch keinen Schlüssel hatten.«
    »Ja. Wie kommtś eigentlich, daß Sie einen Schlüssel haben?«
    »Ist das Ihre Sache, Sportsfreund?«
    »Ich könnte es zu meiner Sache machen.«
    Er lächelte verkniffen und schob den Hut zurück auf sein graues Haar. »Und ich könnte Ihre Sache zu meiner Sache machen.«
    »Sie würden sich bedanken. Bei dem bißchen Lohn.«
    »Also gut, Holzauge. Mir gehört dieses Haus. Geiger ist mein Mieter. Was sagen Sie nun?«
    »Sie kennen so reizende Leute«, sagte ich.
    »Ich nehme sie, wie sie kommen. Es kommen solche und solche.« Er schielte auf seine Luger herab, zuckte die Achseln und klemmte sie sich wieder unter die Achsel. »Haben Sie eine gute Idee, Sportsfreund?«
    »Jede Menge. Jemand hat Geiger erschossen. Oder Geiger hat jemand erschossen und ist dann getürmt. Oder es waren zwei andere Macker. Oder Geiger war mit einem Kult zugange und hat Blutopfer vor seinem Totempfahl dargebracht. Oder es gab bei ihm Brathähnchen zum Abendessen, und er hat seine Hühner schon immer gern im Salon geschlachtet.«
    Der graue Mann war sauer.
    »Ich gebś auf«, sagte ich. »Rufen Sie lieber Ihre Freunde in der Stadt.«
    »Ich sehś nicht«, sagte er. »Ich begreife das Spielchen nicht, das Sie hier spielen.«
    »Also los, rufen Sie die Bullen. Wird das aber ein Fest geben.«
    Er dachte darüber nach, ohne sich zu rühren. Seine Lippen spannten sich über seinen Zähnen. »Auch da sehe ich nicht durch«, sagte er verkniffen.
    »Vielleicht haben Sie einfach einen schlechten Tag. Ich kenne Sie, Mr. Mars. Der Cypress Club in Las Olindas. Falsche Spielchen für falsche Fuffziger. Mit den Ortsbehörden in Ihrer Tasche und einer gutgeölten Leitung bis nach Los Angeles. Mit anderen Worten: Protektion. So was hat Geiger für seine Masche aber auch gut brauchen können. Vielleicht haben Sie ihm hin und wieder ein bißchen von Ihrer abgegeben, da er doch Ihr Mieter ist.«
    Sein Mund wurde eine harte, weiße Grimasse. »Geiger hatte welche Masche?«
    »Die Schweinebuchmasche.«
    Er starrte mich eine ganze Minute lang an. »Jemand war hinter ihm her«, sagte er sanft. »Sie wissen was darüber. Er hat sich heute im Laden nicht blicken lassen. Sie wissen nicht, wo er ist. Er war hier nicht ans Telefon zu kriegen. Ich bin heraufgekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Ich finde Blut auf dem Fußboden, unter einem Teppich. Und Sie und ein Mädchen sind hier.«
    »Bißchen schwach«, sagte ich. »Doch vielleicht finden Sie für Ihre Geschichte einen willigen Abnehmer. Eine Kleinigkeit ist Ihnen aber entgangen. Jemand hat heute seine Bücher aus dem Laden schaffen lassen - dieses nette Schrifttum, das er auslieh.«
    Er schnippte scharf mit den Fingern und sagte: »Daran hätte ich denken sollen, Sportsfreund. Sie scheinen ganz schön rumzukommen. Wie sehen Sie das Ganze?«
    »Ich glaube, Geiger wurde beiseite geschafft. Ich glaube, daß das hier sein Blut ist. Und daß die Bücher weggeschafft worden sind, erklärt auch, warum seine Leiche für eine Weile verschwinden muß. Jemand steigt in sein Geschäft ein und braucht ein bißchen Zeit zum Organisieren.«
    »Damit kommen die nicht durch«, sagte Eddie Mars grimmig.
    »Wer sagt das? Sie und die zwei Ballermänner draußen in Ihrem Wagen? Wir leben

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