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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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Feuer kam aus ihr. Comyn erkannte nun, daß sein Licht, dem sie alle gefolgt waren, nur ein Bruchteil dessen in der Grotte war. Der Weg teilte sich am Eingang, und die Gabelungen führten im Bogen links und rechts an den Grottenseiten entlang. Die letzten der Pilger strömten nun ins Innere. Comyn blieb stehen.
    »Vickrey!« rief er. »Vickrey!«
    Aber Vickrey war nicht mehr an seiner Seite. Comyn griff wie ein Ertrinkender nach der Felswand neben ihm und klammerte sich mit beiden Händen fest. Er stand genau am Rand der Grotte, weder innerhalb noch außerhalb, und überlegte verzweifelt, ob er davonlaufen sollte oder nicht. Jetzt erst fiel ihm der Grund für die Gabelung des Weges auf.
    Im Grottenboden klaffte ein zerklüfteter Spalt, aus ihm loderte das weiße Feuer: eine Waberlohe blendender Reinheit. Der Rand dieser schmalen Kluft und das Grottengewölbe hoch oben brannten in ihrem eigenen, schwächeren Feuer. Äonen intensiven Beschusses durch transuranische Bestrahlung mußten das Gestein transmutiert haben. Und nun erstrahlte die ganze Grotte in unterirdischem Licht.
    In die Kluft selbst konnte Comyn nicht schauen, dazu war er zu weit davon entfernt, auch erlaubte der Blickwinkel es nicht, aber er sah die Simse zu beiden Seiten, die unteren waren weit und eben, die oberen führten die Grottenwände in grobgehauenen Stufen aufwärts. Dicht an dicht drängten sich jetzt die ungewöhnlichen Menschen mit den beunruhigenden Augen. Alle Gesichter wirkten fröhlich wie die von Kindern bei einem Volksfest. An einer Stelle ragte das untere Sims ein wenig über den zerklüfteten Spalt. Dort war eine lange, einfache Bahre aus den dünnen Stämmchen junger Bäume abgestellt und mit Blumen überhäuft. Die Blumen erzitterten unter den gleichmäßigen sanften Bewegungen dessen, das sie bedeckten. Neben der Bahre standen zwei Männer. Aus der Entfernung und auch aufgrund des blendenden Lichtes konnte Comyn ihre Gesichter nicht sehen, trotzdem erkannte er den einen Mann.
    Er löste die Hände von der Felswand, biß die Zähne zusammen und trat in die Grotte.
     

 
14.
     
    Die Pilger drängten sich immer noch weiter, und Comyn schloß sich ihnen wieder an: eine unbeholfene schwerfällige Gestalt in seinem Strahlenanzug zwischen den schlanken geschmeidigen nackten Leibern. Auf den breiten unteren Simsen war kein Platz mehr, so strömte die Menge zu den anderen hoch, die wie lange Stufen die Grottenwand emporstrebten, und verschmolzen zu einem Fresko. Stille herrschte nun. Comyn drängte sich das Gefühl auf, eine unbekannte unsichtbare Macht lauere hier sprungbereit, und die Menschen warteten auf sie, doch ihnen war sie nicht fremd. Er zwängte sich schwerfällig durch die harrende Menge auf dem Sims, um an Paul Rogers heranzukommen. Die Zeit drängte, denn er wollte nicht mehr hier sein, wenn diese unbekannte Macht zuschlug. Die weißen Flammen loderten wie ein Ruhmesfeuer hoch empor, und verstärkten die Furcht in ihm.
    Er rief Pauls Namen. Aber der Helm dämpfte seine Stimme, und die beiden Männer auf dem Simsvorsprung lebten in ihrem eigenen Kosmos. Jetzt bückten sie sich und hoben die Bahre mit Strangs sterblichen Überresten auf. Blumen regneten davon auf den Boden.
    Die letzten Pilger beeilten sich, die oberen Simse zu erreichen. Comyns schwere Anzugssohlen krachten auf dem Gestein.
    Langsam, feierlich, hoben die beiden Männer das Kopfende der einfachen Bahre und ließen die sich immer noch sanft bewegende Leiche in die brennende Kluft gleiten.
    Die Menge verhielt sich nun völlig still. Ein leises kurzes Seufzen ging reihum. Schweigen setzte ein, in dem niemand sich bewegte, niemand auch nur atmete – außer Comyn, der auf den Simsvorsprung hinausrannte und dabei Rogers’ Namen rief.
    Selbst durch den dämpfenden Helm klang seine Stimme laut und rauh in der Stille – und die beiden Männer wandten sich zögernd um. Sie waren schon tief mit ihrem neuen Leben verbunden, und es schmerzte sie, gegen ihren Willen zurückgerufen zu werden. Die Flammenwand züngelte hoch über den Rand der Kluft und wiegte sich in blendendem Schein über ihren Köpfen. Ihre entrückten Gesichter verzogen sich qualvoll, als Comyns Stimme auf sie einhämmerte.
    Comyn stand nun direkt vor ihnen. Er streckte einen Arm aus und legte die abgeschirmte Hand auf Pauls nackte Schulter, und wieder rief er seinen Namen. Das Gesicht, das ihm entgegenblickte, war Paul Rogers’, wie er es sein Leben lang gekannt hatte – und war es doch auch

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