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Der große Stier

Der große Stier

Titel: Der große Stier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sanborn
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Oberschenkel. »Kommt irgendwie bei uns auch an, nicht, Schatzi …«
    »Wo ist der Stoff?« fragte Harvey.
    »Furby, wenn ich Münzen werfe, wirst du sie deuten?« Rachel schob die Ärmel ihres Pullovers zurück. »Für mich hast du seit einer Woche keine gedeutet, und da ist was, das ich wissen muß.«
    »Kann ich nicht machen, eh ich nicht Kates verdammte Vibrations los bin. Kate, sei mal ein lieber Schatz und besorge mir zwei Löffel. Und guck mal, ob Crimp damit fertig ist, sich da hinten zurückzuziehen.«
    Paul sah sich bedächtig in dem Raum um. Eine Wand war mit den Tierkreiszeichen bedeckt, die irgend jemand als Ziele beim Pfeileschießen benutzt hatte. Auf die Wand gegenüber war ein Hindu gemalt; an seinen Nasenlöchern wickelten sich Windungen von Energie und Geist zusammen, belebende Geister gingen spiralenförmig in sein Rektum oder kamen aus ihm heraus. Auf dem Tisch diente ein Foto von Bob Dylan als Teller für zwei angebissene Salami-Sandwichs.
    »Was ist nun mit der Stierplatte?« Der hohle Klang von Pauls Stimme überraschte ihn selbst. »Ich würde sie gern mal hören.«
    »Du lieber Himmel, Odeon, ich hab dich dahinten nicht mal gesehen. Setz dich nur, Freund. Harvey, sei ein guter Kerl und gib mir die Spulen da rüber, ja? Du hast nicht lange gebraucht, das Gras zu finden, wie?«
    »Heut nacht werde ich zum Schaf.« Harvey hörte auf, die Enden des Joints zu drehen, und zündete das Mundstück an der Kerzenflamme an. Mit einem heftigen, saugenden Geräusch zog er den süßen, gelben Rauch tief in seine Lungen ein, hielt den Atem an und gab die Zigarette an Paul weiter.
    »Bei mir ist das Zeug verschwendet. Es macht nichts weiter, als daß ich aufstoßen muß. Und meine Fußgelenke werden schwer.« Er tat einen einzigen Zug, preßte den Stengel zusammen und gab ihn zu Ra chel herüber.
    »Ich bin ein Schaf. Hatschi, hatschi, hatschi!«
    Paul stieß auf und spürte, wie seine Fußgelenke allmählich schwer wurden.
    Rachel fing an, vor sich hin zu summen, während Furbish die vier Spulen mit buntem Garn abwickelte. Kate kam zurück, den Arm um Crimp gelegt. Crimp war heute nacht als Frau angezogen. Niemand wußte wirklich, ob Crimp homosexuell oder ob sie lesbisch war. Sie (oder er) war nie lange genug ohne Gras, um Sex zu haben.
    »Hier, Crimp, gutes Mädchen, setz dich zu mir. Ich werde dir zeigen, wie man ein Gottesauge macht.« Furbish zog an der Zigarette, schluckte den Rauch und gab sie an Kate weiter. »Hast du die Löffel mitgebracht, Liebling?«
    »Eßstäbchen.« Sie hielt sie ihm hin.
    »Noch besser.«
    Paul war durstig. Seine Fußgelenke wurden schwerer und schwerer. Er gähnte, als er zusah, wie Furbish orangefarbenes Garn um die Eßstäbchen wickelte, die er wie ein Kreuz in der Hand hielt. Harvey übergab ihm einen glühenden Stummel; er tat einen schwachen Zug, wich zurück, als die Hitze auf seinen Lippen brannte, und gab den Stummel an Rachel weiter. Sie starrte zur Decke hoch, mit unglaublich großen und dunklen Augen, den Mund halb geöffnet und mit einem gedankenvollen Ausdruck.
    »Furby«, sagte sie sanft, »als du und Kate geheiratet haben in dem Tempel da in San Francisco, da hast du einen Bart gehabt. Warum hast du keinen Bart mehr?«
    »Ich habe jetzt eine andere Einstellung, Liebling.«
    »Sabud?«
    »Sabud war ein Anfang …«
    »Die Prophezeiung hat sich erfüllt!« sagte Crimp. Niemand achtete im geringsten darauf.
    »Wird das Gottesauge mir sagen, was ich wissen muß?« fragte Rachel.
    »Das wird es, wenn … ich jemals das verdammte Ding fertigkriege. Verflucht noch mal!« Er verknotete den orangefarbenen Strang und fing an, den blauen zu verweben.
    Paul erinnerte sich an die Sabud-Versammlung, bei der er gewesen war. Der Saal voll singender Männer. Das unentwegte Pochen der indianischen Trommel. Die ekstatischen Schreie aus dem Saal, in dem die Frauen ohne Musik tanzten. Was für ein Haufen Blödsinn!
    Er fing an, sich auf Händen und Knien zum Badezimmer hinzubewegen.
    »Wenn nun mal irgendwo ein Haufen Staub wäre«, sagte Rachel, »und er käme zusammen, daß ein alter Mann daraus würde. Und der Mann wird jeden Tag jünger und jünger, bis er siebzig Jahre später ein kleiner Junge wäre. Alle seine Erinnerungen lägen in der Zukunft. Und alles, worauf er sich freuen könnte, wäre die Vergangenheit …«
    »Hatschi, hatschi, hatschi! Und der Mann, wahrscheinlich, der stirbt nicht, er wird geboren!«
    »Gelbes Garn. Der blutige Schatten des Lebens …«
    »Ich

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