Der große Stier
mich?«
»O. K. Dies Spiel wird dir bestimmt gefallen.«
»Aber sicher.«
»Bye-bye einstweilen …«
»Tschüs, Beebee.«
Er legte den Hörer auf, zählte bis zehn, hob ihn wieder an und bestellte sich ein Taxi.
Der Taxifahrer, Tony, hatte das Rauchen vor drei Jahren aufgegeben, kaute aber weiterhin eine verblüffende Vielfalt von unangebrannten Zigarren. Heute abend hatte er eine kurze, dicke, am Ende abgeflachte, wiediese dicken Spikes, die Bergsteiger auf den Granitflächen der Gebirge benutzen.
Das Taxi fuhr über den Wolfback Ridge, und Paul redete vom Wetter. Tony grunzte. Paul redete von der zweiten Klasse, die von der Golden Gate Bridge heruntergesprungen war. Toni grunzte. Paul redete von Stiermusik, wie beliebt sie in Kanada war, daß sie in Kalifornien wahrhaftig Anklang fand, daß Stier das Haus gemietet und weiß gestrichen hatte, zu dem sie jetzt fuhren. Toni grunzte. Es warein beruhigendes Grunzen, und Paul gab ihm einen Vierteldollar Trinkgeld extra, als er aus dem Taxi ausstieg.
Es war das erste Mal, daß er wirklich am Ende der Hurrikanschlucht war. Der Geruch feuchter Kiefern und des Seegrases vermischte sich mit den Nebelschwaden, die vom Pazifik hergetrieben wurden. Vom Presidio bis zum Embarcadero leuchtete San Francisco wie rasch zusammengescharrte glühende Kohlen, und ein Gewebe grüner Funken erstreckte sich über die Bay Bridge bis nach Oakland hinüber.
Er ging durch eine schmale Lücke in der hohen, unbeschnittenen Hecke und sah das Haus. Es war ein großes Gebäude, errichtet in dem Neu-England-Stil, der vor dem zweiten Weltkrieg beliebt war, vollständig mit einem Holzspalier, das die schmale Eingangstür umschloß.
Paul suchte nach einem Klingelknopf, auf den er drücken könnte, fand aber keinen und klopfte mit den bloßen Fingerknöcheln an die hohe, weiße Tür. Es vergingen mehr als zwei Minuten, ehe sie sich vorsichtig zwei oder drei Zoll weit öffnete, dann wurde sie nach innen gezogen, daß die Öffnung eine dunkle weibliche Gestalt in weißem Glanz umrahmte.
»Guten Abend«, sagte Paul. »Ich hoffe, daß ich an der richtigen Stelle bin. Ich suche das Haus von Richard Stier.«
»Stier ist nicht da.«
»Ich weiß. Das heißt, ich bin gekommen, weil ich etwas über die ganze Angelegenheit erfahren möchte, wenn’s geht. Ich bin bei der Agentur, die die Werbung für seine Schallplatten in den Vereinigten Staaten besorgen wird. Darf ich reinkommen?«
Sie wich zurück, und Paul trat in die Vorhalle.
»Ich arbeite hinten im Haus«, sagte sie. »Ich möchte nicht länger als sieben Minuten mit Ihnen reden.«
Sie drehte sich auf dem Absatz um, und Paul folgte ihr über den dicken weißen Teppich zum Wohnzimmer. Weshalb hatte sie sieben Minuten gesagt? Warum nicht zehn? Oder fünf? Der unerforschliche östliche Geist. Jedenfalls sah sie wie eine Art Orientalin aus, mit hohen Backenknochen, schmalen dunklen Augen, glattem schwarzem Haar, das ihr bis an die Taille reichte. Sie hatte einen federnden Gang und setzte die Füße genau voreinander – das hatte die angenehme Wirkung, die Rundungen ihres Hinterteils rhythmisch schwingen zu lassen. Paul vermutete noch weitere interessante Bewegungen unter ihrem Kittel, einem losen Gewand, das anscheinend aus gegerbten Tierhäuten zusammengenäht war.
»Hier entlang«, sagte sie.
Das Wohnzimmer blendete die Augen. Die Wände waren weiß emailliert, der Kamin aus schimmernden weißen Steinen gebaut. Ein Kronleuchter aus milchweißem Kristall hing von der Decke herab. Auf einem weißen Teppich standen weiße Stühle und ein weißes Sofa, in der Nähe des Fensters ein weißer Flügel.
Greek-O hatte recht: Stier war auf Weiß versessen.
Das Mädchen führte ihn in ein großes Atelier, in dem mehr als ein Dutzend weiße Statuen in verschiedenen Vollendungsstufen auf weißen Podesten standen. Sie zog sich zunächst Handschuhe an, ergriff dann Hammer und Meißel und fing an, an der entstehenden Schulter eines Indianerhäuptlings in Lebensgröße herumzuklopfen.
»Die sind alle sehr gut«, sagte Paul. »Sind sie alle von Ihnen?«
»Fassen Sie sie nicht an!«
Paul steckte die Hände in die Taschen. »Es scheinen alles Indianer zu sein …«
»Ich bin selbst Indianerin.«
»Oh, das habe ich nicht gewußt. Sie haben keinen Akzent oder so etwas.«
Das Mädchen warf ihm einen durchbohrenden Blick zu. »Möchten Sie gern, daß ich ›Howgh‹ oder ›Uff‹ sage?«
»Nicht ohne daß Sie einen inneren Drang danach, fühlen.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher