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Der große Stier

Der große Stier

Titel: Der große Stier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sanborn
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Nur stärker.«
    Paul nahm seine Hand von ihrer Schulter weg.
    »Was ist los, noch böse auf mich?«
    »Nein, Beebee, ich bin nicht böse auf dich.« Der Himmel, der bis jetzt grau gewesen war, hellte sich im Osten auf. Bald würden noch mehr Polizisten ankommen, vielleicht sogar die Nationalgarde. Und die Prügelei würde wieder losgehen. Diesmal keine Musik, um ihre wachsamen Leute zu überwältigen. Und der CIA würde merken, daß ihr Gefangener ein buddhistischer Transvestit war. Sie würden in Sausalito warten.
    »Dann sag doch was«, meinte Beebee.
    »Du gehst besser nach Hause, Beebee. Es werden bald noch mehr Polizisten hier sein.«
    »Die sollen ruhig kommen.« Sie patschte auf ihre Oberschenkel. »Immer noch Platz für einen. He, wie kommt’s, daß du deine Unterhose noch anhast?«
    »Mir ist kalt.« Er stand da und massierte sich die schmerzende Stelle hinten am Hals. »Wenn du mitkommen willst, kann ich dich bis unten an den Berg bringen.«
    »Hu, bloß nicht. Nein, besten Dank.«
    Er machte eine nichtssagende Handbewegung, dreh te sich um und ging zurück, auf die Bäume zu. Die Luft war feucht von süßem Sex-Schweiß. Feuchte Grasspitzen kitzelten seine Beine, nasse Blätter streiften ihm über die Schultern.
    Er bestimmte seinen Standort nach der aufgehenden Sonne und hielt wachsam Ausschau nach der dunkelgrünen Schlagstock-Göttin mit dem Fuchshaupt, die vielleicht eine Keule in der Hand schwang.
     
    San Francisco Chronicle, 10. September 1979 :
    S TIER -S EX -S HOW EINE GRÄSSLICHE S ENSATION !
    P OLIZEI ZERSCHMETTERT ANTI - AMERIKANISCHE V ERSCHWÖRUNG !
    Auf Anraten des Central Intelligence Service hin unternahmen die Staats- und die örtliche Polizei gestern abend eine Razzia hei der polemischen Aufführung der Oper Iliyu auf dem Mount Tamalpais in Marin County.
    Es wurden eine ganze Anzahl von Verhaftungen vorgenommen, Verletzte soll es aber nicht gegeben haben.
    Captain J. Arthur Hardy, der die Polizei bei einem zweiten Angriff auf den Tamalpais leitete, berichtet, daß im Anschluß an die unzüchtige Darbietung Tausende von Schneekindern sich in unerlaubten sexuellen Handlungen ergingen.
    »Wir sind vernunftgemäß davon überzeugt, daß die se Kinder unter Drogen standen«, sagte Captain Hardy. »Viele beteiligten sich an unmoralischen, obszönen Handlungen.«
    Aus Gründen der nationalen Sicherheit hat der CIA keine genauen Einzelheiten über die angebliche antiamerikanische Verschwörung bekanntgegeben. Zunächst hatte man berichtet, der kanadische Komponist Richard Stier sei verhaftet worden. Der Verdächtige erwies sich jedoch als geschickt getarnter Betrüger.
    Im ganzen Staat ist eine Nachforschung angeordnet worden, um Paul Odeon, einunddreißig Jahre alt, zuletzt in Sausalito ansässig, ausfindig zu machen; er war Stiers Public-Relations-Mann und stand nach Ansicht der Polizei mit den Verschwörern in Verbindung.
    In Odeons kleinem Apartment zu Sausalito, wurden Blankoschecks gefunden, die sämtlich die Unterschrift von Richard Stier trugen, sowie verschiedene Exemplare eines Underground-Buches mit dem Titel »Die Vergöttlichung der Null«, das von Odeon verfaßt wurde.
    Der Verdächtige wird als Kaukasier geschildert, et wa 1,90 groß und einhundertachtzig Pfund schwer, mit schwarzem Haar und braunen Augen. Die Polizei überprüft z. Z. die Mitteilung einer Hausfrau aus San Rafaelo, daß ein Mann, der dieser Beschreibung entspricht, etwa gegen 9.27 Uhr auf dem Hof hinter ihrem Haus gesehen worden sei. Sie erklärte, der Mann sei nur mit einer Unterhose bekleidet gewesen und sei fortgelaufen, als sie ihr Haustier, einen belgischen Schäferhund, losgekoppelt habe.
    Jeder, der irgendwelche Kenntnis über den Aufenthalt des Verdächtigen besitzt, sollt sich mit dem nächstgelegenen CIA-Büro oder mit der Polizeibehörde seines Wohnortes in Verbindung setzen.

2. TEIL: Stratford (Kanada) 1979
     
    In diesem Jahr begrub Stratford Shakespeare endgültig.
    Die Festspiele in Stratford waren ausschließlich den Werken Richard Stiers gewidmet, und das Festtheater wurde weiß angestrichen. Stratfords Fluß, der Avon, bekam den neuen Namen »Stier-river«, der Viktoriasee wurde umbenannt in »The Lake of Iliyu «. Das ursprüngliche Symbol der Festspiele, ein Schwanenhals in der Form eines »S«, verlor jede Gedankenverbindung mit Shakespeare; es stand jetzt für »Stier«.
    Über ein Jahrhundert lang hatten die Kanadier nach ihrer eigenen nationalen Identität gesucht. Sie waren nicht durch

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