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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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ersten Versuches, ein Stück Brot zu erwerben.
    Was ist Erwerb und was ist Arbeit? fragte ich mich; hier führt ein bloßes Wollen, ein glücklicher Einfall ohne Mühe zu reichlichem Gewinne, dort eine geordnete, nachaltige Mühe, welche mehr wirklicher Arbeit gleicht, aber ohne innere Wahrheit, ohne notwendigen Zweck, ohne Idee. Hier heißt Arbeit, lohnt sich und wird zur Tugend, was dort Müßiggang, Nutzlosigkeit und Torheit ist.
    Hier nützt und hilft etwas stückweise, ohne wahr zu sein; dort ist etwas wahr und natürlich, ohne zu helfen, und immer ist der Erfolg der König, der den Ritterschlag erteilt. – Ein Spekulant gerät auf die Idee der Revalenta arabica (so nennt er es wenigstens) und bebaut dieselbe mit aller Umsicht und Ausdauer; sie gewinnt eine ungeheure Ausdehnung und gelingt glänzend; tausend Menschen werden in Bewegung gesetzt und Hunderttausende, vielleicht Millionen gewonnen, obgleich jedermann sagt: Es ist ein Schwindel!
    Und doch nennt man sonst Schwindel und Betrug, was ohne Arbeit und Mühe Gewinn schaffen soll. Niemand aber wird sagen können, daß das Revalentageschäft ohne Arbeit betrieben werde; es herrschen da gewiß so gute Ordnung, Fleiß und Betriebsamkeit, Um-und Übersicht wie in dem ehrbarsten Handelshause oder Staatsgeschäfte; auf den Einfall des Spekulanten gegründet, ist eine umfassende Tätigkeit, eine wirkliche Arbeit entstanden.
    Die Beschaffung des Mehles, die Anfertigung der Büchsen, das Verpacken und Versenden erhält viele Arbeiter; ebenso viele werden beschäftigt durch die zahllosen marktschreierischen Ankündigungen, mit der größten Mühe und Umsicht betrieben. Keine Stadt der verschiedenen Kontinente gibt es, in welcher nicht Setzer und Drucker mit der Herstellung der Inserate und Reklamen Nahrung finden, kein Dorf, in welchem nicht ein Wiederverkäufer eine kleine Steuer darauf erhebt. Diese läuft in tausend Äderchen zusammen und wird in hundert Bankhäusern von ehrwürdigen Buchhaltern, lakonischen Kassieren weitergeleitet bis an die Quelle der Idee zurück. Dort sitzen die Urheber in ihrem Comptoir mit ernster Miene in tiefsinniger Tätigkeit; denn sie haben nicht nur das tägliche Geschäft zu überwachen und fortzuführen, sie haben schon auch ihre Handelspolitik zu studieren, um dem Bohnenmehl neue Bahnen zu eröffnen, es in diesem, in jenem Weltteile vor drohender Konkurrenz zu schützen.
    Doch nicht immer waltet die tiefe Geschäftsstille, die unverbrüchliche Strenge der Arbeit in diesen Räumen; es gibt Tage der Erholung, der Freude, der sittlichen Belohnung, welche den heiligen Ernst lieblich unterbrechen. Das Zutrauen der Mitbürger hat das Haupt des Hauses mit magistratischen Würden geehrt, und es findet eine anständige Bewirtung aller Schutzbefohlenen statt.
    Oder es wird die Hochzeit der ältesten Tochter gefeiert, ein Ehrentag für alle, die es angeht; denn es hat sich die durchaus ebenbürtige Verbindung mit der angesehensten Familie des Stadtviertels vollzogen; die Reichtümer sind auf beiden Seiten so gleichmäßig abgewogen, daß keine vernünftige Störung des ehelichen Glückes denkbar ist. Schon am Vorabend wurden Wagenladungen von Palmen und Myrtenbäumen ins Haus gebracht und die Blumenkränze aufgehangen; am Morgen füllt sich die Gasse mit Neugierigen, und das Volk weicht ehrerbietig vor den Kutschen zurück, die in endloser Reihe auffahren, wegfahren und wieder zurückkehren, bis das Festmahl unter schmetternden Fanfaren seinen Anfang nimmt. Bald aber tritt lautlose Stille ein, als der Brautvater an das Glas schlägt und mit bescheidener Rührung, ohne das Schicksal herauszufordern, seinen Lebensgang schildert und das höhere Walten preist, das ihn, den Unwürdigen, so weit geführt habe, wie jetzt allen Augen sichtbar sei. Mit nacktem Wanderstabe, der noch im stillen Kämmerlein aufbewahrt werde, sei er einst in diese werte Stadt gekommen und habe Schritt für Schritt mit Not und Sorge, aber unverdrossenem Fleiße gekämpft und öfters fast den Mut verloren; allein die edle Gattin, die Mutter seiner Kinder, zur Seite, habe er sich immer wieder aufgerichtet und seine Blicke auf das eine , das Große geheftet, was da not getan! Einsame lange Nächte hindurch habe er mit dem schöpferischen Gedanken gerungen, dessen Früchte nun einer Welt zum Segen gereichen und allerdings nebenbei auch sein redliches Streben gelohnt, einen bescheidenen Wohlstand bereitet haben usw.
    So wird aber Revalenta arabica gemacht in noch vielen Dingen,

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