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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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wieder gut und ich wohl und munter. Auf der anderen Seite aber tauchte die Besorgnis auf, ein derartiges Geständnis möchte doch als schlaue Liebeswerbung angesehen werden und mich in ein schiefes Licht bringen, der Geliebten aber einen trüben Tag bereiten. Ich verfiel daher wieder in ein unruhiges und trauriges Nachsinnen, ob ich es tun solle oder nicht, bis zuletzt es mir doch möglich schien, mit unbefangenem Vertrauen ihr durch offene Darstellung des über mich gekommenen Ungewitters, unter Scherz und Lachen, eine kleine Erheiterung zu gewähren, die sie wohl verdiene, und mir zugleich die verlorene Ruhe zu verschaffen. Und zwar nahm ich mir vor, es sofort zu tun. Es war eben Sonnabend und das gute Wetter auch für den kommenden Tag in Aussicht. Ich beschloß daher, den Sonntagmorgen mit seinem stillen Glanze zu der verwegenen Verhandlung zu benutzen, heut aber mich nicht mehr sehen zu lassen, um nicht durch neue Eindrücke irre zu werden in meinen Vorsätzen.
    Der Morgen geriet auch auf das schönste; ein wirklicher Vorfrühling lachte mit seinem wolkenreinen Himmel durch alle Fenster, und ich war trotz einiger süßen Bangigkeit doch guter Dinge, da ich meiner baldigen Freiheit und Erlösung von der schmählichen Beklemmung entgegensah und mir einbildete, nichts anderes erreichen, zu wollen. Und dennoch beruhte die ganze süße Aufregung, in welcher ich mich feiertäglich herausputzte und fortwährend auf neue Scherze sann, die ich in die bevorstehende Plauderei verflechten wollte, auf dem Selbstbetruge, mit dem ich mir verbarg, daß mich nur der Wunsch beseelte, mit Dorotheen wohl oder übel von Liebe zu sprechen.
    Aber es fand sich, daß sie schon am Sonnabend meilenweit weggefahren war, um eine Freundin zu besuchen, daß sie von dort nach der Residenz gehen und überhaupt mehrere Wochen abwesend sein werde. Damit war alle meine Hoffnung zunichte und der blaue Himmel in meinen Augen schwarz wie die Nacht. Das erste, was ich tat, war, daß ich wohl zwanzigmal den Weg vom Gartenhaus nach dem Kirchhof hin und zurück ging und mich dabei auf die Seite des Pfades drückte, an welcher Dortchen mit dem Saume ihrer Gewänder hinzustreifen pflegte. Aber auf diesen Stationen brachte ich nichts heraus, als daß das alte Elend mit verstärkter Gewalt wieder da war und die Vernunft wie weggeblasen. Das Gewicht im Herzen war auch wieder da und drückte fleißig darauf los.
    Der Graf hatte die ganze Zeit über seiner einzigen Leidenschaft, der Jagd, gelebt und war daher wenig zu Hause geblieben. Jetzt schien er der Sache etwas müde zu sein und begann mich wieder aufzusuchen. Er fand mich in der Kapelle, da ich keinen Grund mehr hatte, in die Wildnis zu laufen, und hier am einsamsten war.
    »Wie steht's denn mit den Bildern, Meister Heinrich?« sagte er, mir auf die Schulter klopfend, »rücken sie vor?«
    »Nicht sonderlich!« erwiderte ich kleinlaut und trübselig.
    »Es eilt ja nicht, Sie sind uns noch lange willkommen! Dennoch seh ich Ihnen am Gesicht an, daß es gut ist, wenn Sie von der Sache mit guter Manier bald frei werden.«
    Du triffst es besser, als du weißt! dachte ich und machte mich plötzlich mit so grimmiger Entschlossenheit an die Arbeit, daß ich vor Ablauf von drei Wochen mit den Bildern fertig war. Während sie zum Trocknen an der Luft standen, bestellte ich beim Tischler die Kisten, in denen sie nach der Hauptstadt gesendet werden sollten. Dann stellte ich einige Streifereien an, um nicht stilliegen zu müssen, und als ich eines Abends spät nach Hause kehrte, sah ich vom Garten aus Dorotheens Zimmer erleuchtet. Mit dem Schlaf, den ich während der letzten fleißigen Tage wiedergefunden, war es nun abermals aus, obgleich ich noch nicht wußte, daß sie wirklich da war.
    Am Morgen erschien Röschen und berief mich zum Frühstücke, welches ihrer Ankunft zu Ehren gemeinsam eingenommen werde. Als ich ins Schloß kam, erklang ihre Stimme durch das Haus; sie spielte und sang wie eine Nachtigall am Pfingstmorgen, und alles war voll Leben und Fröhlichkeit; nur ich war traurig und einsilbig, da das Scheiden nun doch vor der.
    Türe stand.
    Sie schien aber nichts davon zu merken, sondern trieb allerlei Mutwillen, der mich immer wieder aufregte und verwirrte; dabei wandte sie sich immer an andere und brauchte vorzüglich das dienstfertige Röschen als Trägerin und Gehilfin ihrer Possen. Als dieses gelegentlich ein kleines Silberlachen hören ließ, das ich auf meine düstere Laune bezog, lief ich dem

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