Der gruene Stein
anzutreffen ist.«
»Und dann wolltest du auf ihn losgehen und ihn töten?«
»Genau. Wenn er tot ist, dann ist die Anklage gegen dich doch hinfällig, hab ich Recht?«
Makris Sorge rührt mich beinahe.
»Das ist kein schlechter Plan. Aber ich habe gerade den Vizekonsul gebeten, sich für mich einzusetzen, und ich möchte ihn jetzt nicht in eine peinliche Lage bringen, indem ich Grobiax umbringe, bevor es wirklich unbedingt notwendig ist.«
Makri zuckt mit den Schultern. Sie hat mir deshalb keine einzige Frage über die Schlacht von Sanasa gestellt, weil sie es nicht für möglich hält, dass ich vom Schlachtfeld desertiert bin. Das ruft mir wieder ins Gedächtnis, dass ich mit Makri befreundet bin. Ich habe Gewissensbisse, weil ich ihr das Leben so schwer gemacht habe.
»Ich muss einige Kaschemmen nach Barius, dem Sohn von Professor Toarius durchsuchen. Ich glaube, dass wir diesen Diebstahl an der Hochschule rasch aufklären können, wenn wir ein bisschen Druck auf ihn ausüben.«
Makri möchte mitkommen, also marschieren wir beide in die Innenstadt.
»War meine Verkleidung wirklich so schlecht?«, erkundigt sich Makri.
»Nein, so schlecht war sie nicht. Doch ich habe dich an deinem Gang erkannt.«
»Eigentlich brauchte ich gar keine Verkleidung. Aber ich dachte, es wäre besser, wenn die Leute mich nicht erkennen, wenn ich Grobiax umbringe. Da wir beide in derselben Kaschemme wohnen, könnte das den Verdacht auf dich lenken.«
»Ich weiß es zu schätzen, dass du dir diese Mühe machen wolltest. Und es tut mir sehr Leid, dass ich dich angeschnauzt habe.«
»Das war mehr als anschnauzen! Es war Verleumdung und Rufmord!«
»Du übertreibst.«
»Du hast mich ein widerliches orgkisches Scheusal genannt!«
»Dann entschuldige ich mich hiermit in aller Form für diese Beleidigung. Wie immer meinte ich das nur in einem positiven Sinn.«
Die Hitze ist erdrückend. Makri zieht ihren Umhang aus, als wir die staubige Straße entlangtrotten.
»Ich habe die Sache mit Tanrose vermasselt. Als ich ihr vorgeschlagen habe, sie solle sich Zeit nehmen und über ihre Gefühle nachdenken, hatte ich nicht erwartet, dass sie die Rächende Axt verlassen würde.«
»Das ist eigentlich nicht deine Schuld, Makri. Das Problem ist Ghurd. Er ist schon so lange Junggeselle, dass er Angst hat, seine Gefühle ihr gegenüber zuzugeben. Deshalb mäkelt er stattdessen an ihrer Haushaltsführung herum.«
»Um seine Zuneigung zu maskieren?«
»Ja.«
Makri nickt.
»So etwas ist mir gerade in einem Theaterstück des elfischen Barden Lehaal-Heth begegnet. Darin geht es zwar nicht um Buchführung, aber trotzdem sind die beiden Fälle ähnlich. Der große Elfenlord Uthelo-ir-Yill hat seine Königin einmal zum Weinen gebracht, weil er sie des Ehebruchs mit einem Einhorn beschuldigte. Dabei war er nur eingeschnappt, weil sie ihm nicht mehr zum Einschlafen auf ihrer Harfe vorspielte. Das konnte sie aber nicht, weil ihre Finger wund waren. Sie hatte die Mähne des Einhorns zu lange geflochten. Und das musste sie tun, um das Leben ihres Sohnes zu retten, aber natürlich konnte sie das ihrem Gatten nicht verraten, ohne auch gleich den Fluch zu enthüllen, der über ihrer Familie lastete.«
Mir wird schwindlig. »Und die Geschichte ähnelt der Beziehung zwischen Ghurd und Tanrose?«
»Sehr sogar. Wenn die beiden ihre wahren Gefühle rechtzeitig ausgedrückt hätten, wäre das Problem gelöst gewesen, aber sie hüteten beide Geheimnisse, die sie nicht enthüllen wollten. Natürlich hat das schließlich zu einem großen Zwist zwischen den beiden Stämmen von Yill und Evena geführt, der, soweit ich gehört habe, bis heute nicht ganz beigelegt ist.«
»Und das hast du alles in einem Theaterstück gelesen?«
Makri nickt. Anscheinend ist sie eine begeisterte Anhängerin der Stücke des elfischen Barden Leha-al-Heth.
»Es weist zwar ein sehr ungewöhnliches Versmaß auf und ist im Ton sehr archaisch, aber dennoch sehr spannend.«
»Ich werde es bei der nächsten Gelegenheit lesen«, verspreche ich. Damit bringe ich Makri zum Lachen, was sie nicht sehr häufig tut.
»Ist das da drüben in dem Brunnen nicht eine Meerjungfrau?«
Wir starren auf den Brunnen auf der anderen Straßenseite. Zu Füßen der Statue von Sankt Quaxinius sitzt tatsächlich eine Meerjungfrau. Kinder umringen den Brunnen und deuten lachend auf das Fabelwesen. Die Meerjungfrau lächelt verführerisch, kämmt ihr Haar und verblasst langsam.
»Turai wird immer interessanter.
Weitere Kostenlose Bücher