Der gruene Stein
von Harmonius AlpElf, in der er um ein Treffen nachsucht. Ich werfe beide Nachrichten in den Mülleimer und gehe nach unten auf ein Bier. Es macht mich wütend, dass Dandelion hinter dem Tresen steht. Ghurd sieht immer noch so mürrisch aus wie eine niojanische Hure, es gibt nichts zu essen, und ein Haufen Hafenarbeiter empfängt mich mit neugierigen Fragen über die neuesten Zahlen von Toten. Die Vordertür fliegt auf. Ein Regierungsbonze in einer Toga marschiert herein, und ihm folgt ein zweiter auf dem Fuß. Zielstrebig steuern sie auf mich zu, und beide haben eine Schriftrolle in der Hand.
Seit einigen Tagen wimmelt es in der Rächenden Axt nur so von Togas. Es ist schon eine Weile her, seit ich selbst eine getragen habe. Ich habe damals im Palast gearbeitet und sie für offizielle Anlässe angelegt. Es sind ziemlich teure Kleidungsstücke. Sie sind zwar sehr unbequem, aber man signalisiert den Leuten damit, dass man nicht zu den Menschen gehört, die ihre Zeit mit körperlicher Arbeit vergeuden.
»Rhizinius, der Führer der Palastwache, befiehlt Euch stehenden Fußes zu sich«, sagt der erste Bonze. »Um wichtige Staatsangelegenheiten zu besprechen.«
»Der Genehmigungsausschuss des Senats musste feststellen, dass Ihr eine Anordnung des Ermittlungsverbots verletzt habt, und fordert Euch auf, an einer …«
»Ich komme gleich«, sage ich und stürze den Rest meines Kruges hinunter. »Ich muss nur eben meine Stiefel wechseln.«
Ich habe nur ein Paar Stiefel. Aber das wissen die beiden Bonzen ja nicht. Kaum bin ich in meinem Büro, stehe ich auch schon an der Außentür. Ich halte nur kurz inne, um den Minderöffnungszauber zu murmeln.
Die beiden rivalisierenden Straßenverkäufer sind mittlerweile zu schlagenden Argumenten übergegangen. Ich marschiere zwischen ihnen hindurch. Die Wucht meines Körpergewichts schleudert sie in entgegengesetzte Richtungen. Dann gehe ich rasch los, irgendwohin, wo keine Vorladungen, Befragungen und andere Repressalien des Staates auf mich warten.
Das Ganze hat sich mittlerweile zu einem Fiasko entwickelt. Ich habe längst alle Hoffnung aufgegeben, die Angelegenheiten zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Lisutaris wird unausweichlich auf ihrem eigenen Maskenball demaskiert und der ganzen Welt als nutzlose, inkompetente Zauberin präsentiert werden, die das Medaillon verloren und damit die Stadt in ernste Gefahr gebracht hat. Dem wird sehr schnell eine allgemeine Jagd auf alle schuldigen Beteiligten folgen, die mit Sicherheit mich einschließt. Man wird mich anklagen, dass ich ein Verbrechen nicht gemeldet, die Behörden behindert und den Konsul belogen habe. Weiterhin habe ich mich gegen den ausdrücklichen Wunsch des Senats und Gott weiß wen sonst noch gestellt. Selbst der Versuch, mich auf das Detektiv-Klient-Vertrauensverhältnis zu berufen, das in Fällen der Nationalen Sicherheit ohnehin sehr wacklig ist, wird mir nichts nützen. Man hat mir ja meine Lizenz weggenommen, und ich kann folglich nicht länger behaupten, ein Detektiv im rechtlichen Sinne des Wortes zu sein. Wahrscheinlich erwartet mich ein Gefängnisschiff. Möglicherweise lande ich sogar auf einer Sklavengaleere.
Ich versuche krampfhaft, mir einen Weg aus dieser bedrohlichen Lage auszudenken. Plötzlich wächst ein goldener Baum aus der Straße vor mir und steht ganz hübsch anzusehen da. Mittlerweile wird dieses Auftauchen von Fabelwesen allerorten ziemlich beunruhigend. Es gibt selbst für Zauberei den richtigen Moment und den richtigen Ort, und der befindet sich keinesfalls auf dem Quintessenzweg, und zwar ausgerechnet dann, wenn ich mich konzentrieren will. Auch wenn der Baum noch so hübsch ist, scheint sich niemand über den Anblick zu freuen. Die Umstehenden murmeln beunruhigt etwas von bösen Vorzeichen, die die Zerstörung der Stadt vorhersagen, und die Nervöseren unter ihnen fangen an zu jammern und knien sich hin.
Ich habe einige Erfahrung mit solchen Dingen. Im Magischen Raum, einer Art zauberischer Dimension, zu der nur Leute mit Zauberkräften Zugang haben, erscheinen die ganze Zeit Dinge und verschwinden auch wieder. Wenn es sich um Blumen und Einhörner handelt, mag das ja ganz in Ordnung sein. Aber letztes Mal war es eine Vulkanexplosion, und ich konnte gerade noch mein Leben retten. Wenn der Magische Raum aus irgendeinem Grund nach Turai hindurchbricht, könnte das sehr wohl die Zerstörung der ganzen Stadt bedeuten. Es ist zwar eigentlich unmöglich, aber ich kann mir keine andere
Weitere Kostenlose Bücher