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Der Grüne Strahl

Der Grüne Strahl

Titel: Der Grüne Strahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ausdrucksvoller Überzeu-
    gung aussprechen?«
    »Wenn ich ihn nun riefe?« murmelte Miss Campbell.
    Und mit ihrer frischen Stimme ließ sie wiederholt den
    Namen des alten Barden durch das Zittern des Windes er-
    schallen.
    Doch trotz des sehnlichsten Verlangens von Miss Camp-
    bell, obwohl sie ihn dreimal gerufen hatte, antwortete ihr
    doch nur das Echo. Der Schatten Ossians erschien nicht im
    väterlichen Palast.
    Inzwischen war die Sonne hinter dichten Nebeln ver-
    sunken. Die Grotte füllte sich mit düsteren Schatten und
    draußen wurde das Meer immer unruhiger; seine langen
    Wellen begannen sich schon an den letzten Basaltsäulen zu
    brechen.
    Die Besucher begaben sich also in die schmale, schon
    halb von Wasserschaum bedeckte Galerie zurück; sie gin-
    gen raschen Schritts um die vom Wind heftig getroffene
    Ecke der Insel, gegen die der Sturm von der Seeseite her an-
    donnerte; weiterhin befanden sie sich vorläufig geschützt
    auf dem an der anderen Seite verlaufenden Uferdamm.
    Das schlechte Wetter hatte sich seit 2 Stunden noch
    deutlich verschlimmert; der rasende Wind stieß sich schon
    an der hohen Küste Schottlands und drohte, zum vollen Or-
    kan anzuwachsen.
    Durch die Basaltwand des Strands gedeckt, konnte Miss
    Campbell mit ihren Begleitern jedoch Clam Shell bequem
    erreichen.
    — 249 —
    Am folgenden Tag entfesselte sich der Wind unter er-
    neutem Sinken der Barometersäule mit furchtbarem Unge-
    stüm; noch dichtere blaugraue Wolken erfüllten den Him-
    mel und jagten ziemlich niedrig über die Erde hin. Noch
    regnete es zwar nicht, aber auch die Sonne blieb unsichtbar;
    höchstens schien sie einmal in langen Abständen.
    Miss Campbell schien von diesem widrigen Wetter we-
    niger verstimmt zu werden, als man es hätte glauben sol-
    len.Dieses Leben auf einem vom Sturm gepeitschten Ei-
    land entsprach ganz ihrer feurigen Natur. Wie eine Heroine
    Walter Scotts gefiel sie sich darin, zwischen den Felsen von
    Staffa, in ganz eigenartig neue Gedanken versunken und
    meist allein umherzuirren, wobei denn auch niemand sich
    ihr zur Begleitung aufdrängte.
    Wiederholt kehrte sie auch zur Fingalshöhle zurück, de-
    ren poetische Eigentümlichkeit sie lebhaft anzog. Hier ver-
    träumte sie ganze Stunden, ohne je der erhaltenen Warnung
    zu gedenken, sich nicht unachtsam in diesen unterirdischen
    Palast zu begeben.
    Am nächsten Tag, dem 9. September, hatte sich das Ma-
    ximum des Tiefs an die Küsten Schottlands verschoben. Im
    Mittelpunkt dieses Wirbels bewegten sich die Luftströme
    mit unglaublicher Schnelligkeit – das war ein wirklicher
    Orkan. Es wäre unmöglich gewesen, ihm auf dem Oberland
    der Insel standzuhalten.
    Gegen 7 Uhr abends, eben als das Diner sie erwartete,
    — 250 —
    bemächtigte sich Olivier Sinclair und der Brüder Melvill
    eine namenlose Angst.
    Miss Campbell, die vor 3 Stunden weggegangen war,
    ohne zu sagen wohin, hatte sich noch nicht wieder blicken
    lassen.
    Vorher warteten alle mit steigender Ungeduld bis um
    6 Uhr . . . Miss Campbell erschien nicht.
    Mehrmals stieg Olivier Sinclair nach dem Plateau der
    Insel hinauf . . . er sah keine Seele.
    Der Sturm wütete jetzt mit einer Gewalt ohnegleichen,
    und das sich zu furchtbaren Wogenbergen auftürmende
    Meer donnerte ohne Unterlaß an die nach Südwesten gele-
    gene Küste der Insel.
    »Unglückliche Miss Campbell!« rief plötzlich Olivier
    Sinclair, »wenn sie sich jetzt noch in der Fingalshöhle be-
    findet, muß sie Hilfe bekommen, sonst ist sie rettungslos
    verloren.«
    20. KAPITEL
    Für Miss Campbell
    Einige Augenblicke später war Olivier Sinclair schon am
    Uferdamm entlang hingeeilt und hatte, da wo die Basalt-
    treppe in die Höhe führt, den Eingang der Grotte erreicht.
    Die Brüder Melvill und Patridge folgten ihm auf dem
    Fuß nach.
    Mrs. Bess war in unaussprechlicher Angst in Clam Shell
    — 251 —
    zurückgeblieben, bereitete aber alles vor, um Helena bei ih-
    rer Rückkehr zu empfangen.
    Das Meer stieg jetzt schon so hoch, daß es den oberen
    Treppenabsatz bespülte; ja, es schäumte sogar über das Ei-
    sengeländer hinweg und machte jedes Vordringen auf der
    inneren Seitengalerie unmöglich.
    Aus der Unmöglichkeit, zu Fuß in die Grotte einzudrin-
    gen, ergab sich auch die Unmöglichkeit, daraus zu entkom-
    men. Wenn Miss Campbell sich darin befand, war sie eine
    Gefangene. Aber wie es wissen, wie zu ihr gelangen?
    »Helena! Helena!«
    Konnte dieser in das Toben der Wellen hineingerufene
    Name wohl

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