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Der gute Liebhaber

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Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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es gar nicht den Anschein, als würdest du viel Hilfe brauchen.
    Hast du eine Ahnung, wie Una über mich denkt?
    Die habe ich, aber fragen musst du sie selber.
    Wie ist ihr Mann?
    Er engt sie ein.
    Wie kann ich sie erreichen, jetzt?
    Ruf sie auf ihrem Handy an.
    Wacht nicht der Mann davon auf?
    Sie schlafen in getrennten Zimmern. Aber es wäre besser, wenn er nicht aufwacht. Er ist eifersüchtig, auch wenn er gar keinen Anlass dazu hat.
    Nun beschlich Karl Ástuson das Gefühl, als würde die düstere Ahnung dieser Nacht doch in Erfüllung gehen. Dass es ihm vorherbestimmt war, im Nachbarhaus von Unas Haus umgebracht zu werden, und zwar nicht ohne Grund. Und brachte er nicht auch Una in Gefahr, wenn der Mann aufwachte?
    Weißt du, ob er einen tiefen oder leichten Schlaf hat?
    Er schläft wie ein Stein. Das tun viele von diesen knallharten Typen.
    Soll ich anrufen? Oder wäre es vielleicht besser, wenn sie erst deine Stimme hört, damit sie nicht zu sehr erschrickt?
    Vielleicht, sagte das Gespenst des Hauses. Soll ich jetzt gleich anrufen?
    Wozu warten, hörte Karl Ástuson sich selber mit resoluter Stimme sagen, und im gleichen Moment kamen ihm Zweifel daran, ob er noch bei Sinnen beziehungsweise ob er überhaupt wach und auf dieser Welt war; und obendrein am Silberstrand fünf in einem Haus, das es noch nicht gegeben hatte, als er mit Una am Sonnenscheinabend im Garten von Nummer drei saß, als die Zukunft sich auftat, so weit und so strahlend, dass die Stunde davor verblasste.
    Er sah zu, wie Sigrídur anrief. Sie sagte etwas, was er nicht hörte, und dann reichte sie ihm das Telefon.
    Grüß dich und entschuldige die Störung, sagte er und redete sofort weiter, ohne dass Una die Möglichkeit erhielt, auch nur ein einziges Wort der Begrüßung einzuschieben.
    Dank einer Kette von überaus seltsamen Zufällen befinde ich mich im Haus nebenan, und ich hatte das Gefühl, dass ich jetzt oder nie herausfinden muss, ob du vielleicht mit mir reden möchtest. Jetzt gleich, wenn es geht.
    Ja, flüsterte sie und legte auf.
    Sigríður sah Karl Ástuson fragend an. Er sagte ihr, dass Una kommen würde.
    Dann muss ich ein paar Eierkuchen aufwärmen, erklärte die Frau seufzend.
    Eierkuchen, das ist doch wirklich nicht nötig, erklärte er salbungsvoll wie ein Seelsorger in einer Feierstunde.
    Im Nachhinein begriff er nicht, weshalb er sich nicht ans Fenster gestellt hatte, um Una aus dem Nachbarhaus herüberkommen zu sehen, zu den Treppen des Hauses, in das er sich verirrt oder zu dem er den Weg gefunden hatte, je nach Sichtweise. Aber dieser Anblick, den er nie sah, war das, was ihm die ganze Zeit viel klarer vor Augen stand als das, was er in Wirklichkeit sah, als sie zur Tür hereintrat, in einem langen veilchenblauen Mantel, mit verwuscheltem Haar.
    Sie sah ihn an und lächelte. Dann bückte sie sich rasch, um aus den Lederstiefeln zu steigen. Sie hatte keine Zeit gehabt, Socken anzuziehen. Er verspürte einen Kloß im Hals, als er auf ihre nackten Zehen blickte, die unter den Hosenbeinen ihres Pyjamas zum Vorschein kamen. Er hätte sie gerne gefragt, ob er ihr aus dem Mantel helfen dürfe, aber er traute sich nicht zu reden, die Stimme würde entstellt klingen. Das kam als Auftakt nicht in Frage. Dies war eine sogenannte Schicksalsstunde, die er nicht dadurch vermasseln durfte, dass er bereits in der Garderobe weinerlich klang.
    Sie zog sich den Mantel selber aus. Er nahm ihn wie ein königlicher Butler entgegen und hängte ihn auf, und dann stand Una in ihrem nachtblauen Seidenpyjama in der Diele und hielt eine flaschengrüne Handtasche an sich gedrückt. So abhängig war eine Frau von ihrer Handtasche, dass sie eher an sie dachte als daran, sich etwas anzuziehen, und seien es nur ein Paar Socken, wenn sie sich mitten in der Nacht gezwungen sah, von einem Haus ins andere zu gehen.
    Hallo, liebe Una, komm herein, sagte Sigríður. Soll ich dir nicht einen Bademantel und Socken leihen?
    Danke, sehr gern.
    Una ging vor Karl ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa nieder. Er setzte sich in den Sessel ihr gegenüber. Sie schien verstört zu sein und sah unverwandt in eine Ecke, als befände sich dort ein böser Geist, der auch nicht verschwinden würde, wenn sie woanders hinblickte.
    Unterdessen erforschte ein vornübergebeugter Karl Ástuson den Teil des Teppichs, der am weitesten von Unas Zehen entfernt war. Trotzdem übten diese weiblichen Zehen eine derartige Wirkung auf ihn aus, dass er erst, als sie im sicheren Hafen

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