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Der gute Liebhaber

Der gute Liebhaber

Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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Gebrauch machen musste, aber Lotta war immer für alles gewappnet. Sie tauchte strahlend in einem minzgrünen Seidenkleid aus ihrem Büro auf, und er öffnete eine ganz besondere Champagnerflasche.
    Er war schon lange nicht mehr so gut gelaunt gewesen. Die Geschäfte – auf Isländisch bezeichnete er sich als Spekulanten – waren unglaublich gut gelaufen. Innerhalb von einer Woche hatte er größere Summen gescheffelt als je zuvor in einem so kurzen Zeitraum. Allerdings bereitete es ihm Kopfzerbrechen, was er mit diesem Geld machen sollte. Er musste sich wirklich ins Zeug legen und erstklassige Lösungen finden, um diese Summen zu vervielfältigen. Akzeptables Risiko, wenige Eier in viele Körbe, das war die Devise.
    Selbstverständlich hatten Champagner und andere Weine ihn beschwipst gemacht, sonst hätte er wohl nie angefangen, über Ástamama zu sprechen. Nicht auf diese Weise. Er hatte nie jemandem davon erzählt, wie es war, als sie auf dem Totenbett lag, als sie starb. Niemandem außer Una, und auch ihr nur begrenzt. Es war einfach nicht möglich, in allen Einzelheiten darüber zu reden; und das hatte er auch nicht getan; er hatte verschwiegen, dass er selber hatte sterben wollen; dass er auch krank geworden war, es aber zum Sterben nicht gereicht hatte.
    Vielleicht hatte ihn gerettet, dass er es Ástamama nicht antun wollte, gleich zu sterben, denn natürlich hätte sie gewollt, dass ihr Liebling weiter existierte auf ihrer Lieblingserde mit allem, was auf ihr war, mit Bergen und Seen und Vögeln und Bäumen – und Menschen.
    Er erzählte Lotta, wie seine Mutter sich durch die Krankheit nicht hatte beirren lassen, sondern sich darauf konzentrierte, ihm alle Wege zu ebnen. Wie lieb sie immer mit ihm geredet hatte. Kurz nach der ärztlichen Diagnose, noch bevor sie von der Krankheit gezeichnet war, hatte sie einen ganzen Abend lang mit ihrem Sohn darüber gesprochen, wie viel er ihr bedeutete, wie unsäglich glücklich sie gewesen war, als er zur Welt kam; dass er alles für sie sei und der wunderbarste Mensch, den sie kannte; dass nicht sie ihn geformt hatte, sondern er sich selber, dass er wundersam sei. (Das war das Wort, das sie für Karl Ástuson verwendete, wundersam. Klang geradezu biblisch, stellte er fest, als er erwachsen war, aber er liebte es.)
    Und dann begann sie mit der Vorbereitung. Tag für Tag, Woche für Woche bereitete sie Karl Ástuson auf das Unausweichliche vor – dass sie im Begriff war, diese Welt mit allem, was in ihr war, zu verlassen, darunter vor allem ihren Sohn. Er war sich vollkommen sicher, dass er nur hatte überleben können, weil sie ihn vorbereitet hatte, weil sie ihm, bevor sie ging, beigebracht hatte, wie er ohne sie existieren konnte.
    Sie schärfte ihm ein, dass er sich seine Frau gut auswählen müsse: Es ist das Allerbeste, wenn man gut verheiratet ist, das Zweitbeste ist, allein zu leben. Sie schärfte ihm ein, dass der Partner interessant und nett sein müsse, vor allem im Hinblick darauf, dass man mit ihm über Gott und die Welt reden könne. Das war die Hauptsache, und dazu ein anständiger Charakter.
    Du darfst nicht den Fehler machen, eine zickige und kratzbüstige Person zu heiraten, mein lieber Kalli. Es gibt nichts Unangenehmeres, als von launischen und jähzornigen Menschen umgeben zu sein. Ich bin sicher, dass es einem das Leben verkürzt, gar nicht zu reden davon, wie es einem das Leben verleidet. Derartige Charakterfehler lassen sich auch nicht wieder zurechtbiegen, nein, das funktioniert meist überhaupt nicht.
    Das Problem ist, dass uns in jungen Jahren die Menschenkenntnis fehlt, hatte Ástamama hinzugefügt. Mir wäre es nie im Leben eingefallen, mich mit Fríðas Vater einzulassen, wenn ich ein paar Jahre älter und klüger gewesen wäre.
    Bemühe dich, Kopf und Herz in Einklang zu bringen. Sobald du merkst, dass deine Freundin Charakterfehler hat, die nicht leicht zu ertragen sind, dann mach dich aus dem Staub, bevor du nicht mehr zurückkannst. Man kann sich sein ganzes Leben ruinieren, wenn man die falsche Partnerin wählt.
    Nimm dich vor allem davor in Acht, dich von einer Frau vereinnahmen zu lassen. In dieser Hinsicht können Frauen gemeingefährlich sein, und Männer sind nicht genug auf der Hut, sie sind so unglaublich unschuldig. Das ist zwar schön, wirkt sich aber leider meist nachteilig für sie aus.
    Und Karl Ástuson erzählte Lotta, dass es seiner Mutter über einen langen Zeitraum hinweg gelungen war, mit Gesprächen über alle

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