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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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dir?« Nina beugt sich vor.
    »Ich habe keine Jobangebote bekommen. Ich behandle meine Klienten. Ich gebe einen Abendkurs.«
    »Hast du jemanden?«
    »Nein. Ich arbeite. Ich bin ein alternder Melancholiker. Ich gehe nirgendwohin. Ich bin beschädigte Ware.«
    »Frauen lieben das.«
    »Ich lerne keine Frauen kennen. Ich lerne Studentinnen kennen und verängstigte Klientinnen.«
    »Du gehst dem aus dem Weg, du igelst dich ein.«
    »Ich bin nur an einer Frau interessiert«, sagt er.
    »Eine glückliche Frau«, lächelt sie.
    »Vielleicht«, sagt er, »vielleicht. Wie auch immer, das sind die Fakten.« Er nimmt einen Schluck aus seinem Glas. Die bittere Flüssigkeit kriecht in seinen Körper und wärmt ihn. Er beugt sich zu ihr, betrachtet sie aufmerksam, liest Zärtlichkeit und Mutwillen in ihren Augen. Sie sieht ihn an: »Irgendetwas bekümmert dich.«
    »Noch ein Brandy, dann ist es vorüber.«
    »Es wird nicht vorüber sein; es gerät nur für einen Moment in Vergessenheit.«
    »Ich möchte mit dir schlafen.«
    »Ich kann das jetzt nicht. Das habe ich dir schon am Telefon gesagt.«
    »Dann lass mich gucken.«
    »Gucken?«
    »Du kannst dich nackt auf dein Bett legen, und ich sehe dich nur fünf Minuten lang an, dann gehe ich in mein Zimmer und lege mich schlafen. Ich verspreche es. Keine Hände. Nur um noch einmal das Innere deiner Schenkel zu sehen, deine Brustwarzen. «

    Sie legt den Kopf schräg. »Ich kann nicht, aber mach bitte weiter.«
    »Manchmal schießt mir eine Erinnerung durch den Kopf; am helllichten Tag, das Bild deiner Brustwarzen, wie aus dem Nichts. Ich bekomme mitten in der Vorlesung weiche Knie. Ich frage mich, was Schacter dazu zu sagen hätte. Ich erinnere mich daran, wie ich sie zum ersten Mal berührt habe, in jenem Sommer am Brunnen gegenüber der Abteilung für Sehkraftmessung. Im Gebüsch war ein Eichhörnchen, du hast dich gefürchtet, und sie sind steif geworden.«
    Sie lacht. »Das arme Eichhörnchen, so die Schuld zugeschoben zu bekommen.«
    »Zu jeder guten Erinnerung gehört ein Eichhörnchen im Gebüsch«, sagt er.
    »Und Brüste, zumindest aufseiten der Frau«, sagt sie.
    »Und ein Brunnen aufseiten des Mannes«, sagt er.
    »Und eine Abteilung für Sehkraftmessung«, sagt sie.
    »Nun, die ist vielleicht nicht nötig.«
    Sie lächelt ihm voller Wärme zu. »Du siehst gut aus. Ich habe dich vermisst.«
    »Ging mir genauso«, sagt er. »Und jetzt sind wir hier, und ich vermisse dich immer noch.«
    Danach bleiben sie lange Zeit an diesem Tisch sitzen. Er trinkt zu viel. Schließlich sagt sie: »Ich bringe dich auf dein Zimmer, und du gehst zu Bett. Wie ist deine Zimmernummer?«
    »314. Und deine?«
    »328.«
    »In der Nähe. Ich komme heute Nacht vorbei und klopfe an deine Tür. Ich werde nicht schlafen können.«
    »Du wirst nicht kommen. Du bist betrunken. Du gehst ins Bett.«

    »Und wenn ich komme, wirst du aufmachen?«
    »Nein.«
    »Doch.«
    »Werde ich nicht.«
    »Du wirst nicht vergessen, Billie den Teddybären zu geben?«
    »Das werde ich nicht.«
    »Er hat einen Knopf auf dem Rücken, dann schlägt er die Becken zusammen.«
    »Komm, gehen wir hinauf.«
    Sie hilft ihm, vom Tisch aufzustehen, stützt ihn am Ellbogen und schlingt ihren Arm in den seinen. Sie verlassen die Bar und machen sich auf den Weg zum Aufzug. An der Tür lächelt ihnen die Kellnerin zum Abschied zu. Im Aufzug stehen sie da und umarmen sich. Sie verlassen den Aufzug und gehen mit langsamen, aufeinander abgestimmten Schritten über den Flur. Der weiche Teppich verschluckt das Geräusch ihrer Schritte. Es ist sehr still.
    »Ich hasse Hotels«, sagt er. »Ein Hotelzimmer ist wie eine Hure, die für dich das Höschen gewechselt hat.«
    »Danke, dass du gekommen bist«, flüstert sie.
    »Dachtest du, ich würde mir einen Vortrag von Schacter entgehen lassen?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagt sie lächelnd.
    Sie kommen an seine Tür. Er zieht die Schlüsselkarte aus der Tasche.
    »Gute Nacht«, sagt sie. Sie lehnt sich gegen ihn und küsst ihn auf die Wange. Sie steht vor ihm, nimmt seine Hand und legt sie sich auf die Brust. Er schließt die Augen. Sie stehen schweigend da. Sie nimmt seine Hand weg, küsst zart seinen Handrücken, lässt los, dreht sich um und geht davon. Seine schmerzenden Augen folgen ihr. Er möchte ihr nachlaufen, sie packen und
festhalten, doch er gibt sich geschlagen. Er betritt sein Zimmer, kriecht zwischen die samtigen Laken. Bevor er einschläft, taucht plötzlich das Bild seiner

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