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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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beruflich. Kein Wort über die andere Sache. Ruf mich an. Bitte.«

36
    H eute Abend werden wir einige bekannte Therapiehindernisse einer genaueren Betrachtung unterziehen«, sagt der Psychologe. »Zunächst jenes, das wir als interpretatorischen Überschwang bezeichnen könnten. Der frischgebackene Therapeut, in heller Aufregung darüber, dass man ihn mit den Werkzeugen zur Interpretation ausgestattet hat und auch mit der Autorität, sie zu benutzen, wird immer dazu neigen, exzessiven Gebrauch von ihnen zu machen. Wie ein Autofahrer nach bestandenem Führerschein, ein neuer Rekrut, der zum ersten Mal ein Gewehr in der Hand hält, ist der junge Psychologe eifrig auf der Suche nach einer Gelegenheit, die Macht zu nutzen, die ihm verliehen wurde, und seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Nehmen wir an, Sie haben einen ängstlichen Klienten vor sich. An einem verschneiten, frostigen Morgen ein paar Monate zuvor kam der Wagen des Klienten auf dem Weg zur Arbeit auf einer eisglatten Highwaybrücke ins Rutschen, prallte von der Leitplanke ab, überschlug sich und kam zum Stillstand, glücklicherweise auf dem Mittelstreifen. Seit jenem Tag schreckt der Klient davor zurück, zur Arbeit zu fahren, aber insbesondere hat er eine Aversion gegen das Überqueren von Brücken. Er hat eine lähmende Phobie entwickelt. Wie behandeln wir ihn?«
    »Indem wir ihn der Situation aussetzen«, sagt Jennifer. »Er muss viele Male üben, über eine Brücke zu fahren. Wir können mit einer kleinen Brücke auf einer Landstraße beginnen und uns dann langsam steigern …«

    »Sehr gut; und der Psychologe?«
    »Der Psychologe wird den Klienten beaufsichtigen. Sie sagten, der Psychologe darf einen Klienten bei solchen Aufgaben, in denen er sich exponiert, begleiten. Wir dürfen ihn zum Aufzug in einem Hochhaus begleiten, wenn er eine Aufzugphobie oder Höhenangst hat. Wir können ihn in den Zoo begleiten, wenn er sich vor Schlangen fürchtet. Wir müssen ihn unterstützen, wie ein Gerüst, sagten Sie …«
    »Richtig«, sagt der Psychologe, »ein gut geplanter Ausflug in den Alltag des Klienten, zur Beobachtung oder als Unterstützung einer therapeutischen Übung, ist oftmals angebracht und begrüßenswert. Auch in diesem Fall nützt es uns, wenn wir das einengende viktorianische Erbe des großen Wieners von uns abschütteln. Beispielsweise werden wir, auf unseren Fall bezogen, unseren Klienten mit der Brückenphobie zu der Brücke begleiten wollen. Und warum ist das so?«
    »Wenn er über die Brücke fährt, können wir ihm helfen«, sagt Jennifer, »ihn daran erinnern weiterzuatmen. Ihn daran erinnern, seinen inneren Dialog zu überprüfen, irrationale Gedanken infrage zu stellen; ihn daran erinnern, mit dem Fluss seiner Gefühle mitzugehen, dass negative Gefühle nicht immer schlecht sind und nicht das Ende der Welt. Wir können ihn in regelmäßigen Abständen nach seinem Angstpegel fragen und seine Fortschritte aufzeichnen, um zu sehen, ob seine Angst nachlässt. Wie Sie sagten, führt wiederholtes Sichaussetzen zu einer Anpassung des Nervensystems, und wenn die Aktivität des Nervensystems nachlässt, lässt auch die Angst nach.«
    »In der Tat«, sagt der Psychologe, »das alles ist richtig, aber noch nicht vollständig. Was fehlt? Welchen anderen Grund haben wir, um den Klienten begleiten zu wollen?«

    Jennifer beißt sich auf die Lippen und beginnt, in ihren Notizen zu blättern.
    Schweigen. Der Psychologe lässt den Blick durch den Raum wandern; er hebt die Hände. Nathan sitzt aufrecht da und starrt ins Leere. Die Mädchen mit den weißen Zähnen lächeln höflich. Das pinkhaarige Mädchen wirft Eric einen Seitenblick zu.
    »Um zu sehen, ob er überhaupt fahren kann«, verkündet Eric unvermittelt. »Vielleicht ist er einfach nur ein lausiger Fahrer und hat sich deshalb überschlagen, und dann sollte er zu Hause bleiben und sich vom Highway fernhalten oder vielleicht fahren lernen, ehe er mitten im Winter losfährt, um zu üben, sich zu exponieren …«
    »Ja«, sagt der Psychologe lächelnd, »in der Tat. Der Experte möchte stets, dass die richtigen Antworten seinem Fachbereich entstammen. Aber unser Fachbereich ist für die richtigen Antworten nicht von Interesse.«
    »Als Motorradfahrer«, fährt Eric fort, »muss ich Ihnen sagen, dass schlechte Fahrer meine größte Sorge sind.«
    Jennifer rollt die Augen und seufzt in ihr Notizbuch.
    Der Psychologe lächelt: »Wir wollen uns bitte vom wilden Highway ab- und wieder unserer

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