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Der gute Stalin

Der gute Stalin

Titel: Der gute Stalin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Jerofejew
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Helden gefeiert wurden. Nach der Heirat sorgte Vater dafür, dass Mutter eine ungefährlichere Arbeitsstelle bekam, nämlich in der Presseabteilung des Außenministeriums.
    In Paris muss sich Mutter nicht mehr im Botschaftsbunker verstecken. Sie ist die Frau des Botschaftsrats für Kultur. Von ihr wird erwartet, dass sie sich gut kleidet, zu Empfängen geht und mit Louis Aragon und Yves Montand plaudert. Meine Eltern schaffen sich alle möglichen nützlichen Gegenstände und Geräte an, die Spielzeug ähneln: Mama bekommt ein rotes Necessaire mit einem Zöpfchen aus bunten Fäden, verschiedenen kleinen Scheren und einem goldglänzenden Fingerhut, sie trocknet sich das Haar mit einem Fön; Papa rasiert sich mit einem elektrischen Rasierapparat von »Philips« mit kleinen Rädchen. Ich bin neidisch, ich möchte damit spielen. Zu großen Regierungsempfängen zieht Papa einen Smoking mit weißer Fliege an. Er besitzt eine ganze Sammlung von Manschettenknöpfen. Die Zahl der Krawatten wächst. Mama steht vor dem Spiegel in einem knöchellangen goldglitzernd-roten Spitzenkleid. Vater treibt zur Eile an: »Wir müssen los.«
    Achtung! Sie werden im Präsidentenpalais fotografiert. Mama wirft den Kopf leicht zurück, Papa blickt mondän in die Kamera. Supereltern!
    Wir wohnen im siebten Arrondissement, in einer noblen Villa, über deren Hof aufgeregte russische Chauffeure eilen, ein SIS mit roter Standarte fährt vor, Botschafter Winogradow tritt auf die Vortreppe hinaus, und meine Eltern bringen mir für alle Fälle, sollte ich mich verlaufen, die Adresse unserer Botschaft bei: Rue de Grenelle, soixante-dix-neuf. Im Botschaftsgarten stromert Tschernomor, der große schwarze Hund des Botschafters, herum, der sich übrigens später als Hündin entpuppt. Im Teich Goldfische. In unserem Wohnzimmer ein echter Kamin mit hoher Marmorablage, der allerdings nicht funktioniert.
    Auch ich verändere mich zusehends. Angefangen bei der Unterwäsche. Statt Unterhosen, Marke »Dynamo«, trage ich nun weiße Slips, die ein bisschen aussehen wie knappe Badehosen, vorn mit verdecktem Schlitz – wegen dieser Slips werde ich später in Moskau noch einigen Ärger haben –, und echte Shorts, die über dem Knie aufhören. Ich trage einen dunkelblauen Baumwollpullover – von der Existenz solcher Pullover wird Moskau erst in den neunziger Jahren erfahren – und eine Jacke mit aufgesetzten Taschen. Mama und ich verlassen die Botschaft, biegen nach rechts ab, gehen an einigen Häusern vorbei: Auch ich lasse mir die Haare bei einem echten Pariser Friseur schneiden, bei dem es erstaunlich weiche Sessel gibt. Meine Eltern machen sich den französischen Stil zu Eigen. Sie sind jung, schlank und wie dafür geschaffen. Wir kleiden uns gut, doch darüber zu reden gilt als geschmacklos. In unserer Familie herrscht ein Verbot; Geckenhaftigkeit wird als abstoßend empfunden. Meine Eltern werden nach und nach Ausländern ähnlich.
    *
    Der Ausländer ist ein Feind. Papa arbeitet auf feindlichem Territorium. Paris ist ausschließlich von Feinden bevölkert. In der ganzen Stadt werden in Moskau verbotene ausländische Zeitungen verkauft, das Radio spricht über verbotene Themen, die Kinos zeigen verbotene Filme, ausländische Fahnen wehen in der Stadt. Die sowjetischen Diplomaten verlassen das Botschaftsgelände, als ob sie in den Krieg zögen. Kaum einer glaubt, lebendig nach Hause zurückzukehren. Der sowjetische Botschafter Pawlow, Winogradows Vorgänger, meldete stolz nach Moskau, dass er im Laufe eines ganzen Jahres nicht einen Franc darauf verwendet habe, Franzosen in der Botschaft zu empfangen.
    Papa kam in dem Moment nach Frankreich, als der Schädlichkeitsgrad von Ausländern etwas gesunken war. Als Touristen reisten sie in Gruppen nach Moskau und Leningrad. Papa half, diese Reisen zu organisieren. Er war unter der sowjetischen Losung der internationalen Entspannung nach Paris gekommen. Dennoch war alles gut, was den Westen schwächte, spaltete, subversiv wirkte. Natürlich war mein Vater ein echter diplomatischer Terrorist. Er träumte von einer kommunistischen Regierung in Frankreich, von einer sozialistischen französischen Republik. Kaum anzunehmen, dass er den Franzosen ihre Orangen und ihren Wein nehmen oder das Schlangestehen nach Milch und Camembert einführen wollte. An so etwas dachte er nicht. So weit ging seine Fantasie nicht. Hunger in Paris, Erschießungen und Säuberungen sollten andere organisieren. Leute, die er nicht mochte.
    Mein

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