Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
Vom Netzwerk:
Reisegefährten Ausschau gehalten hatte.
    Der Franzose hatte daraufhin beschlossen, ihm zu folgen, und war in den höheren Teil der Basilika hinaufgestiegen, doch als er oben auf der Empore ankam, war der Mann verschwunden. Wo mochte er geblieben sein? Uberto hätte ihn von seinem Platz aus ganz leicht entdecken können. Wenn er sich dem Chor zugewandt hätte, hätte er sehen können, wie der Mann im Halbdunkel zur Krypta schlich und den Eingang gegenüber dem wählte, den Ignazio und Scalò benutzt hatten.
    Doch der Junge blickte in eine ganz andere Richtung.

15
    Die Krypta bestand aus drei Schiffen, einem riesigen Mittelschiff und zwei kleineren Seitenschiffen. Die Decken wurden von schweren Spitzbogen getragen, die in Marmorsäulen oder den seitlichen Mauern ausliefen. Der Schein der Kerzen konnte zwischen den massiven Blöcken aus feuchtem Gestein nur schwer bestehen und warf flüchtige Lichtblitze in das Dunkel der Nischen.
    Hier unten herrschte eine beklemmende Atmosphäre: Die Bogen schienen zu zittern, als rängen sie nach Luft.
    Ignazios Atem ging schneller, doch je tiefer er atmete, desto mehr hatte er den Eindruck, als entwiche die Luft aus seinen Lungen. Er schrieb dies seiner inneren Unruhe zu: Der Gedanke, dass Rainerio da San Donnino und der unheimliche Scipio Lazarus in den Mord an Abt Maynulfo verwickelt waren, beschäftigte ihn immerfort. Mit schweißbedeckter Stirn sah er sich um. Er war bereits früher hier gewesen, doch da hatte er die Krypta mit ganz anderen Gefühlen betreten, hatte die Schätze bewundert, die hier im steinernen Bauch der Basilika verwahrt wurden. Und sich einen Spaß daraus gemacht, die Lichtstrahlen zu beobachten, die von außen hereinfielen und vorwitzig wie die Finger neugieriger Kinder an den Wänden entlangstreiften.
    Doch jetzt war alles anders.
    An der Seite des Conte Scalò durchschritt er das westliche Schiff der Krypta, bis sie in der Mitte des Raumes stehen blieben. Dort drangen Sonnenstrahlen durch die schmalen Fenster der Apsis und durchbrachen die Dunkelheit.
    »Für gewöhnlich ist die Krypta geschlossen.« Die Stimme des Conte hallte von an der Gewölbedecke wider. »Ich habe dafür gesorgt, dass sie nur für uns geöffnet wird, damit wir hier ungestört sprechen können.«
    »Endlich werdet Ihr mir den Grund enthüllen, warum Ihr mich von so weit her zu Euch gerufen habt«, sagte der Händler.
    »Das werde ich, doch zuerst erzählt mir, was Ihr noch über die Engel wisst.«
    Zum ersten Mal verriet Ignazios Miene so etwas wie Ungeduld. »Was spielt das für eine Rolle?«
    Der Conte sah ihn ernst an. »Eine größere, als Ihr Euch vorstellen könnt.«
    Ignazio wusste zwar nicht, was Scalò damit andeuten wollte, daher gab er eine ausweichende Antwort und zitierte die Lehren von Isidor von Sevilla und den heiligen Augustinus, bezog sich also auf die offizielle Meinung der Kirche: »Das griechische Wort angelos , auf Hebräisch melachim , bedeutet Bote, also Mittler zwischen Gott und den Menschen. Die Sabier der Stadt Harran benennen sie mit einem sehr ähnlichen Wort: mala’ika . Nach der Heiligen Schrift teilen sie sich in neun Chöre auf, doch auch Platon spricht davon, dass es im Himmel daemones gibt, und bestätigt damit die Existenz solcher Wesen.«
    »Ist das alles?«, fragte Scalò nach.
    Ignazio runzelte die Stirn. »Ich sehe einige Ähnlichkeiten zwischen den Erzengeln und den Amesha Spenta , den ›Heiligen Unsterblichen‹, die von den Magern , den Anhängern Zarathustras, angebetet wurden … Doch was wollt Ihr denn genau wissen, Herr?«
    »Nun gut.« Der Conte beugte sich nach vorn, als wollte er Ignazio etwas Vertrauliches mitteilen. »Vor einigen Monaten habe ich von einem französischen Mönch einen Brief erhalten. Er schrieb, er sei im Besitz einer unfehlbaren Methode, um die Engel zu beschwören. Und er fragte, ob ich, natürlich gegen eine angemessene Vergütung, interessiert sei, dieses Geheimnis zu erfahren.«
    Ignazio hätte sich nie im Leben vorstellen können, dass ein Mann wie Scalò an dergleichen Interesse haben könnte. »Ihr meint doch nicht etwa zufällig diese ›Zauberköpfe‹ aus Wachs und Stroh, oder?«
    »Zauberköpfe?«
    »Ja. Man sagt, dass manche Erkunder okkulter Mächte in diese Fetische das Wesen der Engel zu bannen vermögen und so mit ihnen sprechen können. Bezieht Ihr Euch darauf?«
    Der Conte schien interessiert, doch er verneinte. »Das hat nichts mit solchen Wachsköpfen zu tun. Der Brief des französischen

Weitere Kostenlose Bücher