Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
Vorwarnung packten auf einmal zwei kräftige Hände seine Beine und spreizten sie, sodass sich zwischen den in dem Metallgefäß eingeklemmten Unterschenkeln eine Lücke auftat. Allerdings war in diesem merkwürdigen Stiefel nur sehr wenig Raum. Gleich darauf wurde ein Keil zwischen seine Knie gesteckt und durch die Öffnung des Stiefels bis zum Boden getrieben. Die raue Oberfläche des Holzes schrammte an seiner nackten Haut entlang und schürfte sie bis zu den Knöcheln auf.
Scalò stöhnte auf vor Schmerz, denn der Stiefel wurde beklemmend eng. Er spürte ein heftiges Kribbeln an den Fußgelenken. Seine Beine begannen zu pulsieren, als ob die Adern, in denen das Blut stockte, gleich zerplatzen müssten. Er versuchte, seine Füße zu bewegen, doch dann merkte er, dass ihm kein Platz dafür blieb.
Sein verletzter Stolz oder vielleicht auch die Verzweiflung verliehen ihm den Mut, aufzubegehren. »Ihr seid nichts als ein Haufen Feiglinge! Ich bin ein Edelmann, verdammt! Ihr habt kein Recht, mich zu quälen!«
»Antwortet, Conte, es wäre zu Eurem Besten«, forderte ihn der Slawe auf. »Wir haben nicht viel Zeit. Was habt Ihr Ignazio da Toledo erzählt?«
»Ich werde Euch fürstlich belohnen, wenn Ihr mich gehen lasst«, beharrte Scalò. »Verlangt, so viel Ihr wollt. Ich bin ein sehr reicher Mann.«
Keine Antwort. Wieder spreizte jemand seine Schenkel, diesmal mit brutaler Gewalt, und ein zweiter Keil wurde ihm zwischen die Knie getrieben, wieder bis tief in den Stiefel hinein.
Der Conte zitterte. Was hatten sie vor? Im Stiefel war kein Platz mehr. Sein Peiniger musste das ebenfalls bemerkt haben, weil er mitten in der Bewegung innehielt.
Dann hörte er ein metallisches Scharren über den Fußboden. Er spürte einen Lufthauch, als ob etwas Schweres durch die Luft bewegt würde, als schwinge jemand eine Keule oder … einen Hammer . Genau als ihm dieses Wort in den Sinn kam, traf ein Schlag den oberen Teil des Keils im Stiefel.
Der Conte riss den Kopf nach vorn, und seinen Lungen entrang sich ein qualvoller Schrei. Dann presste er die Zähne zusammen, als wollte er den Schmerz damit unterdrücken. Er biss so kräftig zu, dass ein Faden Blut aus seinen Mundwinkeln rann.
Der Keil drang eine gute Handbreit nach unten vor, bahnte sich einen Weg durch Fleisch und Knochen und zerquetschte oder zerschmetterte alles, was ihn dabei behinderte.
Doch das war erst der Anfang der Qualen. Scalò konnte nicht sehen, wie sich der schreckliche Hammer ein zweites Mal hob, doch dann spürte er die Macht des Schlages.
Der Klotz wurde bis ganz nach unten getrieben und zertrümmerte beide Schienbeine und Fersenknochen. Dann folgte ein abscheuliches Gurgeln, und aus dem Gefäß spritzte Blut hoch in die Luft.
Der Schmerz war so übermächtig, dass Scalò sich am liebsten auf der Stelle eigenhändig beide Beine abgehackt hätte, nur um ihm zu entgehen. Er bemerkte, dass er sich eingenässt und beschmutzt hatte, aber er war bereits über die Schwelle hinaus, wo er dies noch als Demütigung empfinden konnte. Unerträgliche Schmerzen zogen sich von den Füßen hoch zu den Lenden, ohne dass er noch erkannte, wo seine Gliedmaßen aufhörten und der Eisenstiefel begann.
Ohne das geringste Anzeichen von Mitleid forderte ihn die Stimme des Slawen auf: »Sprecht und Ihr werdet nicht mehr leiden.«
»Ich werde alles sagen, was Ihr wollt …« Scalòs keuchender Atem erinnerte an das Schnauben eines galoppierenden Pferdes.
»Dann antwortet, was wisst Ihr über das ›Uter Ventorum‹?«
»Ich weiß bloß, dass es dazu dient, Engel heraufzubeschwören …«, stieß der Conte hervor, ohne sich auch nur an einer Lüge zu versuchen.
»Woher wisst Ihr das?«
»Das hat mir ein gewisser Viviën de Narbonne verraten … Er hat es mir vor einigen Monaten in einem Brief geschrieben.«
In der Stille des Raumes erhob sich gedämpftes Raunen.
»Welche Beziehungen unterhaltet Ihr zu diesem Mann?«
»Ich habe ihn niemals kennengelernt. Er hat zuerst nach mir gesucht, er hat begonnen, mir zu schreiben …«
»Und was will dieser Viviën de Narbonne von Euch? Wie ist Ignazio da Toledo in die Sache verwickelt?«
»Viviën will, dass ich das Buch kaufe, dieses ›Uter Ventorum‹. Ich habe Ignazio da Toledo zu ihm geschickt, damit er es an meiner Stelle erwirbt … So hat es Viviën de Narbonne bestimmt. Ich weiß nicht, warum …«
Das Gemurmel wurde lauter: »Der Händler von Toledo ist zurück!« – »Er will sich mit seinem Gefährten
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