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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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verbünden!« – »Sie wollen mit dem Buch fliehen!«
    »Ruhe!« Die tiefe Stimme des Slawen hallte durch den Raum. »Wo versteckt sich Viviën? Sprecht, Conte!«
    »Im Kloster San Michele della Chiusa«, brachte Scalò beinahe demütig hervor. Seine Schläfen waren schweißbedeckt und pochten wütend. Bald wären seine Qualen vorüber, und er dankte dem Herrn dafür.
    »Schwört Ihr das bei Eurer Ehre? Bei Eurem Leben?«
    »Ich schwöre es bei allem, was Ihr wollt! San Michele della Chiusa! Und jetzt macht meine Beine los, ich flehe Euch an!«
    »Wie Ihr wollt, Conte«, sagte der Slawe. »Euer Leiden hat ein Ende.«
    Scalò lächelte verwirrt, als man ihm die Binde abnahm.

23
    Im Morgengrauen bestiegen Ignazio, Willalme und Uberto ein Frachtschiff, das sie flussaufwärts ins Binnenland bringen würde.
    Das Schiff legte ab und passierte zusammen mit einem Schwarm kleinerer Boote die Zugbrücke von Rialto, dann ließ es Venedig hinter sich und fuhr die Zuflüsse des Po hinauf. Der Händler hatte dieses Schiff gewählt, weil es vom Zoll befreit war und unterwegs nirgends anlegen würde.
    Uberto war noch nie an Bord eines so großen Schiffes gewesen, das ganz anders war als die vertrauten Fähren der Lagune. Er lief an Deck auf und ab, sah sich überall neugierig um und lauschte den ungehobelten Gesprächen der Schiffer.
    »Wohin fahren wir?«, fragte er Ignazio, der neben ihm herging.
    »Dieses Schiff befördert Salz nach Pavia«, antwortete der Händler. »Dort werden wir an Land gehen, dann reisen wir zu Pferd weiter Richtung Nordwest, bis wir unser Ziel erreichen.«
    Uberto nickte, während sein Blick schon wieder ganz woanders hinwanderte, Richtung Bug, wo Willalme am Schanzkleid lehnte. Er wirkte traurig, obwohl seine Augen zuweilen wütend aufblitzten, als ob ihn Erinnerungen quälten, die zu schmerzhaft waren, um sie zu unterdrücken.
    Ignazio erriet Ubertos Gedanken und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Früher oder später wird er dir seine Geschichte erzählen«, sagte er. »Dann wirst du verstehen.«
    Der Junge nickte und wandte den Blick von Willalme ab, als ob er ihn in seiner Gedankenwelt nicht stören wollte. Er lauschte ein Weilchen dem Rauschen des Flusses, während die grasbewachsenen Ufer an ihm vorüberglitten, dann wandte er sich wieder dem Händler zu.
    »Ich habe die ganze Nacht daran denken müssen. Ich meine, an das Buch. Willst du mir wirklich nichts darüber erzählen?«
    Über das Gesicht des Händlers glitt ein flüchtiges Lächeln. »Diese Dinge sind zu gewaltig für dich, mein Junge. Für den Moment genügt es, wenn du weißt, dass es sich um eine äußerst seltene und ebenso gefährliche Handschrift handelt.«
    »Wenn sie wirklich so gefährlich ist, sollte man nicht besser vergessen, dass es sie gibt, und sie lassen, wo sie ist?«
    »Ganz im Gegenteil, man muss sie bergen. Vielleicht findet sich zwischen ihren Seiten das Geheimnis des wahren Wissens.«
    Uberto sah den Händler misstrauisch an. »Ich dachte, das wahre Wissen findet sich nur in der Bibel.«
    Mit einer beinahe theatralischen Geste breitete Ignazio die Arme aus und starrte hinauf in die Wolken. »Ich spreche von einer anderen Art Wissen, von dem, was die babylonischen Astronomen, die Chaldäer, und die persischen Weisen, die Mager, wussten.«
    »Meinst du damit die Weisen aus dem Morgenland, die Heiligen Drei Könige?«
    Ignazio lächelte. »Wer hat je gesagt, dass es nur drei Weise aus dem Morgenland waren und noch dazu Könige? Das steht zumindest nicht in den Evangelien. Die Mager, wie sie genannt wurden, waren zwölf Weise, die auf den Bergen lebten, um die Sterne zu beobachten. Sie kleideten sich ganz in Weiß und führten ein einfaches Leben. Zarathustra war ihr Prophet.«
    Uberto musterte ihn skeptisch. »Davon habe ich noch nie etwas gehört. Woher kann ich wissen, dass es stimmt?«
    »Vielleicht bekommst du auf dieser Reise eine Gelegenheit, es herauszufinden.« Ignazio sah den Jungen mit seinen smaragdgrünen Augen eindringlich an. Er wollte ihn nicht bedrängen, sondern nur seine Neugier wecken. Er wusste nur zu gut, dass man die Wahrheit nicht lehren, sondern nur langsam und in absoluter Freiheit nach ihr suchen konnte. »Die Mager wurden ›Feueranbeter‹ genannt, weil oben auf ihren Tempeln geheimnisvolle Feuer brannten. Es waren sehr weise und mächtige Männer.« Er zögerte einen Augenblick, dann fügte er hinzu: »Ihr Wissen stammte von himmlischen Wesen.«
    »Das verstehe ich nicht. Was meinst du

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