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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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er bezahlt hatte, wandte er sich zum Gehen, doch die Marktfrau rief ihn noch einmal zurück, um ihm einen vierten Apfel anzubieten. Willalme sah sie fragend an.
    »Den schenke ich Euch wegen Eurer traurigen Augen, schöner Pilger«, antwortete sie kokett.
    Er lächelte wieder, ein wenig verlegen, nahm die Hand, die ihm die Frucht hinhielt, und küsste sie erst auf die Innenfläche, dann auf den Rücken. Die junge Frau wurde rot und versuchte, etwas zu sagen, doch der Fremde war schon verschwunden.
    Willalme kehrte beschwingten Schrittes in ihre Unterkunft zurück und dachte dabei an die hübsche Marktfrau. Nach den langen Jahren des Umherziehens verspürte er den starken Wunsch nach einem eigenen Heim und einer Familie. Doch im Moment konnte er seine Reisegefährten nicht verlassen. Ignazio hatte viel für ihn getan, er hatte ihm das Leben gerettet und war seither so etwas wie ein Ziehvater für ihn gewesen.
    Mit diesen Gedanken beschäftigt, wurde er mit einem Mal auf vier schwarz gekleidete Männer aufmerksam, die bei einem Gasthaus auf der Hauptstraße standen und mit dem Wirt redeten. Ein Blick genügte, und er hatte den größten Mann in der Gruppe erkannt: Es war der Mörder von Gothus Ruber. Dann bemerkte er, dass er auch zwei weitere von ihnen schon in Punta Reina gesehen hatte. Der eine war Ignazio und Uberto auf dem Markt gefolgt, und der andere hatte außen am Haus des Alchimisten Wache gestanden. Nur der vierte Mann war ihm unbekannt. Er musterte ihn verstohlen mit einem schnellen Blick. Der Mann hielt sich ein wenig abseits von den anderen und verbarg sein Gesicht trotz der glühenden Hitze unter einer Kapuze. Er schien sich im hellen Sonnenschein nicht wohlzufühlen.
    Die Anwesenheit der Männer in Estella konnte nur eines bedeuten.

VIERTER TEIL
    KOBABELS SCHACHBRETT
    »Auch die Planetenkonstellationen folgen einem rationalen Prinzip, und jeder einzelne Himmelskörper bewegt sich nach numerischen Gesetzen.«
    Plotin, Enneaden IV , 35
     
     

53
    Obwohl die Nachmittagssonne jeden Winkel ihres Zimmers in der Herberge in goldenes Licht tauchte, spürte Uberto, wie sich der Schatten des Geheimnisses um sie verdichtete. Und diese Dunkelheit hatte ihren Ursprung in den smaragdgrünen Augen des Reliquienhändlers.
    Was verheimlichte Ignazio da Toledo? Warum suchte er so hartnäckig nach dem »Uter Ventorum«? Sicher nicht des Geldes wegen oder weil er den Wunsch hatte, Viviën de Narbonne wiederzufinden. Es ging um etwas anderes. Nicht einmal der Tod von Gothus Ruber hatte ihn von seinen Nachforschungen abgebracht. Inzwischen handelte es sich nicht mehr darum, einen Auftrag für Conte Scalò auszuführen. Sollte es Ignazio wirklich gelingen, das Buch in seine Hände zu bekommen, würde er es für sich behalten, davon war Uberto überzeugt. Nicht um Macht, Ruhm oder Reichtum zu erlangen, sondern aus Gründen, die der Junge allenfalls andeutungsweise erahnen konnte.
    Seine Überlegungen wurden jäh unterbrochen, als Ignazio sagte: »Wir müssen herausfinden, wo sich der nächste Teil des ›Uter Ventorum‹ befindet, der Engel Kobabel.« Er deutete auf die Abschrift des Kryptogramms in seinem Heft.
    »Wie willst du weiter vorgehen?«, fragte Uberto.
    »So wie immer, indem ich die dritte Zeile in den beiden Rätseln lese, dem provenzalischen und dem lateinischen. Bis jetzt waren wir damit erfolgreich«, antwortete Ignazio und suchte in seinem Heft die entsprechenden Sätze.
    Kobabel jüet as eschecs ou n’i lusit le soleill
    Celum Sancti Facundi miratur Laurentius
    »›Kobabel spielt Schach, wo die Sonne niemals scheint‹, bedeutet die erste Botschaft; ›Laurentius betrachtet den Himmel des heiligen Facundus‹ die zweite«, übersetzte Uberto.
    »Nein, pass auf.« Ignazio zog eine Augenbraue hoch. »Es heißt bestimmt nicht › des heiligen Facundus‹, sondern › in Sanctus Facundus‹. Hier ist keine Person, sondern ein Ort gemeint.«
    »Von so einem Ort habe ich noch nie gehört.«
    »Im Laufe der Zeit ist aus Sanctus Facundus erst San Fagun, später Sahagún geworden. Deshalb müssen wir nach Sahagún reisen, eine Stadt westlich von Burgos.«
    »Stimmt. Sahagún liegt nicht weit von Santiago de Compostela entfernt … Und wer soll dieser Laurentius sein? Ist das auch einer von deinen Bekannten?«
    »Das ist diesmal kein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern eine Kirche, die Kirche San Lorenzo.«
    Ignazio wollte noch weiter ausholen, als plötzlich die Zimmertür aufgerissen wurde. Erschrocken wandten

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