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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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in den Augen des Franzosen. »Außerdem dürfen wir nicht riskieren, dass dieser Talisman der Heiligen Vehme in die Hände fällt. Wir müssen ihn so mitnehmen, wie er ist.«
    Der Junge sah ihn fragend an. »Wie, so, wie er ist?«
    Willalme hatte sofort begriffen. Er zog einen langen arabischen Dolch aus seinem Gürtel, eine jambiya , und setzte oberhalb der Ohren einen kreisförmigen Schnitt rund um Rubers Schädel, dann riss er die Kopfhaut ab.
    Ignazio warf dem Toten einen bedauernden Blick zu. Doch kurz darauf verhärtete sich sein Blick, und er wandte sich dem schreckensstarren Uberto zu: »Schnell, lass uns gehen.«

50
    Als Scipio Lazarus das Haus von Gothus Ruber betrat, fand er es still und verlassen vor. Er stieg die Wendeltreppe hinab in das Laboratorium im unteren Stockwerk. Der Raum war offenbar sorgfältig durchsucht worden.
    Als er den Tisch in der Mitte des Raumes umrundet hatte, entdeckte er die Leiche des Alchimisten. Er kniete sich vor ihn hin und betrachtete ihn: Man hatte ihm die roten Haare geschoren, die nun in einem Häufchen neben ihm auf dem Boden lagen, und ihm die Kopfhaut abgezogen.
    Ignazio da Toledo hatte also gefunden, was er gesucht hatte.
    Nachdem Scipio Lazarus aufgestanden war, zog er den kreuzförmigen Dolch aus dem Tisch und verbarg ihn unter seinem Umhang. Aus dem oberen Stockwerk hörte er Schritte, doch das beunruhigte ihn nicht. Er hatte so etwas geahnt und wusste genau, was er jetzt tun musste. Eilig ging er zu dem Wandteppich mit dem Drachen, der gegenüber dem Zugang hing, und versteckte sich dahinter. Dann tastete er die Wand ab, bis er den Griff einer Geheimtür gefunden hatte. Er öffnete sie und schlüpfte hindurch, doch er schloss sie nicht ganz, sondern spähte durch das feine Gewebe des Teppichs, um zu erfahren, wer der geheimnisvolle Besucher war.
    Kurz darauf betrat Graf Dodiko das Laboratorium. Er durchquerte den Raum, bis er auf Gothus Rubers Leichnam stieß. Mehr angewidert als überrascht stieß er ihn mit der Stiefelspitze an, um festzustellen, ob der Mann wirklich tot war. Nachdem er seinen offensichtlichen Ekel überwunden hatte, beugte er sich hinunter und untersuchte ihn gründlich, dann stand er wieder auf und sah sich um.
    Schließlich fiel sein Blick auf den Wandteppich.
    Einen Moment lang glaubte Scipio Lazarus, Dodiko habe ihn entdeckt. Unbeweglich und stumm verharrte er in seinem Versteck wie eine lauernde Schlange, während seine rechte Hand am Griff des Dolches lag.
    Dodiko kam näher und betrachtete den von Sternen umgebenen Drachen, doch dann wandte er sich ab und widmete sich wieder dem Leichnam.
    Scipio Lazarus hätte ihn von hinten erdolchen können, doch das hielt er für unklug. Auch Dodiko war Teil seines Plans, und für den Moment musste er weiterleben.
    Geduld, sagte er sich und zog sich lautlos in die Dunkelheit zurück.

51
    Im oberen Stockwerk einer Pilgerherberge zwischen den Wohnhäusern in der Calle Mayor saß Slawnik rittlings in einem Fenster und suchte Erfrischung in der kühlen Nachtluft, um sich von den letzten Auswirkungen des geheimnisvollen Pulvers zu befreien, das er eingeatmet hatte.
    Während er die Rückkehr von Dominus erwartete, beobachtete er die kalt glänzenden Sterne am Firmament und rieb dabei nervös über den wertvollen Ring, den das Wappen seiner Familie zierte. Dieser kleine Gegenstand war die letzte Erinnerung an den Adelstitel, den er verloren hatte und dessen er sich nicht mehr würdig fühlte. Ein Teil von ihm hätte diesen Ring gern fortgeworfen und sich damit zugleich seiner inzwischen weit entfernten und unbedeutenden Vergangenheit entledigt, doch der stolze Edelmann in ihm würde nie dulden, dass er seine vornehme Abstammung verleugnete und nichts anderes als ein einfacher Scherge ohne Selbstachtung und Ehrgeiz war.
    In dieser Nacht hatte er eine unerträgliche Demütigung hinnehmen müssen. Die Ohrfeige, die Dominus ihm versetzt hatte, brannte immer noch in ihm. Er legte eine Hand an die Wange, wie er es als Junge getan hatte, wenn ihn sein Vater gezüchtigt hatte.
    Sein Vater, dachte er. Nie hatte er sich seiner noch der langen Reihe seiner Vorfahren würdig erwiesen. Slawnik warf den Kopf zurück und atmete mit geschlossenen Augen ein. Verfluchte Erinnerungen!
    Er kam sich vor wie ein nutzloses Werkzeug, war er doch nicht einmal in der Lage, seinem Herrn gute Dienste zu leisten. Nicht genug damit, dass er den Teil des Buches, den der Alchimist aufbewahrte, nicht gefunden hatte, er hatte auch noch

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