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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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nicht hören konnte, dann flüsterte er Uberto zu: »Wir dürfen den Templern auf keinen Fall von der Heiligen Vehme oder dem ›Uter Ventorum‹ erzählen. Nicht einmal Philippe de Lusignan, obwohl ich ihn für vertrauenswürdig halte. Wenn sie unser Geheimnis entdecken und von dem Buch erfahren, könnten sie für uns eine noch größere Gefahr bedeuten als die Männer, die uns verfolgen. Am besten behalten wir alles für uns. Bitte, Uberto, und auch du, Willalme, denkt immer daran.«
    Endlich verstand Uberto, warum der Händler sich letzte Nacht dazu entschlossen hatte, ihren Retter zu belügen. »Du kannst mir vertrauen«, antwortete er.
    Willalme zuckte mit den Schultern. »Einverstanden. Wenn das nun alles war, kümmern wir uns um unser Mittagessen.«
    Ignazio stieg mit den beiden in die unteren Stockwerke hinab. Hinter seiner scheinbar heiteren Miene verbarg er düstere Gedanken. Dominus hatte seine Schritte stets vorhergeahnt, also musste er das Rätsel gefunden haben, das Viviën de Narbonne in San Michele della Chiusa zurückgelassen hatte.

56
    Die folgenden fünf Tage reiste Ignazios Gruppe unter dem Schutz der Templer weiter. Der Zug schlängelte sich langsam über die gewundenen Pfade der Hochebenen, begleitet vom Wiehern der Pferde und dem Geräusch klappernder Hufe. Ständig kam es wegen der beiden großen Karren in der Mitte des Zuges zu Verzögerungen.
    Philippe ritt auf einem mächtigen Schimmel voran. Ihm folgten vier Ritter, die beiden zweirädrigen Fuhrwerke und eine weitere Gruppe Soldaten. Das Ende des Zuges bildeten der Händler und seine Begleiter.
    Willalme und Uberto ritten gemütlich dahin, fragten sich allerdings, was wohl in den Karren transportiert wurde. Man konnte nichts als aufeinandergestapelte Truhen und Säcke erkennen. Ignazio erklärte, dass es sich um eine sehr wertvolle Ladung handeln musste, da sie von einer so starken, gut bewaffneten Eskorte geschützt wurde. Und auch das Ziel, die Burg von Tomar, ließ auf einen gewissen Wert schließen.
    Eines Nachmittags lenkte Uberto sein Pferd neben das des Händlers und fragte ihn: »Warum hat Viviën sich ausgerechnet Spanien ausgesucht, um das Buch zu verstecken?«
    »Weil in diesem Land sehr altes Wissen bewahrt wird«, erwiderte Ignazio und schien fast erfreut über diese Frage zu sein. Seit ein paar Tagen war er deutlich redseliger geworden. »In Spanien, besonders in Toledo, studiert und übersetzt man die Handschriften der Mathematik, Medizin und Alchimie aus der arabischen Welt. Wahrscheinlich gehörte auch das ›Uter Ventorum‹ dazu, und deshalb meinte Viviën wohl auch, hier das geeignete Versteck gefunden zu haben.«
    »Ich verstehe. Aber warum glaubst du, dass das ›Uter Ventorum‹ eine arabische Handschrift ist? Woher sollten die Araber die Geheimnisse der persischen Weisen kennen?«
    »Sie haben sie von den persischen Gelehrten erfahren, nachdem sie ihr Volk unterworfen und zu dhimmī gemacht haben. Die Mager wurden als Ärzte und Berater Teil des Hofstaats der Kalifen und gaben so ihr Wissen an sie weiter.«
    »Dhimmī?«, fragte Uberto. »Bedeutet das ›Sklaven‹?«
    »Die Dhimma war der Status von Schutzbefohlenen gegen Tribut. Wenn die unterworfenen Völker den arabischen Herrschern eine Kopfsteuer entrichteten, konnten sie sich ihre Religions- und Berufsfreiheit bewahren.«
    »Es ist aber nicht gerecht, dass man dafür bezahlen muss, einfach nur man selbst zu bleiben«, wandte Uberto ein.
    »Ich stimme dir zu, die christlichen Feudalherren behandeln jedoch ihre eigenen Bauern nicht besser«, erwiderte Ignazio. »Wie auch immer, die Dhimma wurde auch auf die Christen in Spanien ausgedehnt, als das Land von den Arabern erobert wurde.«
    Uberto sah überrascht auf. »Ich hätte nicht gedacht, dass die Muselmanen Christen erlauben würden, mit ihnen Seite an Seite zu leben.«
    »Doch genauso war es. Die Christen in Spanien übernahmen sogar das Wissen des Orients und füllten ihre heiligen Bücher mit großartigen Bildern, die diese Vermischung der Kulturen bezeugen.«
    »Warum denn Bilder? Waren Worte nicht genug?«
    »›Die Wahrheit kam nicht nackt in die Welt, sondern sie kam in Sinnbildern und Abbildern‹ lehrt das Philippusevangelium. Und ebenjenes Evangelium bildete zusammen mit dem des Thomas die Grundlage der christlichen Liturgie Spaniens.«
    Uberto starrte Ignazio bestürzt an. »Diese Leute … diese ›arabisierten Christen‹ … du sprichst von den Mozarabern , nicht wahr?«
    »Ja, den

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