Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
gepflasterten Straße bis zu einer Brücke über den Rio Cea gefolgt, die zur Stadt führte.
In der Ortschaft waren sie zwischen den zahllosen gedrungenen Gebäuden, über denen sich etliche Türme erhoben, umhergeirrt und hatten sich die Wappen und Zeichen an den Mauern angesehen. Schließlich fanden sie Unterkunft in einem abseits gelegenen Gasthaus. Der Wirt, ein etwas ruppiger, doch ehrlich wirkender Mensch, nahm sie auf, ohne allzu viele Fragen zu stellen.
Ignazio geleitete Uberto zu seinem Strohlager und bettete ihn sanft darauf. Die Stirn des Jungen glühte. »Trink«, forderte er ihn auf und reichte ihm eine Schale aus Ton.
»Was ist das?«, fragte Uberto mit schwacher Stimme.
»Ein Kräuteraufguss«, erwiderte Ignazio und stützte den Kopf des Jungen, damit er trinken konnte. »Er wird dein Fieber senken.«
Der Sud war bitter, hinterließ aber einen guten Geschmack im Mund. Nachdem er ihn zunächst vorsichtig gekostet hatte, trank Uberto ihn in einem Zug aus, dann ließ er den Kopf aufs Kissen sinken und schloss die Augen. Kurz darauf schlief er tief und fest.
»Vielleicht verlangst du zu viel von ihm«, sagte Willalme zu Ignazio, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Uberto eingeschlafen war. »Er ist völlig erschöpft von der Reise.«
Ignazio schüttelte den Kopf. »Ich habe keine andere Wahl. Wenn ich wüsste, dass ich ihn dadurch nicht in noch größere Gefahr bringe, hätte ich ihn schon längst jemandem anvertraut. Doch so muss er bis zum Ende mit uns kommen.«
Willalme wusste darauf nichts zu erwidern. Ignazio holte ein paar getrocknete Knollen aus seiner Tasche, zerkleinerte sie sorgfältig in einem kleinen Gefäß und zündete sie dann an. Ein angenehmer Duft verbreitete sich im Raum.
»Was ist das?«, fragte der Franzose und sog schnuppernd die Luft ein.
»Das ist Alraune«, erklärte Ignazio. »Man nimmt es, um Gifte und Liebestränke daraus zu destillieren, aber wenn es verbrannt wird, verliert es jede schädliche Wirkung. Der Duft seiner Glut ist ein Stärkungsmittel.« Er betrachtete Uberto zärtlich. »Das wird ihm helfen, sich zu erholen.«
Willalme nickte zustimmend. »Denkst du, dass der Junge etwas mitbekommen hat? Dass er es weiß?«
Ignazio lächelte bitter. »Für Gespräche bleibt uns leider keine Zeit. Wir müssen handeln.«
Schweigend verließen die beiden das Gasthaus und gingen zu Fuß durch die Viertel Sahagúns zur Kirche San Lorenzo. Sie wollten die Dunkelheit nutzen, um heimlich in das Gebäude zu gelangen und den dort versteckten Teil des Buches zu holen … Wenn Dominus ihnen nicht zuvorgekommen war.
Inzwischen würde sich Uberto fern jeder Gefahr erholen können, dachte Ignazio.
Die Glut der Alraune brannte nicht mehr, als Uberto von einem Rütteln geweckt wurde. Er öffnete die Augen und sah einen Mann vor sich, der ihn mit einer Hand gepackt hatte, während er in der anderen eine brennende Öllampe hielt. Er hatte lange schwarze Haare und trug einen weißen Umhang und unter einem grünen Waffenrock ein Kettenhemd. Auf der Brust prangte das Wappen der Kreuzritter.
Uberto befreite sich aus dem Griff und wich hastig an den Rand seines Strohlagers zurück. Er tastete im Dunkeln nach etwas, womit er sich verteidigen konnte, fand aber bloß die Schale, aus der er den Kräuteraufguss getrunken hatte. In Ermangelung von etwas Besserem warf er sie nach dem Unbekannten, der sich schnell duckte und den Unterarm schützend vors Gesicht hielt. Die Schale traf seinen Eisenhandschuh und zerschellte daran, die Scherben fielen zu Boden.
Der Mann betrachtete sie, dann hob er die Hände. »Ich will dir nichts tun«, sagte er mit fester Stimme.
»Wer seid Ihr?« Uberto sah sich suchend um, und erst jetzt wurde ihm klar, dass er allein war. »Wo sind meine Freunde?«
»Das weiß ich nicht. Als ich hereinkam, war niemand hier außer dir.«
»Ihr habt noch nicht gesagt, wer Ihr seid!«
»Ich bin Graf Dodiko«, erwiderte der Mann sanft. »Ein Freund.«
Ein Freund , wiederholte Uberto in Gedanken, als müsste er dieses Wort erst deuten. »Ich kenne Euch nicht. Was wollt Ihr?«
Der Eindringling kam wieder näher und leuchtete ihm mit der Öllampe ins Gesicht. Er sah besorgt aus, als ob er ihm eine schlimme Nachricht überbringen müsste.
»Ignazio da Toledo ist in Gefahr«, sagte er schließlich. »Wenn dir etwas an seinem Leben liegt, musst du mir helfen.«
59
Ignazio und Willalme erreichten die Kirche San Lorenzo unbehelligt.
Der Händler betrachtete den
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