Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
leuchtete, zuckte er zusammen.
»Uberto! Was machst du hier?«, fragte er, und der Leuchter zitterte in seiner Hand. »Und wer ist dieser Mann?«
Die Kerzenflammen flackerten und ließen die Schatten auf den Wänden tanzen.
Der Junge versuchte, etwas hervorzubringen, doch es hatte ihm die Sprache verschlagen. Da ergriff der Mann neben ihm das Wort.
»Vielleicht sollte ich es Euch selbst erklären, Meister Ignazio«, sagte er. »Ich wusste, dass Ihr in Gefahr seid, und habe deshalb diesen jungen Mann gebeten, mir zu helfen, Euch zu finden. Ich bin hier, um Euch zu beschützen.«
»Um mich zu beschützen?« Ignazio musterte den Fremden stirnrunzelnd. Die Kreuzrittertracht sagte noch lange nichts über die Absichten ihres Trägers aus. »Erklärt Ihr mir bitte, wer Ihr seid und wer Euch schickt.«
»Ich bin Graf Dodiko«, erwiderte der Mann, »und ich versuche Euch einzuholen, seit Ihr Toulouse verlassen habt. Doch das ist nicht leicht, Ihr reist schnell. Viviën de Narbonne schickt mich, um Euch zu beschützen.«
»Was Ihr sagt, ist völlig unmöglich.« Ignazio tastete unter der Tunika nach seinem Messer. »Lasst den Jungen gehen.«
»Hört mich an!«, beharrte Dodiko und hielt Uberto an der Schulter zurück. »Ich weiß von Eurer Mission, ich weiß vom ›Uter Ventorum‹.«
»Dann seid Ihr doch eher Feind als Freund«, entgegnete Ignazio.
»Ihr begreift nicht. Ich habe Pater Viviën vor Jahren geholfen, sich vor der Heiligen Vehme zu verstecken. Ich habe seine Briefe zu Conte Enrico Scalò nach Venedig gebracht.«
»Und weshalb?« Ignazio ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Wenn dieser Mann sogar von Scalò wusste, sagte er womöglich die Wahrheit. Wäre er ein Abgesandter der Heiligen Vehme, hätte er Uberto bestimmt als Geisel benutzt, um die Teile des Buches zu erpressen.
»Jetzt ist keine Zeit für Erklärungen. Wir sind hier in Gefahr.«
Ignazio konnte ihm nicht widersprechen. Er ging auf Uberto zu und sagte: »Folgt mir.«
Scipio Lazarus hatte die Kirche San Lorenzo heimlich und ungesehen betreten. Er hatte abgewartet, bis Ignazio da Toledo den Turm bestieg, dann war er ihm gefolgt, um ihn zu beobachten. Doch er war nicht bis ganz nach oben gestiegen, damit der Händler ihn nicht entdeckte. Ihm genügte es zu wissen, dass er dort oben war und nach dem Geheimnis des Engels Kobabel suchte.
Nun war sein Vorhaben fast vollbracht. Jetzt durfte nichts mehr misslingen, und er musste sich vergewissern, dass alles wie vorgesehen verlief. Im Moment war der Händler von Toledo die wichtigste Figur auf dem Schachbrett.
Während er im Dunkeln lauerte, bemerkte Scipio Lazarus etwas Unvorhergesehenes: Zwei Männer hatten die Kirche betreten. Er konnte sich gerade noch hinter den Vorhängen eines Beichtstuhls verstecken. Wenn man ihn entdeckte, würde er in Schwierigkeiten geraten.
Dodiko hegte schon einen Verdacht hinsichtlich seiner Person, da war er sich sicher. Wenn er ihn hier in der Kirche anträfe, würde er sich bestimmt an ihn erinnern und ihn entlarven. Und das durfte nicht geschehen, noch nicht.
Die beiden Männer suchten offensichtlich nach Ignazio. Sie hatten sogar laut seinen Namen gerufen, ohne eine Antwort zu erhalten. Darauf waren sie den Turm hochgestiegen.
Wieder allein, schlüpfte Scipio Lazarus aus dem Beichtstuhl und entfernte sich schnell, wobei er den Gang nicht aus den Augen ließ, in dem der Junge und Graf Dodiko verschwunden waren.
Die Ereignisse nahmen eine unerwartete Wendung.
Die drei Männer eilten mit großen Schritten die Treppe des Turmes nach unten. Ignazio hatte den Hauptausgang erreicht, als Graf Dodiko ihn am Arm packte und aufhielt.
»Lasst mich los!« Der Händler befreite sich aus seinem Griff. »Dort draußen kämpft ein Freund von mir, ich muss ihm helfen.«
»Für ihn ist es zu spät, uns bleibt nur noch die Flucht.« Dodiko warf einen Blick auf Uberto. »Denkt an den Jungen.«
Ubertos Gesicht verzog sich besorgt. »Wenn Willalme in Gefahr ist, dann dürfen wir ihn nicht im Stich lassen.«
»Ich werde mich der Heiligen Vehme nicht entgegenstellen!«, fuhr der Graf auf und blieb kurz vor dem Ausgang stehen. »Es ist heller Wahnsinn, den Erleuchteten entgegenzutreten! Euer Freund ist verloren, findet Euch damit ab. Er ist schon tot, genau wie Conte Scalò!«
»Conte Scalò ist tot?«, fragte Ignazio ungläubig.
»Euer Beschützer wurde von der Heiligen Vehme gerichtet, kaum dass Ihr Venedig verlassen hattet.« Dodiko sah den Händler eindringlich
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