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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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den
eigenen Vater getötet haben!
    Octave war in seine Arbeit vertieft und schien nichts zu hören.
Doch folgte er mit halben Blicken dem Streit und beobachtete
insbesondere Saturnin, der mit dem Reinigen des Spiegels aufgehört hatte und zitternd mit
geballten Fäusten dastand, bereit, seinem Schwager an den Hals zu
springen.
    Lassen wir unsere Familien, entgegnete August trocken; wir haben
mit unserer eigenen Ehe genug zu schaffen. Höre mich an: du wirst
deine Lebensweise ändern; ich gebe keinen Sou für diese Dummheiten
her. Das ist mein fester Entschluß. Dein Platz ist hier in diesem
Laden, einfach gekleidet, wie es einer Frau geziemt, die sich
selbst achtet … Und wenn du wieder Schulden machst, werden wir
weiter sehen.
    Berta blieb sprachlos angesichts dieser Gattenhand, die so
rücksichtslos in ihre Gewohnheiten, Vergnügungen, Toiletten
dreinfuhr. Er entriß ihr alles, was ihr teuer war, alles, wovon sie
bei ihrer Verheiratung träumte. Doch in ihrer Frauenart ließ sie
die Wunde nicht merken, aus der sie blutete; um dem Zorn einen
Vorwand zu geben, der ihre Wangen schwellte, wiederholte sie in
heftigem Tone:
    Ich werde es nicht dulden, daß du Mama beleidigst!
    August zuckte mit den Achseln.
    Deine Mutter – du gleichst ihr vollständig. Du wirst häßlich,
wenn du in einen solchen Zustand gerätst. Ja, ich erkenne dich
nicht mehr, ich glaube deine Mutter vor mir zu haben. Meiner Treu,
ich habe Furcht!
    Berta ward im Augenblick besänftigt. Sie schaute ihm ins Gesicht
und sagte:
    Geh doch hinauf zu Mama und sage ihr, was du mir gesagt hast; du
sollst sehen, wie du hinausgeschmissen wirst.
    Sie wird mich hinauswerfen! rief August wütend. Ich gehe hinauf,
um es ihr sofort zu sagen.
    Er wandte sich in der Tat zur Türe. Es war die höchste Zeit, daß
er hinausging, denn Saturnin mit seinen Wolfsaugen hatte sich
hinterrücks herangeschlichen und war auf dem Sprunge, ihn zu erdrosseln. Die junge Frau war
erschöpft in einen Sessel gesunken und murmelte halblaut:
    Mein Gott, den möchte ich schwerlich heiraten, wenn ich von
vorne beginnen müßte.
    Als August bei den Josserand anläutete, kam Herr Josserand
selbst, ihm die Türe zu öffnen, weil Adele schon zu Bett gegangen
war. Da er sich eben anschickte, die Nacht mit der Anfertigung von
Adreßschleifen zuzubringen, trotzdem er in letzter Zeit über
Unwohlsein sich beklagte, geleitete er ihn verwirrt, die Entdeckung
seiner Beschäftigung fürchtend, in das Speisezimmer, wobei er etwas
von einer dringenden Arbeit, von der Abschrift des Inventars der
Glasfabrik zu Sankt-Joseph stammelte.
    Als aber der Schwiegersohn anhob, seine Tochter anzuklagen, ihr
die Schulden vorzuwerfen, von dem Streit zu erzählen, der wegen der
falschen Haare entstand, begannen die Hände des armen Mannes zu
zittern. Im Herzen getroffen, die Augen voll Tränen, vermochte er
kaum ein Wort vorzubringen. Seine Tochter verschuldet, ihr Leben
unter fortwährenden ehelichen Zwistigkeiten hinbringend wie er
selbst! Das ganze Unglück seines Lebens sollte sich also in seiner
Tochter wiederholen! Noch eine andere Angst machte ihm das Blut
erstarren: er fürchtete jeden Augenblick, daß sein Schwiegersohn
die Geldfrage anregen, die Heiratsausstattung fordern, ihn als Dieb
behandeln werde. Sicherlich wußte August alles, wenn es ihn so
drängte, nach elf Uhr nachts zu kommen.
    Meine Frau ist im Begriff, zu Bett zu gehen, stammelte er, immer
mehr den Kopf verlierend. Es ist nicht notwendig, sie zu wecken,
wie? Wahrhaftig, Sie erzählen mir schöne Dinge! Und diese arme
Berta ist nicht bösartig, versichere ich Ihnen. Üben Sie Nachsicht;
ich will mit ihr sprechen … Was uns betrifft, hoffe ich, mein
lieber August, daß wir nichts getan haben,
um Ihr Mißvergnügen zu erregen.
    Er forschte ihn mit den Blicken aus und war beruhigt, als er
sah, daß August noch nichts zu wissen scheine. Da erschien Frau
Josserand auf der Schwelle ihres Schlafzimmers. Sie war schon in
Nachttoilette, ganz weiß, fürchterlich anzuschauen. Obgleich sehr
erregt, wich August zurück. Ohne Zweifel hatte sie an der Türe
gehorcht, denn sie begann mit einem geradeaus geführten Hiebe:
    Ich hoffe, Sie sind nicht gekommen, um Ihre 10 000 Franken
zu fordern. Mehr als zwei Monate trennen uns noch von dem Termin.
In zwei Monaten werden wir sie Ihnen geben, mein Herr. In unserer
Familie ist es nicht üblich zu sterben, bevor man seinen
Verpflichtungen nachgekommen.
    Dieses hochfahrende Auftreten drückte Herrn Josserand

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