Der häusliche Herd
wortlos da.
Als der Rat ihn fragte, was er zu tun gedenke, öffnete er die
Augen, schwieg eine Weile ganz beklommen, dann wiederholte er seine
Redensart:
Ich werde mich schlagen!
Doch zitterte jetzt seine Stimme schon; er schloß die Augen
wieder, als ob er bitte, daß man ihn in Ruhe lasse, und fuhr dann
fort:
Es sei denn, daß Sie etwas anderes ausfindig machen.
Fortwährend geschüttelt durch die schlechte Droschke, hielten
die Herren eine große Beratung. Duverdy und Bachelard erachteten
das Duell für unvermeidlich; ersterer war sehr bewegt und zwar
wegen des Blutes, das er schon in einem schwarzen Streifen über die
Treppe seines Hauses fließen sah; allein die Ehre wolle es so; über
die Ehre lasse sich nicht feilschen. Trublot urteilte weniger
streng; es sei zu dumm, sagte er, seine Ehre auf das zu setzen, was
er aus Schonung für die Herren die Gebrechlichkeit der
Frauen nannte. August stimmte ihm durch
ein schwaches Aufschlagen der Augenlider bei; er war erbittert über
die blutrünstige Wut der beiden anderen, deren Rolle es doch
gewesen wäre, eine Aussöhnung anzubahnen. Trotz seiner Ermüdung
ward er gezwungen, noch einmal die Nachtszene zu erzählen, die
Ohrfeige, die er gegeben, und dann die Ohrfeige, die er bekommen.
Bald war von dem Ehebruch nicht mehr die Rede, sondern nur von
diesen beiden Ohrfeigen. Man erläuterte und besprach diese
Ohrfeigen, um eine befriedigende Lösung zu finden.
Was sollen die Spitzfindigkeiten! rief Trublot schließlich aus;
wenn sie einander geohrfeigt haben, sind sie quitt.
Duverdy und Bachelard sahen einander betroffen an. Doch
mittlerweile war man bei dem Restaurant angekommen, und der Onkel
erklärte, man müsse vor allem gut frühstücken; das werde zur
Klärung der Gedanken beitragen. Er lud sie ein und bestellte ein
reiches Frühstück, ganz außergewöhnliche Speisen und Getränke, die
sie drei Stunden hindurch in einem Kabinett zurückhielten. Vom
Duell ward nicht gesprochen, umso mehr von den Frauen. Fifi und
Clarisse wurden besprochen, erklärt, zergliedert. Bachelard nahm
alles Unrecht auf sich, um vor Duverdy nicht als der Betrogene
dazustehen; dieser hingegen, um für jenen Abend sich zu rächen, als
Bachelard ihn in der ausgeleerten Wohnung der Kirschenstraße weinen
sehen, log jetzt von seinem Liebesglück so ausgiebig, daß er
schließlich selbst daran glaubte und gerührt ward.
August, dem seine Nervenschmerzen die Lust am Essen und Trinken
verdarben, hatte den Ellbogen auf den Tisch gestützt und schien,
die trüben Augen auf sie gerichtet, ihnen zuzuhören. Beim Nachtisch
erinnerte sich Trublot des unten stehenden Kutschers, den man
völlig vergessen hatte. Er sandte ihm den Rest der Schüsseln und
einige halbleere Flaschen Wein hinab. Es
schlug drei Uhr. Duverdy beklagte sich, daß er in der nächsten
Gerichtssitzung Beisitzer sei; Bachelard war betrunken und spuckte
auf Trublots Beinkleid, der dies gar nicht zu bemerken schien; der
Tag wäre so fein beim Likör zu Ende gegangen, wenn nicht August
plötzlich aufgefahren wäre.
Nun denn, was soll geschehen? fragte er.
Wohlan, mein Junge, sagte der Onkel ihn duzend, wenn du willst,
werden wir dich ganz hübsch aus der Geschichte ziehen… Es ist zu
dumm; du wirst dich nicht schlagen.
Niemand war überrascht von diesem Schluß. Duverdy nickte
zustimmend, und der Onkel fuhr fort:
Ich will mit dem Herrn Rat zu deinem Gegner hinaufgehen; der
Kerl muß dich um Verzeihung bitten, oder ich will nicht länger
Bachelard heißen. Wenn er mich nur sieht, wird er zu Kreuze
kriechen.
August drückte ihm die Hand, schien aber nicht erleichtert, denn
seine Kopfschmerzen waren fast unerträglich geworden. Endlich
verließ man das Kabinett. Der Kutscher saß in der Droschke und
frühstückte noch; er war völlig betrunken und klopfte dem Trublot
vertraulich auf den Bauch.
Das Pferd, das nichts bekommen hatte, weigerte sich zu gehen und
schüttelte verzweifelt den Kopf. Auf vieles Antreiben setzte es
sich endlich in Bewegung, und um vier Uhr war man in der
Ghoiseul-Straße glücklich angelangt. August hatte die Droschke
sieben Stunden behalten, Trublot, der im Wagen verblieb, erklärte,
er wolle sie weiter behalten und Bachelard erwarten, um diesem ein
Essen anzubieten.
Du hast wirklich die ganze Zeit damit verbracht? rief Theophil,
seinem Bruder entgegeneilend; ich glaubte dich längst tot.
Sobald die Herren in den Laden eingetreten
waren, erzählte er ihnen seine Wahrnehmungen vom Tage. Seit neun
Uhr
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