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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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schien ihm alles verödet, er selbst wähnte
sich wie fremd inmitten des ungewohnten Ungemachs in
seinem Haushalte. Rachel, die er im Hause
behalten, um Berta auch 
damit
 zu kränken,
bestahl ihn und zankte mit ihm so frech und unverfroren, als ob sie
seine Gattin sei; das alles brachte ihn schließlich dahin, daß es
ihn nachgerade verlangte nach den kleinen Annehmlichkeiten des
Lebens zu zweien, den in gemeinsamer Langeweile verbrachten Abenden
und den nachher folgenden, kostspieligen Versöhnungen im warmen
Bett. Insbesondere waren es aber Theophil und Valerie, die er satt
hatte, die sich unten eingenistet hatten und den Laden mit ihrer
Wichtigtuerei erfüllten. Auch hatte er sie im Verdacht, daß sie
sich ganz unverfroren Geld aneigneten. Valerie war nicht wie Berta;
sie liebte es, auf dem Bänkchen der Kasse zu thronen, allein er
glaubte zu bemerken, daß sie angesichts ihres Kretins von einem
Gatten die Männer an sich ziehe, dieses Gatten, dem ein ewiger
Schnupfen fortwährend die Augen mit Tränen füllte. Da war ihm Berta
doch lieber, diese hatte doch nicht die ganze Straße vor dem Laden
vorbeispazieren lassen. Endlich quälte ihn noch eine letzte
Besorgnis. Das Geschäft »Zum Paradies der Damen« gedieh und ward
eine Gefahr für sein Haus, dessen Kundenkreis von Tag zu Tag
abnahm. Gewiß war es ihm nicht leid um diesen elenden Octave, aber
er mußte ihm billigerweise ganz außerordentliche geschäftliche
Talente einräumen. Welchen Aufschwung hätte sein Handel nehmen
können, wenn man sich besser verständigt hätte! Gefühle der Reue
überkamen ihn nicht selten, und es gab Stunden, wo er krank in
seiner Einsamkeit, das ganze Leben versinken zu sehen glaubte und
Lust bekam, zu den Josserand hinaufzugehen, um Berta
zurückzuverlangen ohne jede Entschädigung.
    Auch Duverdy ließ den Mut nicht sinken, trieb ihn vielmehr
unablässig zu einer Aussöhnung, gepeinigt durch den üblen Ruf, in
den eine solche Geschichte sein Haus bringen mußte. Er tat sogar, als ob er den durch den Priester
hinterbrachten Worten der Frau Josserand Glauben schenke, daß man
nämlich bereit sei, dem August am folgenden Tage die Mitgift zu
bezahlen wenn er seine Frau bedingungslos zurücknehme. Wenn August
über eine solche Zumutung wieder in Wut geriet, wandte sich der Rat
an sein Herz. Er nahm ihn mit sich die Uferstraßen entlang, wenn er
sich in den Justizpalast begab, predigte ihm mit vor Rührung
zitternder Stimme die Vergebung der Kränkungen, träufelte ihm ein«
verzweifelte und feige Philosophie ein, nach der das Glück einzig
darin bestehe, das Weib zu ertragen, da man es nicht missen
könne.
    Duverdy versetzte die ganze Choiseul-Straße in Unruhe durch
seine kummervolle Haltung und die Blässe seines Gesichtes, auf dem
sich immer größere rote Flecken zeigten. Ein Unglück, das nicht
eingestanden werden durfte, schien ihn zu Boden zu drücken.
Clarisse, die immer dicker und ausgelassener werdende Clarisse,
marterte ihn. In dem Maße wie ihre spießbürgerliche Leibesstärke
zunahm, fand er sie immer unerträglicher mit ihrem Geziere guter
Erziehung und vornehmer Strenge. Sie verbot ihm jetzt, in Gegenwart
ihrer Familie sie zu duzen; vor seinen Augen warf sie sich an den
Hals ihres Klavierlehrers und überließ sich Vertraulichkeiten, die
ihn zum Schluchzen brachten. Zweimal überraschte er sie mit
Theodor, wurde böse, flehte schließlich auf den Knien um Verzeihung
und ließ sich jede Teilung gefallen. Um ihn übrigens in Demut und
Unterwürfigkeit zu erhalten, sprach sie fortwährend mit Widerwillen
von seinen Warzen; sie hatte sogar den Einfall, ihn einer ihrer
Küchenmägde zu überlassen, einer handfesten Dirne, die an derlei
niedrige Geschäfte gewöhnt war, allein die Magd wollte von dem
Herrn nichts wissen. So ward denn das Leben für Duverdy mit jedem
Tage unerträglicher bei dieserGeliebten, wo er
seine Häuslichkeit in eine Hölle verwandelt wiederfand. Die
Hausiererfamilie, Mutter, Bruder, Schwestern, selbst die kranke
Tante bestahlen ihn in schamloser Weise, lebten offen von ihm; das
ging so weit, daß sie ihm zur Nachtzeit die Taschen leerten. Seine
Lage verschlimmerte sich auch in anderer Richtung. Er war mit
seinen Geldmitteln zu Ende und fürchtete auf seinem Richtersitz
bloßgestellt zu werden. Wohl konnte man ihn nicht absetzen; allein
schon begannen die jungen Advokaten ihn mit schelmischen Augen zu
betrachten, was ihn bei der Rechtsprechung sehr genierte. Wenn er
durch den Schmutz und das

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