Der häusliche Herd
an.
Frau Josserand wandte sich erschöpft von ihm ab, als die Magd
eintrat und den Doktor Juillerat und den Abbé Mauduit anmeldete.
Sie hatten sich auf dem Flur getroffen und traten miteinander ein.
Der Doktor fand Herrn Josserands Zustand viel schlimmer; die Szene,
in der er gleichfalls eine Rolle spielen mußte, hatte diese Wendung
bewirkt.
Der Abbé wollte Frau Josserand in den Salon führen, wo er – wie
er sagte – ihr etwas mitzuteilen habe. Sie ahnte, woher der Wind
wehe, und antwortete majestätisch, daß sie sich im Kreise ihrer
Familie befinde, die alles mitanhören dürfe; auch der Doktor könne
dabei sein, denn der Arzt sei ja gewissermaßen auch ein
Beichtvater.
Verehrte Frau, begann der Priester mit einer etwas gezwungenen
Sanftheit, betrachten Sie meinen Schritt als den Ausfluß des
sehnlichen Wunsches, zwei Familien zu versöhnen …
Er sprach von der göttlichen Vergebung, von der Freude, die er
darob empfinde, daß er die redlichen Herzen beruhige, indem er
einer unhaltbaren Lage ein Ende mache. Er nannte Berta ein
unglückliches Kind, was sie wieder zu Tränen rührte; und das alles
so väterlich, in so gewählten Ausdrücken, daß Hortense nicht das
Zimmer zu verlassen brauchte. Indessen
mußte er auch auf die 50 000 Franken zu sprechen kommen; die
Sache schien bereits so weit gediehen, daß die Gatten sich nur mehr
zu umarmen brauchten, als er die formelle Bedingung der Morgengabe
vorbrachte.
Herr Abbé, sprach Frau Josserand, verzeihen Sie, daß ich Sie
unterbreche. Wir sind gerührt von Ihren Bemühungen, allein
nimmermehr, hören Sie, nimmermehr werden wir um die Ehre unserer
Tochter feilschen … Es gibt Leute, die sich bereits versöhnt
haben um der Morgengabe dieses Kindes willen. Ich weiß alles …
Früher hatten sie die Messer gegeneinander gezückt, und jetzt
stecken sie ewig beisammen, um vom frühen Morgen bis zum späten
Abend uns in den Grund zu klatschen … Nein, Herr Abbé, ein
solcher Handel wäre eine Schmach! …
Doch scheint es mir, verehrte Frau… wagte der Priester
einzuwerfen.
Sie fiel ihm jedoch ins Wort und fuhr in stolzem Tone fort:
Sehen Sie, mein Bruder ist jetzt da; Sie können ihn fragen… Vor
einigen Minuten erst wiederholte er mir: »Eleonore, ich bringe dir
die 50 000 Franken und schlichte dieses unglückliche
Mißverständnis.« Fragen Sie ihn, Herr Abbé, was ich darauf
erwiderte. Erhebe dich, Narziß, und sprich die Wahrheit!
Der Oheim war bereits eingeschlafen in einem Sessel, der an der
Hinterwand des Zimmers stand. Er rührte sich und stieß
unzusammenhängende Worte hervor. Als jedoch seine Schwester darauf
bestand, daß er spreche, legte er die Hand ans Herz und
stammelte:
Wenn die Pflichten rufen, muß man gehen… Die Familie vor
allem.
Hören Sie's! rief Frau Josserand mit triumphierender Miene. Nur
keine Geldfrage aus dieser Sache machen: das wäre unedel! … Sagen Sie jenen Leuten, wir
werden nicht sterben, um dem Bezahlen zu entgehen. Die Mitgift ist
da; allein man darf sie nicht verlangen als den Rückkaufspreis
unserer Tochter … Das wäre schmutzig! Möge August Berta erst
zurücknehmen: alles übrige wird sich später finden.
Sie sprach so laut, daß der Arzt, der den Kranken untersuchte,
sie bitten mußte zu schweigen.
Sprechen Sie leiser, gnädige Frau, Ihr Mann leidet.
Der Abbé Mauduit, der sich immer unbehaglicher fühlte, ging an
das Bett und sprach dem Kranken Trost zu. Dann entfernte er sich,
ohne auf das von ihm angeregte Thema zurückzukommen, und seinen
Mißmut über das Scheitern seiner Pläne mit seinem liebenswürdigen
Lächeln deckend, bei dem jedoch seine Lippen sich geringschätzig
und schmerzlich verzogen. Als der Doktor sich entfernte, teilte er
der Frau Josserand trocken mit, daß der Patient verloren sei; es
bedürfe der größten Vorsicht, denn die geringste Aufregung könnte
ihm den Rest geben. Betroffen zog sie sich in das Speisezimmer
zurück; der Oheim und ihre zwei Töchter folgten ihr dahin, um Herrn
Josserand, der schlafen zu wollen schien, Ruhe zu gönnen.
Berta, seufzte sie, du hast deinen Vater umgebracht. Der Doktor
hat's gesagt.
Alle drei saßen trauernd um den Tisch, während Bachelard,
gleichfalls von Tränen ergriffen, sich einen Grog
zurechtmachte.
Als August die Antwort der Josserand erfuhr, wurde er wiederum
wütend auf seine Frau; er schwor, sie mit den Füßen hinauszustoßen,
wenn sie sich vor ihm in den Staub werfe. Im Grunde genommen ging
sie ihm dennoch ab, es
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