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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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des Arztes das
Bewußtsein verloren. Um sich der Dienstleute zu entledigen, deren
sie nicht mehr bedurfte, und deren aufdringliche Neugierde ihr
lästig war, sagte Clotilde zu Clémence und Hyppolite:
    Geht mit dem Herrn Abbé in den Salon, er hat euch was zu
sagen.
    Der Priester mußte sie hinausführen. Das war wieder ein
unerquickliches Geschäft für ihn. Clémence und Hyppolite folgten
ihm sehr überrascht. Als sie allein waren, richtete er
salbungsvolle Worte der Mahnung an sie; der Himmel belohne ein
gutes Betragen, während eine einzige Sünde in die Hölle führe; es
sei übrigens immer Zeit, dem Skandal ein Ende zu machen und sich
dem Wege des Heils zuzuwenden. Diese Reden steigerten ihre
Überraschung zur Verblüffung; mit hängenden Armen standen beide da,
sie mit ihren zarten Gliedern und den
gespitzten Lippen, er mit seinem platten Gesicht und seiner
grobknochigen Gensdarmengestalt, und tauschten von Zeit zu Zeit
ängstliche Blicke aus. Sollte die Gnädige die entwendeten
Servietten droben im Koffer gefunden haben? oder hatte sie von der
Flasche Wein Kenntnis erhalten, die sie allabendlich mit
hinaufnahmen?
    Meine Kinder, schloß der Priester, ihr gebt ein schlimmes
Beispiel. Es ist ein großes Verbrechen, andere zu verderben, das
Haus zu entehren, das man bewohnt. Ja, ja; euer ungebührliches
Betragen ist niemandem mehr unbekannt, denn ihr prügelt euch ja
seit acht Tagen.
    Er errötete: schamhaft zögernd suchte er nach Worten. Die beiden
Dienstboten atmeten erleichtert auf. Sie lächelten jetzt und
wiegten sich zufrieden in den Hüften. Wenn es weiter nichts ist, da
braucht man ja nicht zu erschrecken!
    Das ist ja vorüber, Herr Pfarrer, sagte Clémence, indem sie
Hyppolite zärtlich anblickte. Wir haben uns ausgesöhnt. Er hat mir
alles erklärt.
    Da war der Priester erstaunt und betrübt.
    Ihr versteht mich nicht, meine Kinder. Ihr könnt nicht weiter so
zusammenleben. Ihr beleidigt Gott und die Menschen … Ihr müßt
heiraten.
    Neue Verblüffung auf Seite der Dienstboten. Heiraten? Warum?
    Ich will nicht, erklärte Clémence. Ich habe andere
Absichten.
    Jetzt suchte der Abbé, den Hyppolite zu überzeugen.
    Sie sind ein Mann, mein lieber Junge; reden Sie ihr zu; machen
Sie sie auf die Gebote der Ehre aufmerksam … Heiratet; es wird
ja an eurer Lebensweise nichts ändern.
    Der Bediente lachte verlegen. Er betrachtete eine Weile seine
Schnallenschuhe und sagte endlich:
    Ich möchte wohl, aber ich bin schon
verheiratet.
    Diese Antwort machte einen Strich durch die Ermahnungen des
Priesters. Trostlos darüber, sein heiliges Amt in einer solchen
Weise entweiht zu haben, erhob er sich und ließ die beiden stehen.
Clotilde hatte alles gehört und machte eine Gebärde, die besagen
sollte, daß sie die Sache fallen lasse. Auf ihren Wink gingen die
Dienstboten hinaus mit ernsten Gesichtern, aber innerlich sehr
belustigt. Der Abbé schwieg eine Weile, dann beklagte er sich
bitter. Wozu setzte man ihn dem aus? Wozu Dinge lüften, die man am
besten unberührt läßt? Jetzt sei die Lage noch ärger als früher.
Allein Clotilde wiederholte ihre Gebärde von vorhin und erklärte,
sie habe jetzt andere Schmerzen. Sie werde auch die Dienstboten
nicht entlassen aus Furcht, daß der Selbstmordversuch sehr bald im
ganzen Stadtviertel bekannt werden könne. Man werde später
sehen.
    Also vollkommene Ruhe! empfahl der Doktor, aus dem Zimmer des
Kranken kommend. Er wird ganz hergestellt werden, doch muß jede
Aufregung oder Ermüdung von ihm ferngehalten werden. Seien Sie
frohen Mutes, verehrte Frau.
    Dann wandte er sich an den Priester.
    Sie werden ihm später Ihre Moralpredigt halten, mein teurer
Abbé. Ich kann ihn Ihnen noch nicht überlassen. Wenn Sie in das
Pfarrhaus zurückkehren, will ich Sie begleiten.
    Beide entfernten sich.
    Unterdessen gewann das Haus seine frühere Ruhe wieder. Frau
Juzeur hatte sich auf dem Friedhofe verspätet, wo sie mit Trublot,
den sie zu verführen trachtete, die Inschriften der Grabkreuze las;
trotz seiner Abgeneigtheit gegen erfolglose Koketterien mußte er
sie schließlich doch in der Droschke nach Hause führen. Das
traurige Abenteuer Luisens stimmte die
arme Frau trübe. Bis zur Wohnung sprach sie immer von dieser
Elenden, die sie tags vorher dem Asyl hatte zustellen müssen: eine
grausame Erfahrung, die letzte Enttäuschung, die ihr für immer die
Hoffnung benahm, jemals eine tugendhafte Dienstmagd zu finden.
Unter dem Tore lud sie schließlich Trublot ein, manchmal auf

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