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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Campardon; ich bin Ihnen ja Dank
schuldig dafür. Angela, setze deinen Hut auf. Ihnen kann ich sie
ruhig anvertrauen.
    Marie benahm sich sehr bescheiden; sie trug ein einfaches
Leinenkleid von dunkler Farbe und sprach von ihrem Gatten, der
gestern abend sehr verschnupft heimgekehrt sei, und von dem
Fleisch, das immer teurer werde, so daß man den Preis bald nicht
werde erschwingen können.
    Als sie mit Angela fortgegangen war, traten alle ans Fenster, um
der kleinen Gesellschaft nachzublicken. Marie schob mit ihren
behandschuhten Händen sanft das Korbwägelchen Lilittes auf dem
Fußwege vor sich hin, während Angela, die sich beobachtet wußte,
mit gesenkten Augen an ihrer Seite einherschritt.
    Ist das eine wohlerzogene Frau! rief Frau Campardon; und so
sanft, so rechtschaffen!
    Der Architekt aber klopfte Octave auf die Schulter und
sagte:
    Es geht nichts über die häusliche Erziehung, mein Lieber!

Kapitel 5
     
    Am Abend war Konzert und Abendgesellschaft bei den Duverdy.
Gegen zehn Uhr legte Octave – der jetzt zum ersten Male eingeladen
war – die letzte Hand an seine Toilette. Er war in ernster Stimmung
und gewissermaßen gegen sich selbst gereizt. Warum hatte er sich
Valerie entgehen lassen, eine Frau von so guter Familie, und hätte
er es nicht auch besser überlegen sollen, bevor er Berta Josserand
zurückwies? In dem Augenblicke, als er seine weiße Krawatte
anlegte, ward der Gedanke an Marie Pichon ihm unerträglich. Nach
fünfmonatlichem Aufenthalte in Paris ein so armseliges Abenteuer!
Er schämte sich dessen schier, denn er fühlte die Leere und
Nutzlosigkeit eines solchen Verhältnisses. Er schwur sich denn
auch, indem er die Handschuhe anzog, seine Zeit nicht mehr in
solcher Weise vergeuden zu wollen. Er war nunmehr entschlossen zu
handeln, da er Eintritt in die Welt hatte, wo es wahrlich an
Gelegenheiten nicht mangelte.
    Auf dem Flur paßte Marie ihm auf. Pichon war nicht zu Hause,
Octave konnte es nicht vermeiden, einen Augenblick einzutreten.
    Wie schön sind Sie! flüsterte Marie.
    Die Familie Pichon war niemals zu den Duverdy eingeladen worden;
sie war denn auch von Achtung erfüllt für den Salon im ersten
Stockwerke. Sie war übrigens auf niemanden neidisch; sie besaß
weder den Willen, noch die Kraft dazu.
    Ich werde Sie erwarten, sagte sie, ihm die Stirn zum Kusse
bietend. Kommen Sie nicht zu spät. Sie werden mir sagen, wie Sie
sich unterhalten haben.
    Octave mußte einen Kuß auf ihre Haare drücken.
Obgleich intime Beziehungen zwischen ihnen
bestanden und sie sich einander näherten, wenn das Verlangen oder
die Muße sie dazu trieb, duzten sie einander dennoch nicht. Endlich
ging er hinab; sie neigte sich über das Treppengeländer und folgte
ihm mit den Augen.
    Zur nämlichen Zeit ereignete sich ein ganzes Drama bei den
Josserands. Die Abendgesellschaft bei den Duverdy, zu der sie sich
rüsteten, sollte – wie Frau Josserand vermeinte – über das
Schicksal Bertas mit August Vabre entscheiden. Seit vierzehn Tagen
immer näher bedrängt, zögerte dieser noch; es war offenbar, daß er
in Betreff der Mitgift Zweifel hegte. Um einen entscheidenden
Schlag zu führen, hatte Frau Josserand ihrem Bruder einen Brief
geschrieben, ihm den Heiratsplan mitgeteilt und ihn an seine
Versprechungen erinnert: sie hoffte, daß er sich in seiner Antwort
mit einigen Sätzen verpflichten werde, die sie dann bei Vabre
ausnützen wollte. Die ganze Familie wartete angekleidet vor dem
Ofen des Speisezimmers, bereit, hinabzugehen. Es war schon neun
Uhr, als endlich Herr Gourd den Brief des Onkel Bachelard brachte.
Frau Gourd hatte den Brief unter ihrer Schnupftabaksdose
vergessen.
    Ach, endlich! rief Frau Josserand und entsiegelte den Brief.
    Der Vater und die Töchter beobachteten sie ängstlich, während
sie las. Adele, die ihnen beim Ankleiden geholfen hatte, bewegte
sich schwerfällig um sie her und räumte das Tafelgeschirr ab.
    Frau Josserand war ganz bleich geworden.
    Nichts, nichts! stammelte sie. Nicht ein einziger klarer,
verpflichtender Satz! … Er wird später sehen, vor der
Hochzeit … Und er hat noch die Frechheit hinzuzufügen, daß er
uns sehr liebe – der Halunke!
    Herr Josserand, der einen Frack angelegt hatte, sank
in einen Sessel; auch Berta und Hortense
mußten sich setzen, denn sie fühlten ihre Beine wanken. So saßen
sie da, die eine blau, die andere rosa, immer in den nämlichen
Toiletten, die wieder einmal aufgefrischt waren.
    Ich habe immer gesagt, murmelte der Vater: Bachelard

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