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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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beutet uns
aus und wird keinen Sou geben.
    Frau Josserand in ihrem feuerfarbenen Kleide stand da und las
den Brief noch einmal; dann brach sie los:
    Ha, die Männer! … Dieser genießt doch das Leben so unmäßig,
daß man ihn für blöd halten muß! Aber nein! Wenn er auch niemals
bei Verstand ist – sobald man ihm von Geld spricht, reißt er die
Augen auf … Ha, die Männer! …
    Ich begreife gar nicht eure Wut, euch verheiraten zu
wollen … Wenn ihr davon so gesättigt wäret, wie ich … Es
gibt keinen Mann, der euch um euer selbst Willen liebt und euch ein
Vermögen zubrächte, ohne zu feilschen. Oheime, die Millionäre sind
und sich zwanzig Jahre lang aushalten ließen, geben ihren Nichten
keine Aussteuer! Unfähige Väter! Ja, unfähige Väter! …
    Herr Josserand ließ den Kopf sinken. Adele, an solche
geräuschvolle Auseinandersetzungen gewöhnt, fuhr ruhig fort, den
Tisch abzuräumen. Plötzlich wandte der Zorn der Frau Josserand sich
gegen sie.
    Was machst du da? Willst du uns ausspionieren? Packe dich in die
Küche und warte, bis man dich ruft.
    Dann schloß sie folgendermaßen:
    Alles ist für diese sauberen Vögel, und wir sollen das leere
Nachsehen haben! … Sie verdienen denn auch nichts weiter, als
hintergangen zu werden: merkt euch das!
    Berta und Hortense nickten zustimmend, gleichsam durchdrungen
von der Richtigkeit ihrer Ratschläge. Seit langer Zeit schon hatte
ihre Mutter sie von der Minderwertigkeit der Männer überzeugt, die nur dazu da seien, um zu
heiraten und zu zahlen.
    Tiefe Stille herrschte in dem dunstigen, von dem Geruch der
Speisen erfüllten Zimmer. Die Josserand saßen angekleidet umher,
vergaßen das Konzert bei den Duverdy und gedachten der ewigen
Enttäuschungen des Lebens. Aus dem Nebenzimmer hörte man das
Schnarchen Saturnins, den sie nach dem Essen zu Bett geschickt
hatten.
    Endlich sagte Berta:
    Also verfehlt? Man kann sich auskleiden?
    Doch Frau Josserand fand im Augenblick ihre Energie wieder. Was,
auskleiden? Warum denn? Ist denn die Familie nicht ehrbar? Ist eine
Verbindung mit ihr nicht ebensoviel wert wie mit jeder anderen? Die
Ehe muß dennoch zustande kommen, und wenn sie das Leben kostet.
    Dann verteilte sie in aller Hast die Rollen: Die beiden Mädchen
erhielten die Weisung, sehr liebenswürdig gegen August Vabre zu
sein, ihn nicht mehr loszulassen, bis er »angebissen« habe. Der
Vater bekam den Auftrag, den alten Vabre und Duverdy zu gewinnen,
indem er ihnen in allen Dingen Recht gebe – wenn er soviel Verstand
habe. Sie selbst wolle die Frauen auf sich nehmen und sie für ihren
Plan gewinnen. Dann warf sie einen letzten Blick im Zimmer umher,
gleichsam um zu sehen, ob sie keine Waffe vergessen habe und sagte
mit der furchtbaren Miene eines Kriegers, der seine Söhne ins
Treffen führt, das einzige Wort:
    Kommt hinab!
    Sie gingen hinab. Auf der feierlich stillen Treppe fühlte Herr
Josserand große Angst; er sah allerlei unangenehme Dinge voraus, zu
denen sein Biedersinn sich nicht verstehen konnte.
    Als sie eintraten, war der Salon der Duverdy
gedrängt voll. Der riesige Konzertflügel
nahm eine ganze Wand ein; davor saßen die Damen auf Sesselreihen
wie im Theater; zu den offenen Türen des Speisesaales und des
kleinen Salons strömten die schwarzgekleideten Herren in dichten
Gruppen herein. Ein Armleuchter und mehrere auf den
Spiegeltischchen stehende Lampen verbreiteten Tageshelle in diesem
Salon, der in Weiß und Gold gemalt war, und von dessen Grundfarbe
die roten Möbel sich lebhaft abhoben. Es war heiß; die Fächer
verbreiteten mit ihren regelmäßigen Bewegungen die durchdringenden
Düfte der Leibchen und der entblößten Schultern.
    Eben setzte Frau Duverdy sich zum Klavier. Frau Josserand winkte
ihr lächelnd zu, sich nicht stören zu lassen. Sie übergab ihre
Töchter den Herren und ließ sich auf einem Sessel zwischen Valerie
und Frau Juzeur nieder. Herr Josserand begab sich in den kleinen
Salon, wo der Hausherr, Herr Vabre, auf seinem gewohnten Platze, in
einer Ecke, schlummerte. Es waren noch da Campardon, August und
Theophil Vabre, der Doktor Juillerat, der Abbé Mauduit – diese
bildeten eine Gruppe; Octave und Trublot, die einander gefunden
hatten, flohen die Musik und retteten sich in den Hintergrund des
Speisesaales. In ihrer Nähe stand hinter der Menge
schwarzgekleideter Herren Herr Duverdy, ein Mann von hoher, hagerer
Gestalt, und schaute unverwandt auf seine Frau, die am Flügel saß
und wartete, bis Stille werde. Er

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