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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Rosaliens Handlangerin war. Unter diesen alten Menschen und neben dem alten Gemäuer ging Victor herum, wie ein nicht hieher gehöriges Wesen. Sogar die Hunde waren sämmtlich alt; die Obstbäume, die sich vorfanden, waren alt; die steinernen Zwerge, die Bohlen im Schiffhause waren alt! nur einen Genossen hatte Victor, der blühend war wie er, nehmlich die Laubwelt, die lustig in der Verfallenheit sproßte und keimte.
    Victor hatte sich schon früher öfter mit einer Thatsache beschäftigt, die ihn nachdenken machte. Er wußte nehmlich nicht, wo sein Oheim das Schlafzimmer habe, und konnte es troz aller Beobachtungen nicht entdeken. Er dachte daher, vielleicht verberge er es gar aus Mißtrauen. Einmal, da der Jüngling über die Treppe in die Küche hinab gerieth, hörte er eben die Haushälterin sagen: »Er traut ja Niemanden; wie könnte man ihm denn beibringen, daß er aus der Hul einen Menschen in Dienst nehme? das thut er nicht. Er rasirt sich darum selbst, daß ihm niemand den Hals abschneide, und er sperrt Nachts die Hunde ein, daß sie ihn nicht fressen.«
    An diese Umstände äußerster Hülflosigkeit mußte Victor nun immer denken, und dies um so mehr, als sich gerade jezt gegen ihn mildere Zeichen einstellten. Die eiserne Gitterthür im Gange zu seinem Schlafzimmer wurde nicht mehr gesperrt, das Bohlenthor stand zur Schwimmzeit regelmäßig offen, und zum eisernen Hauptgitter der Mauer hatte Victor statt eines Schlüssels ein Pfeifchen von dem Oheime empfangen, auf dessen Pfiff das Gitter sich öffnete; denn es war nicht wie gewöhnlich zu sperren und zu öffnen, sondern durch eine Vorrichtung von einem Zimmer des Oheims aus, man wußte nur nicht, von welchem.
    Die ersten ordentlichen Unterredungen zwischen den zwei Verwandten wurden durch eine seltsame Veranlassung eingeleitet, man könnte sagen: aus Neid. Da nehmlich eines Abends Victor von einem Streifzuge durch die Insel, wie er sie jezt öfters machte, in Begleitung aller vier Hunde zurük kam - auch der des Oheims; denn sie hatten sich schon länger an ihn angeschlossen und waren in seiner und des Spizes Gesellschaft lustiger und rühriger geworden, als sie es früher gewesen waren - sagte der Oheim, der zufälliger Weise noch in dem Garten war, und dieses sah: »Dein Spiz ist auch weit besser, als meine drei Bestien, denen nicht zu trauen ist. Ich weiß nicht, wie sie sich so an dich hängen?«
    Dem Jünglinge fuhren auf diese Rede die Worte, weil sie ihm so nahe lagen, aus dem Munde: »Habt sie nur lieb, wie ich den Spiz, und sie werden auch so gut sein.«
    Der Mann sah ihn mit sonderbar forschenden Augen an, und sagte gar nichts auf diese Rede. Aber sie wurde der Anker, an den Abends bei Tische andere Gespräche über andere Gegenstände angeknüpft wurden. Und so ging es dann weiter, und Oheim und Neffe sprachen jezt wieder mit einander, wenn sie zusammen kamen, was namentlich bei den drei Mahlzeiten des Tages der Fall war.
    Besonders lebhaft wurde Victor einmal, da ihn der Greis zufällig oder absichtlich veranlaßte, von seiner Zukunft und von seinen Plänen zu reden. Er werde jezt in sein Amt eintreten, sagte Victor, werde arbeiten, wie es nur seine Kraft vermag, werde jeden Fehler, den er antreffe, verbessern, werde seinen Obern alles vorlegen, was zu ändern sei, werde kein Schlendern und keinen Unterschleif dulden - in freien Stunden werde er die Wissenschaften und Sprachen Europas vornehmen, um sich auf künftige Schriftstellerarbeiten vorzubereiten, dann wolle er auch das Kriegswesen kennen lernen, um in dem höheren Staatsdienste einmal den ganzen Zusammenhang überschauen zu können, oder in Zeiten der Gefahr selbst zu Feldherrndiensten tauglich zu sein. Wenn er sonst noch Talent habe, so möchte er auch die Musen nicht ganz vernachlässigen, ob ihm vielleicht etwas gelänge, was sein Volk zu begeistern und zu entflammen vermöge.
    Der Oheim hatte während dieser Rede Kügelchen aus Brod gedreht, und hatte lächelnd mit den schmalen, zusammen gekniffenen Lippen zugehört.
    »Wenn du nur das alles zusammen bringst,« sagte er, »jezt kannst du schon gut schwimmen, das heißt, ziemlich gut; ich habe dir gestern wieder eine Weile zugeschaut - aber der Bogen der rechten Hand ist noch ein wenig zu kurz, es ist, als zögest du die Hand zurük, und die Fußbewegung ist auch noch zu heftig. - Willst du denn nicht auch einmal zu jagen versuchen? Verstehst du ein Gewehr los zu schießen und zu laden? Ich gebe dir ein par aus meiner Gewehrkammer,

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