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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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also konnte sie nicht weit gegangen sein. Zum ersten Mal war er froh über ihre unzweckmäßige Garderobe. Er schritt durch die Klosterpforte, ließ das Dorf hinter sich und ging zum Strand.
    Schon nach etwa hundert Metern entdeckte er sie. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und starrte auf die See hinaus. Ohne Umhang, ohne Hut. Sie musste beides im Gästehaus zurückgelassen haben und einfach so nach draußen gegangen sein. Schneeflocken tanzten um sie herum, ihr langes dunkles Haar flatterte im Wind.
    „Joanna.“ Er blieb ein paar Schritte von ihr entfernt stehen, und sie drehte sich zu ihm um. Ihm blieb fast das Herz stehen, als er ihr Gesicht sah. Ihre violetten Augen wirkten vollkommen leer. Er bezweifelte, dass sie ihn überhaupt wahrnahm oder wusste, wer er war. Sie hatte sich tief in sich selbst zurückgezogen, und er wusste nicht, wie er sie erreichen sollte. Das Kleid schmiegte sich an ihren Körper, schon jetzt durchnässt vom Schnee. In ihrem Haar und auf ihren Lippen hingen Schneeflocken. „Wir müssen einen Unterschlupf finden!“, rief er gegen den heulenden Wind an. Es war bereits zu spät, um zum Kloster zurückkehren zu können, der Schneefall war zu einem echten Schneesturm geworden. Er kannte solche Stürme. Wenn sie nicht bald die Hütte eines Fallenstellers fanden, würden sie in der weißen Wildnis die Orientierung verlieren und höchstwahrscheinlich erfrieren, obwohl das Dorf so nahe war.
    Alex legte den Arm um sie, schlang seinen Umhang um sie beide und führte sie den Strand entlang auf die nächste Hütte zu. Joanna fühlte sich steif an, kam aber widerstandslos mit ihm mit und ließ sich durch die Tür in die karge Unterkunft ziehen. Im Gegensatz zu anderen Fallenstellerhütten war diese gemütlich und sauber, vorbereitet auf den Winter mit seinen langen, dunklen Nächten. Alex sandte ein Stoßgebet gen Himmel, dass sie dem Sturm trotzen würde.
    Joanna setzte sich auf die Bettkante und schlang die Arme um sich, zitterte aber nicht. Es war, als wäre sie sich ihrer selbst oder der Umgebung gar nicht bewusst. Alex wünschte, er könnte ein Feuer machen oder ihr ein wärmendes Getränk einflößen, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Sturm abzuwarten und zu hoffen, dass er nicht lange dauern würde.
    „Du musst die nassen Sachen ausziehen“, sagte er schroffer als beabsichtigt. „Komm, ich will nicht, dass du krank wirst.“
    Teilnahmslos ließ sie sich von ihm entkleiden, und erst, als sie im Unterkleid dasaß, hob sie plötzlich den Kopf und sah ihn an. In ihrem Blick war so viel Zorn und Schmerz, dass Alex erschrak.
    „Alex“, murmelte sie und streckte verzweifelt die Arme nach ihm aus. Er zog sie an sich, und sie schmiegte den Kopf an seine Brust. Eine ganze Weile wiegte er sie sanft, flüsterte beruhigend auf sie ein und küsste sie aufs Haar. Sie klammerte sich an ihn, und dann kamen plötzlich die Tränen. Sie durchtränkten sein Hemd und fühlten sich heiß auf seiner kühlen Haut an. Joanna weinte so bitterlich, dass sie am ganzen Leib zitterte. Alex hielt sie so fest er konnte, bis sie sich schließlich etwas beruhigte.
    „Ich musste es tun“, sagte sie.
    „Ich verstehe dich.“ Das Herz war ihm so übervoll, dass er kaum sprechen konnte. „Du warst so großherzig. Viel großherziger, als ich je gedacht hätte.“
    „Ich wollte es gar nicht sein.“ Sie klang zornig, beinahe böse. „Ich wollte sie mitnehmen. Ich wollte, dass sie mir gehört …“ Wieder wurde sie von einem Schluchzen geschüttelt. „Aber im Grunde hat sie das nie …“
    „Ruhig.“ Alex streichelte sie beschwichtigend. Ihr Gesicht war tränenüberströmt, die Augen rot und verquollen, und Alex empfand größtes Mitgefühl mit ihr. Er berührte ihre Wange, hob ihr Kinn an, und sie schlang die Arme um seinen Nacken. Ihre Lippen trafen sich, und die Welt um ihn herum versank.
    Dieser Kuss hatte nichts von Liebe oder Zärtlichkeit an sich. Er war wie ein verzweifelter Hilfeschrei von Joanna, von ihrem unerträglichen Schmerz erlöst zu werden. Alex wusste, dass sie ihn nur deswegen brauchte, aber sie legte jede Zurückhaltung ab, und sein Verlangen nach ihr war plötzlich stärker als je zuvor. Hatte sie früher auf seine Liebkosungen nur reagiert, so war sie jetzt so entfesselt wie der Sturm draußen. Er erwiderte ihren Kuss und streichelte sie durch die dünne Seide ihres Unterkleids.
    Sie öffnete ihm ihre Lippen, presste sich enger an ihn, und er konnte an nichts anderes mehr denken

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