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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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jeden Winter geschneit hat.“ Sie wirbelte wieder herum, als könnte sie einfach nicht stillstehen. „Wo sind die Eisberge?“, wollte sie wissen.
    „Hier gibt es keine Eisberge“, erklärte Alex. „Sie bilden sich hier nicht so wie weiter im Nordwesten. Keiner weiß, warum.“
    Joanna zog einen Schmollmund. „Keine Eisberge? Aber es muss doch Meereseis geben.“
    „Weiter oben im Norden“, erwiderte Alex.
    Ihre Miene hellte sich auf. „Ach, das würde ich zu gern sehen!“
    „Vielleicht bekommst du auch welches zu sehen. Ein Schiff von der grönländischen Fischerei hat heute Morgen längsseits haltgemacht und uns berichtet, dass das Eis diesen Sommer sehr weit nach Süden reicht.“ Er stellte sich neben sie an die Reling. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung und wirkten fast so blau wie der Himmel.
    „Ich habe noch nie einen so leeren, unbewohnten Ort gesehen“, flüsterte sie andächtig und drehte sich spontan zu ihm um. „Es ist sehr, sehr schön.“
    Alex’ Herz setzte einen Schlag aus. Er sah in ihr leuchtendes Gesicht, und sie wirkte lebensfroher, als er sie je gesehen hatte. „Findest du das wirklich?“
    „O ja …“ Sie erschauerte und schlang die Arme um sich wie ein Kind, das einen Schatz fest an sein Herz drücken wollte. „Ich hatte ja keine Ahnung. Ich dachte, hier wäre es finster, kalt und trostlos. Oder neblig, nass und trostlos. Oder einfach nur trostlos.“ Sie lachte.
    „All das kann es auch sein“, bestätigte Alex.
    „Wahrscheinlich.“ Das Funkeln in ihren Augen erlosch nicht. „Aber an einem Tag wie diesem wirkt hier alles wie verzaubert.“
    „Und dennoch hasst du das Landleben in England.“
    Joanna lachte erneut amüsiert auf. „In der Tat. Ich bin sehr wankelmütig.“
    Eine ganze Weile sahen sie sich in die Augen, und in Alex breitete sich ein Gefühl der Wärme aus. „Du steckst voller Überraschungen, Joanna“, sagte er langsam. „Ich dachte, du würdest es hier ganz schrecklich finden.“
    „Das dachte ich auch. Wahrscheinlich wird es so sein, wenn es regnet, und ich hasse Kälte. Aber im Moment ist es das Paradies.“ Sie neigte den Kopf zur Seite und sah Alex an. „Ich habe mich gefragt, warum du Forschungsreisender geworden bist.“ Ihre Stimme klang weich. „Du sagtest einmal, das Reisen wäre für dich wie ein innerer Zwang, und das konnte ich nicht nachvollziehen, aber jetzt …“ Sie legte eine Hand auf die Reling und sah aufs Meer hinaus. „Es ist, als wäre da draußen irgendetwas, etwas Verborgenes, das nach dir ruft, dich anzieht und dir keine Ruhe lässt …“
    Alex überlief ein Schauer. Noch nie in seinem Leben hatte jemand das Mysterium und die Leidenschaft in Worte gefasst, die seine Forschungsreisen in ferne Länder für ihn bedeuteten. Und nun hatte diese Frau, die seine Leidenschaft gar nicht teilte und von der er hätte schwören können, dass sie über keinerlei charakterlichen Tiefgang verfügte, seine Empfindungen besser beschrieben, als er es selbst hätte tun können. Er hatte seine Gedanken nie mit jemandem geteilt; er hatte nie mit Amelia, ja nicht einmal mit Ware oder seinen anderen Mitreisenden darüber gesprochen. Diese Gedanken waren fest in ihm eingeschlossen, ein Geheimnis, das Kernstück seiner Seele.
    Er starrte Joanna an, und ihre Augen weiteten sich überrascht, als sie die Leidenschaft in seinem Blick sah. „Genau das ist es“, sagte er und merkte, wie rau seine Stimme klang. „Das ist genau das, was ich empfinde.“
    „Dann tust du mir leid.“ Joanna wandte sich von ihm ab. „Weil ich glaube, dass du dadurch keinen Frieden findest.“
    „Aber woher wusstest du es?“ Alex griff nach ihrer Hand. Er fühlte sich verwirrt, auf eine seltsame Weise verwundbar, als hätte sie zu viel von ihm gesehen. „Hat Ware es dir erzählt?“
    „David?“ Sie machte ein erstauntes Gesicht und lachte schließlich. „Wohl kaum. Ich glaube nicht, dass David Forscher war, weil er den Drang dazu verspürte. Er hat schon früh erkannt, dass es der Weg zu Reichtum und Ruhm war, dementsprechend ist er ihn gegangen. Aber du …“ Ein Lächeln stahl sich in ihre Augen, wie die Sonne, die sich im Meer spiegelt. „Du bist anders, nicht wahr?“
    „Ja“, sagte Alex. „Ich bin nicht wie Ware.“ Er erschrak, sobald er die Worte ausgesprochen hatte, als hätte er seinen Freund verraten. Doch es stimmte. Er hatte miterlebt, wie David sich in seinem Ruhm gesonnt hatte. Er hatte Wares Ideale verstanden, aber er hatte sie nicht

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