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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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Oberflächlichkeit verbarg. Er entdeckte immer wieder neue, unbekannte Seiten an Joanna. Doch je mehr er versuchte, sie zu ergründen, desto mehr schienen sie ihm zu entgleiten. Er war sich nicht einmal sicher, warum er sie unbedingt besser kennenlernen wollte. Er war diese Verbindung eingegangen und hatte nichts weiter von ihr verlangt, als ihm einen Erben zu schenken und ihm seine persönliche Freiheit zu lassen. Nur fiel es ihm zunehmend schwerer, diese Distanziertheit beizubehalten. In der letzten Nacht hatte er nicht einmal an einen Erben gedacht. Herrliche, altmodische Lust hatte solche Gedanken aus seinem Bewusstsein vertrieben, und es war Joanna gewesen, die er gewollt hatte, nicht den Sohn, den sie ihm eventuell schenken konnte. Und doch war es noch viel mehr gewesen als Lust. Er fühlte sich ihr verpflichtet, obwohl er sich geschworen hatte, dass ihm das auf keinen Fall passieren würde. Er hatte geglaubt, seine Verpflichtung würde sich nur auf etwas rein Praktisches beschränken, nämlich Joannas Sicherheit während der Reise zu gewährleisten. Doch seit er sie gestern Abend geküsst hatte, war daraus so viel mehr geworden.
    „Ich bin froh, dass du mitgekommen bist“, hatte sie geflüstert, und diese Worte hatten ihm vollkommen den Atem verschlagen. Danach hatte er erwartet, die übliche Scheu vor Verantwortung und das Bedürfnis nach Freiheit zu verspüren, aber das war nicht eingetreten. Himmel, die Vorstellung, mit Joanna zusammen zu sein, fing allmählich sogar an, ihm zu gefallen. Und das war furchterregender als die größte körperliche Gefahr, in der er sich je befunden hatte.
    Ein ungewohntes Gefühl der Zärtlichkeit breitete sich in ihm aus. Langsam, beinahe widerstrebend, streckte er die Hand aus, um Joannas Wange zu berühren.
    Und berührte stattdessen Fell. Alex schrak zurück und sah, dass Max sich irgendwann zwischen sie gedrängt haben musste. Er lag behaglich zusammengerollt da und schnarchte. Plötzlich schlug der Hund ein Auge auf, warf Alex einen durch und durch triumphierenden Blick zu und schlief weiter.
    Wieder ertönte draußen das Horn, laut und eindringlich. Irgendetwas stimmte da nicht. Er stand auf und zog sich hastig an. Von oben vernahm er jetzt Schreie und das Poltern von Schritten. Joanna war aufgewacht und saß in der Koje, die Bettdecke bis zum Kinn gerafft. Sie sah verwirrt, verschlafen und ängstlich aus. „Alex?“, murmelte sie schläfrig. „Was ist los? Ist etwas passiert?“
    „Nein, sei unbesorgt. Ich bin bald wieder zurück.“ Er beugte sich zu ihr und küsste sie rasch. Ihm fiel ein, dass sie ungefähr zwei Stunden zum Ankleiden brauchte. „Vielleicht solltest du trotzdem schon aufstehen“, fügte er hinzu.
    Er wankte an Deck und schüttete sich einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf. Dev, der aussah wie das blühende Leben, wie Alex mürrisch feststellte, drückte ihm einen Becher Kakao in die Hand.
    „Du bist zu alt für so viel Rum“, sagte sein Cousin mitleidlos. „Du siehst aus wie der Tod. Oder vielleicht bist du auch zu alt für andere Ausschweifungen …“
    „Es reicht!“, fuhr Alex ihn an. Er sah zu Purchase hinüber, der sich ernst mit dem Steuermann besprach. „Ein Notfall?“
    „Meereseis“, gab Dev knapp zurück. „Vor einer halben Stunde hat der Wind gedreht, und das Eis drängt uns Richtung Land.“
    Alex trat an die Reling. Der Wind blies kalt und schneidend an diesem Tag, und der Himmel war grau. Alex sah das Problem sofort: Der Nordwestwind schob Eisschollen vor sich her auf das Schiff zu und trieb die Sea Witch immer weiter in die Richtung der felsigen Küste. Nur knapp fünfzig Meter weiter westlich war das Wasser klar, ein lockender, schimmernder Ausweg aus der Gefahr. Doch wegen des Windes konnten sie ihn nicht erreichen, und innerhalb der nächsten halben Stunde würden sie entweder vollkommen vom Eis eingeschlossen sein oder an den Felsen zerschellen.
    „Was meinst du?“ Purchase war neben ihn getreten.
    „Wir haben keine andere Wahl“, erwiderte Alex grimmig. „Wenn wir warten, stecken wir entweder fest oder werden zerschmettert.“ Er sah hinaus aufs Meer. „Wir müssen uns ins offene Wasser retten, und das sofort.“
    Er hörte, wie der Captain geräuschvoll ausatmete. „Ich habe so etwas noch nie gemacht“, sagte Purchase. „Es ist verdammt gefährlich. Das Eis ist instabil …“
    „Ich habe es schon gemacht“, warf Alex ein, „und es ist nicht annährend so gefährlich, wie hier sitzen zu bleiben und

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