Der Hauch von Skandal (German Edition)

ihr Anblick in Breeches und einer eng anliegenden Reitjacke auf Purchases Mannschaft haben würde. Er wusste nur zu genau, welche Auswirkung das auf ihn hätte. Drei Nächte lang hatte er sein leidenschaftliches Verlangen im Bett seiner Frau gestillt, und doch ließ seine Lust auf sie in keiner Weise nach. Im Gegenteil, seit dem Tag, an dem sie hartnäckig Wache gehalten hatte, während er und Dev das Schiff aus dem Eis befreiten, war sein Begehren noch tiefer und komplizierter geworden. Schon vorher hatte er gemerkt, wie er in unbekannte Gewässer trieb, und war nicht imstande gewesen, das zu verhindern. Jetzt brachte ihn sein Verlangen nach ihr dazu, ständig ihre Nähe zu suchen, und sei es auch nur bei einem Spaziergang an Deck, einem Gespräch oder einer Partie Schach. Sie schlug ihn jedes Mal, er hatte sich inzwischen damit abgefunden.
    „Dann sollte ich Purchase wohl besser bitten, uns nur alte und gebrechliche Männer mitzugeben“, sagte er und sah sie kopfschüttelnd an. „Wir werden ja sehen, wie lange du dich im Sattel halten kannst“, fügte er hinzu. „Das hier ist kein Ausritt im Hyde Park, weißt du.“
    Joanna zog die Augenbrauen hoch und bedachte ihn mit dem herausfordernden Blick, der ihm mittlerweile vertraut war. „Du hast selbst gesagt, ich wäre ein Mädchen vom Land“, sagte sie. „Ich wette, ich kann genauso lange im Sattel sitzen wie du.“
    „Ich wette fünfzig Guineen, dass du es nicht schaffst.“
    Sie drehte sich um und legte beide Hände an seine Brust. „Ich werde gewinnen“, versprach sie lächelnd. „Wieder einmal. Du wirst schon sehen.“
    Am folgenden Morgen wünschte Alex, er hätte lieber darauf gewettet, wie lange Joanna brauchen würde, sich fertig zu machen. Um sechs Uhr ließ Purchase das Wecksignal ertönen; eine Stunde später war von Joanna und Lottie Cummings immer noch nichts zu sehen.
    „Wahrscheinlich besteht nicht die geringste Chance, dass Mrs Cummings innerhalb der nächsten Stunde aufbruchbereit sein wird, oder?“, wandte Alex sich grimmig an Dev.
    „Nicht die geringste“, erwiderte Dev schmunzelnd. „Du solltest lieber Verstärkung holen und Frazer nach unten schicken.“
    Lottie erschien nach anderthalb Stunden, und nachdem Alex eine weitere halbe Stunde gewartet hatte, eilte Alex den Niedergang hinunter und stürmte, ohne anzuklopfen in Joannas Kajüte.
    Und blieb wie angewurzelt stehen.
    Seine Frau, das Haar zu einem dicken Zopf geflochten, saß auf der Kante der Koje in der aufreizendsten Aufmachung, die er je an ihr gesehen hatte. Allein ihr Anblick genügte, um glühende Erinnerungen an jede mit ihr verbrachte Nacht in ihm wachzurufen. Gelbbraune Breeches schmiegten sich eng an ihre wohlgeformten Beine. Die marineblaue Jacke war tailliert geschnitten und spannte leicht über ihrem Busen. Alex’ Mund war plötzlich wie ausgetrocknet.
    „Bin ich zu spät dran?“, fragte Joanna ängstlich, seine Miene falsch deutend. „Es tut mir so leid, ich komme nicht in diese Stiefel.“ Sie zeigte auf ein Paar glänzender schwarzer Husarenstiefel mit Troddeln.
    „Es ist, als müsste man ein eingeöltes Schwein in einen Kaninchenstall zwängen“, murrte Frazer von seinem Platz auf dem Boden aus. „Es geht einfach nicht, Mylord.“
    Kopfschüttelnd kniete Alex sich neben ihn, und mit viel Ziehen und Zerren gelang es den beiden Männern schließlich, Joanna die Stiefel anzuziehen. „Sogar Mrs Cummings war früher fertig als du“, bemerkte Alex, als er ihr beim Aufstehen half. Er sah sie an. Im Stehen wirkte ihre Aufmachung noch aufreizender, denn die Jacke war ziemlich kurz und bedeckte kaum das Gesäß in der engen Hose. Alex blickte die Augen verdrehend zu Frazer hinüber, widerstand dem Bedürfnis, Joanna in eine Decke zu hüllen, und führte sie aus der Kajüte.
    Bis Joanna die Stufen zum Deck hinaufgestiegen und die Strickleiter hinunter ins Beiboot geklettert war, hatte wohl jeder Seemann auf der Sea Witch einen Grund gefunden, in der Arbeit innezuhalten und das Ausschiffen mitzuverfolgen. Ein Glück dachte Alex grimmig, dass die See ruhig ist und die Leiter nicht zu sehr schwankt. Auf diese Weise ging das Unterfangen wenigstens relativ schnell über die Bühne, auch wenn er einigen Männern am liebsten einen Kinnhaken verpasst hätte, so wie sie seine Frau anstarrten. Owen Purchase und Dev, die ihre Bewunderung ebenfalls kaum verbergen konnten, ruderten das Boot zügig zum Strand. Lottie war sichtlich neidisch auf die Aufmerksamkeit, die Joanna