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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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Ihnen im späteren Leben einmal von Nutzen sein wird. Treten Sie mal heraus, Sie übernehmen die Führung der Sturmregimenter, es ist ja heute das letztemal, daß Sie an unserer Übung teilnehmen. Aufseher Lorenz, teilen Sie sechs Mann ein, zwei von jeder Haupttruppengattung, die Pioniere und die Etappe brauchen wir erst später, beim Vormarsch.
    AUFSEHER
ziemlich barsch Los, eins, zwei, eins, zwei, eins, zwei, raustreten!
    DIREKTOR
Hier herauf; aufs Podium, damit alle sehen können. Bulcke, Sie markieren die bayrische Kavalleriedivision. Voigt mehr nach vorne, diese beiden stehen hinter Ihnen, die stellen das zweite und das dritte westpreußische Grenadierregiment dar. Nein, mehr rüber, hier ist eine Bodenfalte, rechts davon ein Sumpf. Die Artillerie unterhalb des Podiums in Deckung gehen, so ist’s recht, ducken, ducken. Ihr tretet erst in Erscheinung, nachdem der erste Kavallerieangriff zurückgeschlagen ist. Da, wo ich stehe, ist die Hauptmacht des Feindes zu denken, und dieser Stuhl markiert die Höhe 101. Es ist elf Uhr vormittags, gradeaus im Gelände erkennen wir eine Windmühle, dahinter steigt ein weißes Wölkchen auf. Was bedeutet das, Bulcke?
    BULCKE
Schlecht Wetter, Herr Direktor.
    DIREKTOR
Aber Bulcke, von Ihnen hätte ich eine andre Antwort erwartet! Es handelt sich natürlich um das Mündungsfeuer feindlicher Artillerie.
    BULCKE
Verzeihung, Herr Direktor, Se hatten das letztemal jesagt, daß es um elfe an zu trippeln fing, und da hatt ick nu jemeint –
    DIREKTOR
Richtig, Bulcke, das macht die Sache wieder gut, ich wußte doch, daß Sie aufpassen. Ein vorübergehender leichter Strichregen hat die Sicht etwas erschwert. Aber gegen Mittag hellt es sich wieder auf. Während nun die Kavallerie in leichtem Trab in Richtung auf die Windmühle zu vorrückt – los, los – nein, mehr hier rüber, Sie kommen ja mit Ihrem rechten Flügel in Sumpfgelände! – was tun Sie da, Voigt?
    VOIGT
Ick halte mir bereit und lasse auf alle Fälle mal ein Regiment ausschwärmen. Das Kommando gebe ich durch meinen Stabstrompeter. Er ahmt das betreffende Signal nach.
    DIREKTOR
Bravo, Voigt! Sie erfassen die militärische Situation, als wären Sie selbst dabeigewesen. Wo haben Sie das nur her?
    VOIGT
Det hat ’n Preuße im Blut, Herr Direktor. Wendet sich zu seinem Hintermann In Gruppen rechts schwenkt – marsch! Grade – aus!! Ohne Tritt – marsch!
    DIREKTOR
Nanu, was is denn, wo lassen Sie denn den Mann hinmarschieren?
    VOIGT
Das is det zweite Regiment, Herr Direktor, det is jetzt in Reserve, da laß ick’s inzwischen an de Feldkiche marschieren. Wenn die ihre Suppe drin haben, denn sindse nachher frisch.
    DIREKTOR
Hervorragend, Voigt! Beispielgebend! Zu den andern Das ist diejenige denkende Selbständigkeit des Unterführers, die im Ernstfall benötigt wird. Ein Jammer, daß es zu spät ist, Voigt! Sie sind der geborene Soldat, trotz Ihrer O-Beine. Aber jetzt setzt sich die Kavallerie in Galopp und geht zur Attacke über! Vorwärts marsch!
    BULCKE UND DIE ANDERN
stürmen los Hurra! Hurra! Dunkel.
    Neunte Szene
    Personen: Frau Hoprecht, Friedrich Hoprecht, Wilhelm Voigt
    Die Wohnstube bei Hoprechts in Rixdorf. Bürgerliche Einrichtung mit Sofa, Spiegel, Öldruckbildern, Kalender, Gasbeleuchtung. Zwei Türen, eine zum Gang, eine zum Schlafzimmer. Frau Hoprecht, stehend, hat einen Uniformrock mit Unteroffizierstressen überm Bügel an die Schranktür gehängt, zieht die Messingknöpfe in die Knopfgabel ein und bearbeitet sie mit einem putzmittelgetränkten Lappen. Wilhelm Voigt sitzt am Tisch, Hut und verschnürtes Paket auf den Knien, vor einer Tasse Kaffee. Er ist gekleidet wie früher.
    FRAU HOPRECHT
Na, Willem, nu leg man dein Hut un dein Paket wech, und fühl dir ’n bißken zu Hause. Viel könn wir dir nich bieten, du mußt halt vorliebnehmen mit dem, wie’s is.
    VOIGT
Danke, Mariechen. Der Kaffee schmeckt scheen.
    FRAU HOPRECHT
Haste auch Zucker jenommen? Nimm nur orntlich Zucker, et sin ja nich viele Bohnen drin, es is ja nu alles recht schwer. Friedrichens Gehalt jeht grade in die Wirtschaft rein, und mein Seifenjeschäft wirft kaum de Kosten ab, in Rixdorf sin se mit Seife sparsam, und jede Drogerie und jeder Frisör is heut ne Konkurrenz, et is ja nu leider gar kein Schutz auf Seife.
    VOIGT
Mariechen, nich daß de meinst, ick mechte eich zur Last fallen, nich? Ick wollte dir ja nur mal guten Tach sagen. Ick wer nu mal wieder gehn.
    FRAU HOPRECHT
Ausjeschlossen. Willem, das darfste mir nich antun,

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