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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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aus.
    »Ja, aber mein Vater …«
    »Nein.« Der zweite Stiefel folgte dem ersten.
    »Wir …«
    »Nein.« Dunk zog sich das verschwitzte Hemd über den Kopf und warf es Ei zu. »Bitte Buckel-Sams Frau, es für mich zu waschen.«
    »Ja, Ser, aber …«
    »Nein, habe ich gesagt. Brauchst du erst eine Ohrfeige, damit du hörst?« Er band seine Hose auf. Darunter war er nackt; für Unterwäsche war es zu heiß. »Es ist schön, dass du dir solche Sorgen um Wat und Wat und Wat und die anderen machst, aber der Stiefel ist nur für äußerste Notfälle bestimmt.« Wie viele Augen hat Lord Blutrabe? Eintausend Augen und eins. »Was hat dir dein Vater gesagt, als er dich mir zum Knappen gegeben hat?«
    »Ich soll mein Haar kurz scheren oder färben und niemandem meinen wahren Namen verraten«, sagte der Junge mit unverkennbarem Widerwillen.
    Ei diente Dunk seit eineinhalb Jahren, obwohl es ihm manchmal schon wie zwanzig vorkam. Sie hatten gemein sam den Fürstenpass erklommen und die tiefen Sande von Dorne durchquert, die roten und die weißen. Sie waren mit einem Stakkahn den Grünblut hinunter nach Plankenstadt gefahren, von wo sie sich an Bord der Galeasse Weiße Dame einschifften, um nach Altsass zu fahren. Sie hatten in Ställen, Gasthäusern und Gräben geschlafen, hatten mit Heiligen Brüdern, Huren und Mimen das Brot gebrochen und waren hundert Puppenspielern gefolgt. Ei hatte Dunks Pferd gestriegelt, sein Langschwert geschärft und die Rüstung vor Rost bewahrt. Er war der beste Gefährte, den man sich nur wünschen konnte, und der Heckenritter sah in ihm beinahe schon einen kleinen Bruder.
    Der er allerdings nicht ist. Dieses Ei war von Drachen ausgebrütet worden, nicht von Hühnern. Ei war vielleicht der Knappe eines Heckenritters, doch Aegon aus dem Hause Targaryen war der vierte und jüngste Sohn von Maekar, dem Prinzen von Sommerhall, der selbst wiederum der vierte Sohn des verstorbenen Königs Daeron des Guten war, des Zweiten seines Namens, der fünfundzwanzig Jahre auf dem Eisernen Thron gesessen hatte, bis ihn die Große Frühlingsseuche dahingerafft hatte.
    »Soweit das Volk Bescheid weiß, kehrte Aegon Targaryen mit seinem Bruder Daeron nach dem Turnier von Aschfurt nach Sommerhall zurück«, erinnerte Dunk den Jungen. »Dein Vater wollte nicht bekannt werden lassen, dass du mit einem Heckenritter durch die Sieben Königslande ziehst. Erzähl mir also nichts mehr über deinen Stiefel.«
    Zur Antwort bekam er nur einen Blick. Ei hatte große Augen, und wegen des geschorenen Schädels wirkten sie noch größer. In der Düsternis des von Lampen erhellten Kellers sahen sie schwarz aus, in besserem Licht gaben sie jedoch ihre wahre Farbe preis; tief und dunkel und violett. Valyrische Augen, dachte Dunk. In Westeros hatten nur wenige außer den Drachen diese Augenfarbe oder Haar, das wie gesponnenes Gold aussah, in das silberne Strähnen verwoben waren.
    Während sie den Grünblut hinunterstakten, hatten die Waisenmädchen zum Schabernack immer Ei über den rasierten Kopf gestreichelt, weil das Glück bringen sollte. Der Junge glühte dabei röter als ein Granatapfel. »Mädchen sind so dumm«, murrte er ständig. »Das Nächste, das mir auf den Kopf fasst, fällt in den Fluss.« Dunk musste ihm sagen: »Dann wirst du meine Hand zu spüren bekommen. Und zwar bekommst du so eine Ohrfeige, dass dir die Ohren einen ganzen Mond lang klingeln.« Das verstärkte jedoch nur seinen Trotz. »Besser Glocken als dumme Mädchen«, beharrte er, warf jedoch keines in den Fluss.
    Dunk stieg in den Zuber und ließ sich langsam ins Wasser herunter, das ihn schließlich bis zum Kinn bedeckte. Oben war es noch kochend heiß, unten dagegen schon kühler. Er biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien. Denn sonst würde der Junge lachen. Ei liebte kochend heißes Badewasser.
    »Braucht Ihr noch heißes Wasser, Ser?«
    »Es reicht.« Dunk rieb sich die Arme und schaute zu, wie sich der Schmutz in grauen Wolken löste. »Hol mir die Seife. Ach, und die Bürste mit dem langen Stiel.« Der Gedanke an Eis Haar erinnerte ihn daran, wie verfilzt sein eigenes war. Er holte tief Luft und glitt unter Wasser, um es einzuweichen. Als er prustend wieder auftauchte, stand Ei mit der Seife und der Pferdehaarbürste mit dem langen Griff neben dem Zuber. »Du hast Haare auf der Wange«, bemerkte Dunk, während er ihm die Seife abnahm. »Zwei. Dort, unter dem Ohr. Schneid sie dir ab, wenn du das nächste Mal deinen Kopf rasierst.«
    »Ja,

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