Der Heckenritter von Westeros
Ihr?«
»Nicht so dumm, als würde sich seine Kopfhaut pellen, M’lord.« Schon zu dieser Stunde, da die Sonne kaum über den Horizont schaute, war es heiß. Am Nachmittag werden die Sättel so heiß sein, dass wir Blasen davon bekommen. Im feinen Putz des toten Sohnes sah Ei zwar elegant aus, doch bis zum Einbruch der Nacht würde er ein gekochtes Ei sein. Dunk konnte sich wenigstens umziehen; er hatte sein gutes Hemd in der Satteltasche und sein altes grünes auf dem Rücken.
»Wir nehmen den Westweg«, verkündete Ser Konstans. »In den letzten Jahren wurde er zwar wenig benutzt, doch er ist die kürzeste Verbindung zwischen Trotzburg und Burg Kaltgraben.« Der Weg führte sie zunächst um den Hügel und an den Gräbern vorbei, wo der alte Ritter seine Gemahlin und seine Söhne in einem Brombeergebüsch beerdigt hatte. »Meine Jungen haben die Beeren so gern gepflückt. Als sie noch klein waren, kamen sie oft mit verschmiertem Gesicht und Kratzern auf den Armen zu mir, und da wusste ich sofort, wo sie gesteckt hatten.« Er lächelte liebevoll. »Euer Ei erinnert mich an meinen Addam. Ein tapferer Junge für sein Alter. Addam versuchte, seinen verwundeten Bruder Harrold zu beschützen, als die Schlacht über sie hereinbrach. Ein Flussmann mit sechs Eicheln auf dem Schild schlug ihm den Arm mit einer Axt ab.« Seine traurigen grauen Augen suchten Dunks Blick. »Euer alter Herr, dieser Ritter aus Hellerbaum … hat er in der Schwarzfeuer-Rebellion gekämpft?«
»Ja, M’lord. Ehe er mich bei sich aufnahm.« Dunk war damals drei oder vier Jahre alt gewesen und halb nackt durch die Gassen von Flohloch gelaufen, hatte eher wie ein Tier als wie ein Kind vor sich hin vegetiert.
»War er für den Roten oder den Schwarzen Drachen?«
Rot oder schwarz? Eine gefährliche Frage, selbst heute noch. Seit den Tagen von Aegon dem Eroberer zeigte das Wappen des Hauses Targaryen den dreiköpfigen Drachen, rot auf Schwarz. Daemon der Prätendent hatte diese Farben auf seinem Banner umgekehrt, wie Bastarde das oftmals tun. Ser Konstans ist mein Lehnsherr, mahnte sich Dunk. Er hat das Recht zu fragen. »Er kämpfte unter Lord Heufurts Banner, M’lord.«
»Grüne Schrägbalken über Gold, ein grüner Wellenbalken?«
»Könnte sein, M’lord. Ei wird es wissen.« Der Bursche kannte die Hälfte aller Ritterwappen von Westeros auswendig.
»Lord Heufurt war ein berühmter Königstreuer. König Daeron hat ihn kurz vor der Schlacht zu seiner Hand ernannt. Butterquell hatte seine Aufgabe so schlecht erfüllt, dass viele seine Loyalität in Zweifel zogen, aber Lord Heufurt war treu von Anfang an.«
»Ser Arlan war an seiner Seite, als er fiel. Ein Lord mit drei Burgen auf dem Schild hat ihn niedergemacht.«
»An diesem Tag sind auf beiden Seiten viele gute Männer gefallen. Das Gras war vor der Schlacht noch nicht rot. Hat Euch Ser Arlan das erzählt?«
»Ser Arlan hat nicht gern über die Schlacht gesprochen. Sein Knappe ist dort auch gefallen. Roger von Hellerbaum war sein Name, der Sohn von Ser Arlans Schwester.« Allein den Namen auszusprechen weckte Schuldgefühle in Dunk. Ich habe ihm seinen Platz gestohlen. Nur Prinzen und Große Lords hatten die Mittel, zwei Knappen zu halten. Wenn Aegon der Unwerte sein Schwert seinem Erben Daeron und nicht seinem Bastard Daemon gegeben hätte, wäre es vielleicht nie zu einer Schwarzfeuer-Rebellion gekommen, und Roger von Hellerbaum würde heute noch leben. Er wäre sicherlich ein Ritter irgendwo, ein richtiger Ritter. Ich wäre am Galgen geendet oder man hätte mich zur Nachtwache geschickt, wo ich bis an mein Lebensende auf der Mauer Wache laufen würde.
»Eine große Schlacht ist eine entsetzliche Angelegenheit«, sagte der alte Ritter, »doch inmitten von Blut und Gemetzel gibt es manchmal auch Schönheit, Schönheit, die einem das Herz zu brechen vermag. Ich werde nie vergessen, wie die Sonne aussah, als sie über dem Rotgrasfeld unterging … Zehntausend Männer waren gefallen, und überall stöhnten und klagten die Verwundeten, doch darüber färbte sich der Himmel golden und rot und orange, so wunderschön, dass es mir die Tränen in die Augen trieb, als ich daran dachte, dass meine Söhne diesen Anblick nie mehr sehen würden.« Er seufzte. »Die Sache stand knapper, als man es heute glauben möchte. Wenn Blutrabe nicht gewesen wäre …«
»Ich habe immer gehört, Baelor Speerbrecher habe die Schlacht entschieden«, sagte Dunk. »Er zusammen mit Prinz Maekar.«
»Der Hammer
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