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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasna Mittler
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haben, denn plötzlich hört Olli ihre verschlafene Stimme.
    Â»Was machst du denn da?«
    Es klingt nicht ärgerlich, sondern einfach nur neugierig, wie Olli erleichtert feststellt. Er richtet sich auf und schaut sich um. Noch immer hat er das Mädchen nicht entdeckt, bis er schließlich den Kopf hebt und ihr Gesicht über dem Geländer des Hochbettes erblickt.
    Â»Oh, hallo«, sagt Olli verlegen.
    Â»Hallo«, sagt auch Erbse. Sie strampelt die Bettdecke zur Seite und klettert die Leiter des Hochbetts hinab. Dann steht sie dem Jungen gegenüber, die Haare vom Schlaf verwuschelt, das orangefarbene Nachthemd zerknittert.
    Â»Deine Mutter hat gesagt, es geht dir nicht so gut«, sagt Olli, um die Stille zu vertreiben, die sich im Zimmer breitgemacht hat.
    Â»Ja. Nein. Ich weiß auch nicht so genau.« Erbse streicht sich die offenen Haare hinter die Ohren.
    Olli fällt auf, dass er sie zum ersten Mal ohne ihre geflochtenen Zöpfe sieht. Sie kommt ihm blass vor, und auch das Strahlen auf ihrem Gesicht fehlt. Ihren Blick kann Olli nicht deuten. Es wirkt wie eine Mischung aus Verwunderung, Ablehnung und Neugierde, mit der sie ihn mustert. Olli scheint es, als schrumpfe er unter ihren Augen zusammen. Peinlich berührt senkt er den Blick auf den bunten Teppichboden.
    Â»Gestern beim Reiten ist mir was Komisches passiert«, sagt Erbse und zieht den Schreibtischstuhl zu sich heran, um sich zu setzen. »Es war so, als wäre ich plötzlich aufgewacht. Auf dem Pferd! Und ich hatte keine Ahnung, wie ich da hingekommen bin. Wie eine Schlafwandlerin oder so!«
    Olli, der sich gerade vorsichtig auf einem Sitzsack niedergelassen hat, springt mit einem Ruck wieder auf die Füße. »Und du hast keine Erinnerung an die vergangenen drei Tage?«, ruft er aufgeregt aus.
    Erbse nickt. »Das hat dir meine Mutter also schon erzählt? Das ist ja mal wieder typisch«, stellt sie fest. »Jedenfalls meint der Arzt, dass das mit dem Wachstum zu tun haben könnte, Hormone oder so …«
    Â»Aber mir geht es genauso!«, fällt Olli ihr ins Wort. Und da Erbse ihn nur fragend anblickt, wagt er, ihr seine Geschichte anzuvertrauen. »Heute Morgen bin ich aufgewacht und war mir sicher, dass Samstag ist. Weil gestern doch Freitag war!« Die beiden mustern einander, neugierig, abschätzend.
    Â»Keine Erinnerung, was seit Freitag passiert ist?«, wispert Erbse schließlich tonlos.
    Olli schüttelt den Kopf.
    Â»Und du verarschst mich auch nicht?«
    Olli macht mit der rechten Hand das Zeichen aus Daumen, Zeige- und Mittelfinger zum Schwur. »Nichts . Nicht die kleinste Spur einer Erinnerung. Ehrenwort!«, sagt er feierlich und spürt eine Gänsehaut über seine Arme schauern.
    Plötzlich wird Erbse ganz lebhaft. »Warte unten im Garten auf mich!«, ruft sie aus. »Ich muss mich nur schnell anziehen, dann komme ich runter!«
    Wenig später sitzen die beiden Kinder in Erbses Baumhaus. Trotz der Kälte findet Olli das Häuschen sehr gemütlich. Die Holzwände sind gelb gestrichen, auf dem Boden liegt ein bunter Flickenteppich, und es gibt sogar eine kleine Sitzgruppe aus hölzernen Möbeln. Erbse hat die blau lackierten Fensterläden aufgestoßen. Nun pfeift zwar der kühle Wind durch das Häuschen, aber es fällt auch genug Licht herein, so dass Olli das Mädchen näher betrachten kann. In Erbses Gesicht ist die Farbe zurückgekehrt, sie strahlt vor Aufregung und Abenteuerlust. Jetzt sieht sie wieder so aus, wie er sie kennt. Die beiden gehen noch einmal alles durch, was sie über die vergangenen Tage in Erfahrung gebracht haben. Olli war bei Erbse zu Besuch, ihre Eltern hatten davon berichtet. Wenn sie von ihm redeten, nannten sie ihn bereits »dein Lolli« oder »dein neuer Freund«.
    Â»Aber eigentlich heiße ich Olli«, protestiert der Junge. »Lolli ist nur so ein bescheuerter Spitzname, den mir meine Brüder verpasst haben!«
    Â»Wieso denn bescheuert?«, fragt Erbse. »Ich finde den Namen süß. Er passt zu dir!«
    Der Junge forscht in ihrem Gesicht nach einem ver steckten Grinsen, einem Zucken im Mundwinkel. Abe r da ist keins, ihr Lächeln wirkt warm und ehrlich. »Mei nst du wirklich?«, fragt er sicherheitshalber noch mal nach.
    Â»Klar!« Erbse strahlt ihn an. »Das klingt doch schön, und es ist was Besonderes. Und außerdem heißen wir so beide wie was zu

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