Der Heilige Krieg
attackierten ein muslimisches Land. Weltweit empörten sich auch gemäßigte Muslime gegen diesen Schritt, manche bezeichneten die westlichen Invasoren polemisch als »Kreuzzügler«. Doch um Religion ging es in diesem Krieg nicht, sondern um eine strategische Neuordnung der Region im Sinne Amerikas. Der Irak sollte nach der Befreiung von Diktator Saddam zu einer Demokratie mit Vorbildfunktion für die arabische Welt werden. Der Krieg endete mit einem schnellen Sieg über den Irak. Doch das Land konnte nicht befriedet werden und versank im Chaos von Terror und Bürgerkrieg. Am 18. Oktober 2003 tat Bin Laden per Video seine Einschätzung kund. »Amerika steckt nun tief in den Sümpfen zwischen Euphrat und Tigris. Bush ist jetzt eine leichte Beute. Nun ist er in einer peinlichen Situation, und Amerika wird hier vor den Augen der Welt in den Ruin getrieben.« Fanatischen Islamisten schien die Zeit für einen »defensiven Dschihad« gekommen, die Idee des militanten Islamismus schien plötzlich wieder Auftrieb zu bekommen. Al-Qaida konnte beträchtliche Propagandaerfolge verbuchen. Auf irakischem Boden kämpften nun freiwillige Dschihadisten aus vielen arabischen Ländern gegen die verhassten Amerikaner – es gründete sich sogar eine Organisation namens »Al-Qaida im Irak«. Doch im direkten militärischen Kampf gegen die US-Armee hatten diese Militanten niemals eine Chance. Deshalb destabilisierten sie in erster Linie das Land und machten den US-Besatzern das Leben schwer. Ständige Bombenattentate gegen zivile Ziele mit Hunderten von Toten brachten die Gruppierung nach einigen Jahren um ihr Ansehen bei den Irakern und trieben die Organisation in die Isolation.
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In der »Koalition der Willigen« kämpfen ab 2003 auch britische Einheiten im Irak gegen die Truppen des Diktators Saddam Hussein.
»Es war eine verheerende Niederlage für Al-Qaida. Aber es war auch eine Niederlage für Amerika und seine Verbündeten, denen es nicht gelungen war, die eigentliche Beute ihrer Jagd zu schnappen.«
Lawrence Wright,
Der Tod wird euch finden
Pakistan im Zwielicht
Das Nachbarland Afghanistans unterstützt offiziell Amerikas »Krieg gegen den Terror« und erhält dafür umfangreiche amerikanische Militärunterstützung. Die ist hochwillkommen, denn sie verbessert Pakistans strategische Position gegenüber dem verhassten Erzfeind Indien. Seit Ende der siebziger Jahre hatte der pakistanische Diktator Zia ul-Haq mit großzügiger finanzieller Unterstützung aus Saudi-Arabien systematisch den islamischen Fundamentalismus in seinem Land gestärkt. In dem 180-Millionen-Einwohner-Staat fiel diese Ideologie auf fruchtbaren Boden, besonders auch in der Armee und dem Geheimdienst ISI. Beide förderten in den achtziger und neunziger Jahren die fundamentalistischen Taliban, mit deren Hilfe Pakistan in Afghanistan Einfluss nehmen wollte. Ihre Strategie, die militanten Fundamentalisten politisch zu instrumentalisieren, rückte den pakistanischen Staat zunehmend ins Zwielicht. Dazu kommt, dass die starke Volksgruppe der Paschtunen sowohl in Pakistan als auch in Afghanistan vertreten ist; sie gilt als sehr konservativ und religiös. In diesem Umfeld hielten sich in Pakistan Sympathien für die Taliban und sogar für Osama bin Laden, dem es Ende 2001 gelungen war, sich dem Zugriff der Amerikaner zu entziehen. Als er sich über die Grenze auf pakistanisches Gebiet absetzte, konnte er auf die Hilfe aus paschtunischen Kreisen vertrauen.
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Pakistans Diktator Zia ul-Haq förderte den Fundamentalismus.
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Die Szene eines Anschlags im Irak 2006 – unzählige Bombenattentate forderten immer wieder zivile, muslimische Opfer.
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In Madrid sterben 2004 über 190 Menschen durch Terroranschläge auf Nahverkehrszüge.
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Ein Opfer des Anschlags auf die Londoner U-Bahn, bei dem im Jahr 2005 51 Menschen den Tod finden, erhält medizinische Erstversorgung.
Seit dem 11. September 2001 hatte unterdessen der islamistische Terror auch anderswo immer wieder seine hässliche Fratze gezeigt. Im tunesischen Djerba wurden 21 Touristen, darunter 14 Deutsche, im April 2002 von einer Bombe getötet, auf der indonesischen Insel Bali kamen wenige Monate später hunderte Australier bei einem Anschlag auf eine Bar um. 2003 starben in Casablanca 33 Menschen bei Anschlägen auf spanische Einrichtungen, in Istanbul 63 Menschen bei Anschlägen auf zwei Synagogen. 2004 folgte ein monströser Anschlag in Madrid, als in 13 Waggons von
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