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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Heer von Lothringen aus Richtung Balkan. Nach einigen Kämpfen in Ungarn, wo es ihm nicht gelang, seine Truppen in dem christlichen Land an Plünderungen zu hindern, erreichte er im November als erster Kreuzfahrer Konstantinopel, seit der Gründung im 4. Jahrhundert die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches und Metropole der orthodoxen Christen. Die Glaubensbrüder aus dem Westen sahen nun mit Staunen, wovon sie bis dahin nur gehört hatten: das imposante Stadtbild mit seinen einzigartigen Bauwerken wie der monumentalen Kathedrale Hagia Sophia. Von hier aus hatte Kaiser Alexios sein Hilfegesuch an den Papst gesandt. Ein halbes Jahr hatte der Marsch der Ritter quer durch Europa gedauert, mehrere tausend Kilometer Wegstrecke lagen hinter ihnen. Bald würden sie auf schlagkräftige Seldschukenheere treffen, die mit ihren gefürchteten Reiterscharen Persien, Syrien und Palästina erobert und dem byzantinischen Kaiser Alexios I. große Teile seines Reiches entrissen hatten. Doch war die Bruderhilfe nun auch willkommen? Als die Streitmacht der Christen auf der europäischen Seite
des Bosporus angelangt war, blieben den päpstlichen Gotteskriegern die Tore Konstantinopels zunächst verschlossen. Dafür gab es Gründe: Seitdem sie die byzantinischen Reichsgrenzen überschritten hatten, war es immer wieder zu Übergriffen und Ausschreitungen gekommen. Die Versorgung Zigtausender forderte ihren Tribut. Was hatte Kaiser Alexios erwartet, als er den Papst um Unterstützung ersuchte? Offenbar keine so gewaltige Streitmacht, wie sie nun vor den Mauern der Stadt lagerte; vielleicht dachte er an einige hundert gut ausgebildete Ritter, die sich selbstverständlich seinem Kommando unterstellen würden. Nun sah er sich mit einem Heer von Glaubenskriegern konfrontiert, die den Worten byzantinischer Chronisten zufolge wie eine Heuschreckenplage über das Land herfielen. Die Bewohner Konstantinopels waren beunruhigt. Kaiser Alexios musste sich auf die Lage einstellen. Er konnte sich nicht hinter seinen 16 Kilometer langen und 10 Meter hohen Mauerringen verbergen. So lud er bedeutende Heerführer wie Gottfried von Bouillon, Bohemund von Tarent und Balduin von Boulogne in seinen Palast ein, um mit ihnen zu verhandeln. Er wollte die Entwicklung zu seinen Gunsten wenden – mit Schmeicheleien, Gesten und Geschenken, vor allem aber mit taktischem Geschick. Chronisten der Westkirche sollten Alexios später einmal als nichtswürdigen und heimtückischen Menschen beschreiben, der einem Skorpion glich, auch wenn er von Angesicht zu Angesicht ganz harmlos wirkte. Die Kreuzfahrer aber benötigten die Unterstützung von Alexios, waren auf Verpflegung angewiesen; allein die Schiffe des byzantinischen Kaisers vermochten sie über den Bosporus nach Kleinasien zu bringen. Der wusste die Lage zu nutzen, forderte die Lateiner auf, ihm den Lehnseid zu leisten, und wiederholte seine Bedingung: Alle von den Kreuzfahrern eroberten Gebiete der Muslime sollten wieder an sein Reich zurückfallen. Die Heerführer des Kreuzzugs mussten einlenken, wenn sie das Heilige Land erreichen wollten. Notgedrungen leisteten sie den Eid, der von ihnen verlangt wurde.
    Bild 61
    Der byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos bat Papst Urban II. um Hilfe.
    Widerstand der Seldschuken
    Doch wie lange würde das Gelöbnis der Kreuzritter Bestand haben? Wie weit würde das Bündnis der Ost- und Westchristen tragen beim Marsch ins Heilige Land? Zum ersten Mal auf die Probe gestellt wurde der Pakt beim Kampf um Nikäa, einst eine bedeutende byzantinische Metropole, nun eine Hauptstadt des seldschukischen Sultans Kilidsch Arslan. Vor den Toren der Stadt soll sich den Kreuzrittern ein entsetzlicher Anblick geboten haben: Die Gebeine Tausender bleichten in der Sonne, die kläglichen Reste des »Volkskreuzzugs« von Peter von Amiens. Wütend rannten Gottfried von Bouillon und andere Heerführer mit ihren Truppen gegen die gewaltigen Befestigungen an: 10 Meter hohe Mauern und 200 Türme. Doch dann schickte Kaiser Alexios heimlich Unterhändler, die mit den muslimischen Kommandanten Kontakt aufnehmen sollten. Der byzantinische Kaiser wollte, dass die Stadt möglichst unversehrt und ohne Plünderung in seine Hand fiel. Offensichtlich hatte er den Seldschuken versprochen, die zu allem entschlossenen Kreuzritter zu zügeln, wenn die Verteidiger rasch kapitulierten – mit Erfolg. Nikäa fiel unblutig und unzerstört an Byzanz zurück. Das Heer der Kreuzfahrer blieb außen vor, die Ritter fühlten

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