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Der Heilige Krieg

Der Heilige Krieg

Titel: Der Heilige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Erben erklären, um selbst die Macht zu übernehmen. Der Adoptivvater, ein armenischer Christ, kam bald schon unter dubiosen Umständen ums Leben, und für Balduin war der Weg frei, in Edessa eine eigene Grafschaft zu errichten.
    So begannen führende westliche Kreuzritter ehemals byzantinische Gebiete auf dem Weg ins Heilige Land an sich zu reißen. Das Motiv Bruderhilfe rückte mehr und mehr in den Hintergrund, materielle und machtpolitische Interessen gewannen die Oberhand. Es war der Beginn einer Entwicklung, die von den ursprünglichen Zielen des Kreuzzugs abwich, zumal Balduin nach der eigenmächtigen Staatsgründung keineswegs mehr gewillt war, nach Jerusalem weiterzuziehen. Das Hauptkontingent der Kreuzritter musste ohne ihn auskommen.
    Der Eid, den die Kreuzritter Kaiser Alexios – wenn auch gezwungenermaßen – geleistet hatten, erwies sich als kurzlebig. Die Ansprüche von
Byzanz wurden zurückgewiesen. Das zeigte sich auch bei der Einnahme Antiochias in Syrien. Der hier siegreiche Bohemund von Tarent dachte nicht daran, die Stadt wieder den Byzantinern zu überlassen, und brach damit das Wort, das er Alexios gegeben hatte. Allerdings war dieser den Lateinern nicht zu Hilfe gekommen und hatte damit aus Sicht der Kreuzritter selbst nicht Wort gehalten.
    Bild 48
    Unter der Führung des Bischofs Adhemar von Le Puy erobern die Kreuzfahrer im Jahr 1098 Antiochia.

    Dass der gemeinsame Kampf gegen die Muslime dazu beiträgt, die westliche und die östliche Kirche wieder zusammenzuführen, erwies sich schon bald als Illusion. Auch andere Motive der Mission zur Rettung des Heiligen Landes gerieten ins Wanken. Unter den Kreuzfahrern wuchs die Uneinigkeit über das weitere Vorgehen; die Zahl der Heerführer, die am eigentlichen Hauptziel festhielten, der Eroberung Jerusalems, verringerte sich rapide. Mehr als drei Jahre dauerte der Zug der Kreuzritter nun bereits. Einige mächtige Gefährten Gottfried von Bouillons zogen es vor, links und rechts des Weges ihre eigenen kleinen Reiche zu errichten. Doch mit Raimund von Toulouse zählte der Herzog von Niederlothringen zu denjenigen, die nach wie vor alle Energien auf die Heilige Stadt richten wollten, auch wenn dafür nur noch ein Viertel der ursprünglichen Streitmacht zur Verfügung stand. Anfang Juni 1099 erreichten sie mit etwa 15 000 Kreuzfahrern – Rittern und Fußvolk – den Freudenberg, wie man ihn später nannte, von wo aus sie die Stadt erstmals erblickten.
    Die Eroberung Jerusalems
    Welche Szenen sich beim Anblick der Silhouette Jerusalems in den Reihen der erschöpften Kreuzfahrer abspielten, wurde bereits geschildert. Doch auf die Momente der Euphorie folgte bald Ernüchterung. Die Belagerung zog sich fünf Wochen ohne nennenswerten Fortschritt hin. Viele Belagerer verdursteten in der Hitze des Hochsommers, manche Wasserstellen waren verunreinigt oder gar vergiftet, es mangelte allenthalben an Nahrung. Die Bäume in der Umgebung waren gefällt, auch das kostete wertvolle Zeit. Die Heerführer mussten auf Holz von der Küste warten. Dort waren die Genueser gelandet, das Material ihrer Schiffe sollte nun zum Bau von Belagerungstürmen verwendet werden. Gottfried von Bouillon wusste, dass seine Ritter am Ende ihrer Kräfte waren. Es gab kein Zurück mehr, und auch an Verhandlungen über eine friedliche Übergabe war nun nicht mehr zu denken.

    Bild 65
    Mit Belagerungsmaschinen und Katapulten stürmen die Kreuzfahrer nach einer Prozession die Mauern von Jerusalem. Am 15. Juli 1099 fällt die Heilige Stadt in die Hände der Eroberer.
    Bericht eines unbekannten Chronisten
    »Bei der Belagerung quälte uns solcher Durst, daß wir Rinder- und Büffelhäute zusammennähten und darin aus einer Entfernung von fast sechs Meilen Wasser holten. Aus diesen Behältern mußten wir stinkendes Wasser entnehmen, und wegen dieses Wassers sowie wegen des Gerstenbrotes litten wir täglich großen Mangel und große Not. Denn die Sarazenen versteckten sich an allen Brunnen und Wasserstellen und lauerten uns auf. Wo sie nur konnten, töteten und verstümmelten sie unsere Leute.«
    Als es hieß, es nähere sich ein fatimidisches Heer aus Ägypten zur Entsatzung Jerusalems, setzten die Kreuzritter alles daran, die Belagerungstürme an der Stadtmauer in Stellung zu bringen. Nachdem der erste Versuch einer Erstürmung Mitte Juni bereits gescheitert war, sollte nun einen Monat später der entscheidende Angriff beginnen. Die Stadt war nicht nur stark befestigt, sondern sie verfügte

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